Wie Sensoren Lebensmittel sicherer machen können

Die Digitalisierung der Landwirtschaft ist in vollem Gange. Profitieren von dieser Entwicklung sollen nicht nur die Bauern selbst, sondern auch Tiere und Verbraucher. Melk­roboter versprechen eine artgerechtere Tier­haltung, vernetzte Bauern­höfe eine verbesserte Lebens­mittel­sicher­heit. Wie das funktionieren kann, erklären wir Ihnen im nachfolgenden Artikel. Je früher Probleme erkannt werden, desto schneller können sie behoben und mögliche Folgen verhindert werden.
Sensoren in der Landwirtschaft

Die Zukunft: Symbiose von Öko und Technik

Beim Stichwort ökologische Landwirtschaft mag mancher zuerst an Pflug und Pferde­gespann denken. Doch für Biobauer Christoph von Hoegen sind Öko und Technik kein Wider­spruch: Der Einsatz eines Melkroboters in seinem Stall bewirkt nicht nur, dass der Tages­ablauf des Biobauern aus Stolberg bei Aachen nicht länger vom Melken diktiert wird. Die Kühe können sich zudem frei im Stall bewegen. Statt zur fest­gelegten Melkzeit wandern sie selbst­ständig zum Melken, wenn ihnen der Euter zwickt. Das sorgt für mehr Entspannung unter den Tieren und weniger Stress in der Herde. Zusätzlich registrieren die Systeme etwa, wie oft die Kühe wieder­käuen und wie viel sie sich bewegen. Dadurch können die Bauern besser als vorher einschätzen, wie es ihrem Vieh geht, und früher auf Krank­heits­symptome reagieren. Aber auch in der konventionellen Land­wirtschaft könnte die Nutzung von Technik die Haltungs­bedingungen optimieren. So helfen Roboter zum Beispiel beim Ausmisten der Ställe und reduzieren durch mehr Sauberkeit die Zahl der Krankheits­erreger. Fütterungs­roboter wiederum erlauben es, das Futter auf das einzelne Tier abzustimmen. Mehr Tierwohl durch Technik – das ist das Potenzial der Digitalisierung des Bauernhofs. Man kann individuell auf jedes einzelne Tier eingehen, was bislang nicht möglich war.

 

Neue Möglichkeiten für die Verfahren der Zertifizierung

Mit der Zahl von Sensoren und sonstiger digitaler Technologien auf Acker und Bauernhof wachsen natürlich ebenso die Aufgaben für Prüf­organisationen wie TÜV NORD. Um sicher­zustellen, dass diese Geräte über längere Zeit­räume zuverlässig funktionieren, ist eine regel­mäßige Über­wachung und Überprüfung der Sensoren sowie eine Validierung der erhobenen Daten unerlässlich. Schließlich ist es nicht allein für die Bauern von entscheidender Bedeutung, dass die hochkomplexen Systeme verlässliche Ergebnisse produzieren, auf die sich Entscheidungen stützen lassen.

Zugleich eröffnet der vernetzte Bauernhof ganz neue Möglichkeiten für die Verfahren der Zertifizierung. Landwirte unterziehen sich hierbei einer freiwilligen Unter­suchung durch unabhängige Prüforganisationen und können auf diese Weise belegen, dass sie spezielle Standards bei der Tierhaltung oder der Lebens­mittel­sicherheit einhalten. Bislang stützen sich die Prüfer – die sogenannten Auditoren – dazu auf die Unter­lagen des Land­wirts, kontrollieren die Situation auf dem Hof bei einem Orts­termin, analysieren Daten und Systeme und erheben Stichproben. Ein Prinzip, das trotz aller Gründlichkeit zwangsläufig an Grenzen stoßen muss. Selbst wenn der Auditor keine Unregelmäßigkeit feststellt, hätte sein Ergebnis mit einer anderen Stichprobe anders ausfallen können. Zukünftig könnten die Prüfer aus der Ferne auf die gesamten Daten des vernetzten Betriebs zugreifen und sich mithilfe von sogenannten Remote Audits ein viel umfassenderes Bild machen. Ersetzen soll diese Fern­über­wachung die bisherigen Orts­termine nicht, sondern sie vielmehr sinnvoll ergänzen – besonders in den Bereichen des Bauernhofs, die den Blicken der Auditoren bislang entzogen waren. Sensoren oder Video­kameras könnten künftig sichtbar machen, wie es in Silos oder unterirdischen Kanälen aussieht.

Sicherheit für den smarten Bauernhof

Die Kombination von Sensordaten mit der sogenannten Blockchain-Technologie, einer Art dezentralem und deshalb fälschungs­sicheren Buch­haltungs­system, würde eine bislang unbekannte Transparenz in der Lebens­mittel­industrie ermöglichen – vom Acker oder der Aufzucht bis in den Super­markt. Darin liegt vielleicht das größte Potenzial der digitalen Land­wirtschaft. Der Verbraucher wird zukünftig über alle Schritte Bescheid wissen. Durch Lebens­mittel­skandale erodiertes Vertrauen lässt sich dadurch zurück­gewinnen, und weitere Skandale könnten bestenfalls schon im Vor­feld verhindert werden.

Damit sich die digitalen Möglich­keiten auf den Bauern­höfen tatsächlich in der Breite durchsetzen können, muss die Infrastruktur verbessert werden. In einer Umfrage des Digital­verbands Bitkom nannten 39 Prozent aller Land­wirte eine unzureichende Internet­versorgung als Hindernis der digitalen Land­wirtschaft. 42 Prozent machen sich Sorgen um die IT- und Daten­sicher­heit. "Wenn das Internet der Dinge funktionieren soll, muss ein Missbrauch der Daten des Landwirts so effektiv wie möglich verhindert werden", konstatiert Professor Hans W. Griepentrog, Agrar­ingenieur und Experte für Precision Farming an der Universität Hohenheim in Stuttgart. Anders als klassische Unternehmen können Bauern schließlich keine eigene IT-Sicherheits­abteilung auf die Beine stellen, um Hackerangriffe zu verhindern. Die Sorge um den Verlust der Datenhoheit treibt ein Drittel der befragten Bauern um – also die Fragen, wem die Daten des smarten Bauernhofs gehören und wer sie nutzen darf. Aus Griepentrogs Sicht muss daher sichergestellt sein, dass die Daten nicht einfach von Cloud- oder Sensor­anbietern weitergegeben oder verkauft werden. "Das sind ja alles sensible Betriebs- und Geschäftsdaten des Land­wirts. Deshalb muss er Eigner seiner Daten bleiben und bei einer Nutzung Dritter die Bedingungen bestimmen", fordert der Agrar­wissenschaftler.  

                                                                                                                                                                                                                                  Stand: 1.4.2019

Quelle: Explore

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