Agiles Projektmanagement mit der Methode Scrum

Agiles Projektmanagement mit der Methode Scrum

Beitrag vom 25.02.2020

Zur Themenwelt Unternehmensführung

Vorteile des agilen Projektmanagements

Projekte stellen für viele Unternehmen eine Herausforderung dar. Ungenaue Zielvorgaben, lange Kommunikationswege, sich ständig verändernde Rahmenbedingungen und Konflikte innerhalb des Projektteams enden schnell im Chaos. Aufgrund dieser Herausforderungen entwickelte sich der Trend in den letzten Jahren weg vom klassischen und hin zum agilen Projektmanagement.

Erfahren Sie jetzt, welche Vorteile agiles Projektmanagement bietet und was das Ganze mit „Scrum“ zu tun hat!
 

Die Bedeutung von Scrum als Methode des agilen Projektmanagements

Scrum ist eine Methode des agilen Projektmanagements. Der Begriff kommt aus dem Englischen und bedeutet so viel wie „Gedränge“. Viele kennen den Begriff aus dem Rugby; hier geht es um eine Ansammlung von fünf bis acht Spielenden, die in dieselbe Richtung drücken und somit versuchen, den Ball in ihrem Sinne ins Spiel zu bringen. Die Spielenden stehen sinnbildlich für verschiedene Mitarbeitende, die eng miteinander zusammenarbeiten, um am Ende gemeinsam erfolgreich zu sein. Bereits seit den frühen 1990er Jahren wird Scrum als Prozessrahmenwerk zum Management der Arbeit an komplexen Produkten verwendet.

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Warum agiles Projektmanagement?

Agiles Projektmanagement ermöglicht es Mitarbeitenden, das Thema Agilität bei der Gestaltung von Qualitäts- und Prozessmanagementsystemen zu berücksichtigen. Mithilfe des Scrum-Ansatzes werden die bisherigen Vorgehensweisen im Unternehmen flexibler und marktgerechter gestaltet.

Dabei bietet die Methode zahlreiche Vorteile:

  • Hohe Transparenz durch regelmäßige Meetings
  • Kontinuierlicher Verbesserungsprozess
  • Kurzfristige Problem-Identifikation
  • Geringer Administrations- und Dokumentationsaufwand
  • Kurze Kommunikationswege
  • Hohe Flexibilität durch adaptives Planen
  • Hohe Effektivität durch Selbstorganisation
  • Wenig Regeln, leicht verständlich

Agiles Projektmanagement: So funktioniert die Methode Scrum

Scrum liegen verschiedene Werthaltungen zugrunde. Der Fokus liegt auf den beteiligten Personen und dem Miteinander im Team sowie im Umgang mit den Kunden. Darüber hinaus zeichnet sich Scrum durch eine hohe Selbstorganisation, Schnelligkeit, Flexibilität und eine gute Zusammenarbeit aus. Basis hierfür ist die persönliche Kommunikation der Projektmitglieder. Durch permanentes Kollegen- und Kundenfeedback sowie ein hohes Maß an Transparenz können Prozesse nachhaltig verbessert werden.

Das Scrum-Rahmenwerk setzt sich aus Scrum-Teams, den zu ihnen gehörenden Rollen sowie Ereignissen, Artefakten und Regeln zusammen. Ein Scrum-Team wiederum besteht aus dem Product Owner, dem Entwicklungsteam und dem Scrum-Master. Im Folgenden geben wir Ihnen einen Überblick über die verschiedenen Rollen sowie die zentralen Aufgaben.

Product Owner, Entwicklungsteam und Scrum Master

Die Aufgabe des Product Owners besteht darin, den Wert des Produktes zu maximieren, das aus der Arbeit des Entwicklungsteams entsteht. Er ist derjenige, der das Ziel und die Anforderungen des Projekts formuliert und beim Scrum Team in Auftrag gibt. Der Product Owner ist außerdem für das Management des Product Backlogs, einer Anforderungsliste, zuständig. Dies umfasst unter anderem das Formulieren und Sortieren der Einträge sowie das Sicherstellen, dass alle Product Backlogs sichtbar, klar und transparent sind.

Das Entwicklungsteam besteht in der Regel aus drei bis neun Mitgliedern. Sie sind Profis, die in Sprints arbeiten, um das Projektziel zu erreichen. Dabei organisieren Sie sich selbst und entscheiden autark, wie sie die potentiell auslieferbare Funktionalität aus dem Backlog erzeugen.

Der Scrum Master unterstützt dabei, die Zusammenarbeit zu optimieren, indem er allen Beteiligten hilft, die theoretischen Grundlagen, Praktiken, Regeln und Werte von Scrum zu verstehen. Zudem unterstützt er den Product Owner, indem er zum Beispiel Techniken für eine effektive Verwaltung des Product Backlogs vermittelt und sicherstellt, dass die Ziele, Umfang und Produktdomäne von allen im Scrum-Team bestmöglich verstanden werden. Hinzu kommen Aufgaben wie das Coachen des Entwicklungsteams hin zur Selbstorganisation sowie das Planen von Scrum-Implementierungen innerhalb der Organisation.

Wann sollte ich Scrum als agile Methode wählen?

Mit Scrum ist es möglich, Projekte trotz hoher Komplexität und Unklarheit umzusetzen. Es ist nicht nötig, einen detaillierten Projektplan zu gestalten. Obgleich Ziel und Richtung vorgegeben werden, haben die Teams die Freiheit, ihren Weg dorthin selbst zu gestalten.

Sie sollten Scrum wählen, wenn:

  • Flexibilität ein entscheidender Faktor ist
  • Die Kundenwünsche im Vordergrund stehen
  • Sie die Motivation und Eigenverantwortung Ihrer Mitarbeitenden stärken wollen
  • Sie mit einem Team arbeiten
  • Viele Faktoren ungewiss und nicht planbar sind
  • Schnelligkeit benötigt wird

Agiles Projektmanagement mit Scrum starten

Die Scrum-Zertifizierungen PSM-I (Professional Scrum Master) und PSPO-I (Professional Scrum Product Owner) können von der scrum.org erworben werden. Scrum-Master-Zertifizierungen bieten Gewähr dafür, dass Personen ein solides Grundwissen über die Rollen, Events, Artefakte, Regeln und Werte von Scrum haben und diese auch in der täglichen Arbeit nutzbringend einsetzen können. Eine Ausbildung zum Scrum-Master und Scrum-Product-Owner bietet den Teilnehmenden die Möglichkeit, nach dem Kurs wahlweise eine oder beide Zertifizierungsprüfungen anzugehen und zu bestehen.
 

Interview mit dem Scrum-Experten Christoph Bisel

Scrum in der Praxis: Wir haben mit Christoph Bisel, Referent der TÜV NORD Akademie und Experte für die Scrum-Methode, darüber gesprochen, wie Unternehmen Scrum erfolgreich in Projekten anwenden können. Im Interview erfahren Sie, wie Scrum-Teams trotz räumlicher Distanz effektiv zusammenarbeiten können und welche Art von Fortbildung (Präsenz oder Webinar) für Sie geeignet ist.

In welchen Branchen spielt die Methode Scrum eine Rolle?

Christoph Bisel: „Scrum wird immer mehr zum Thema in unterschiedlichsten Organisationen und Einsatzbereichen. Bei Scrum geht es um Produktentwicklung. Besonders im Kontext virtueller Produkte finden sich viele Beispiele für einen erfolgreichen Einsatz. Sei es im Kontext von Medien und Marketing. Wenn ich meine Kunden betrachte, so finden sich dabei Organisationen in fast allen Branchen von Finanzinstituten, Automotive, Energiebranche, Health, Handel, aber auch – was man vielleicht auf den ersten Blick gar nicht denken würde – viele Organisationen aus dem Public-Bereich.

Es ist längst an der Zeit, sich geistig vom „nerdigen“ Scrum-Entwickler zu verabschieden. Längst gibt es beispielsweise ganze Organisationen, welche Scrum als Führungskonzept einsetzen, um das so oft hinderliche Silodenken in Organisationen aufzubrechen und die gemeinsame Arbeit am gemeinsamen Ziel, der Realisation von Nutzen für den Kunden (was letztendlich der einzige Sinn für das Bestehen und Überleben einer Organisation, ob im wirtschaftlichen oder staatlichen Kontext ist) zu optimieren.“

Wie können Scrum-Teams in Zeiten von Home-Office effektiv zusammenarbeiten?

Christoph Bisel: „Die Zusammenarbeit von verteilten Teams ist nicht neu. Schon in der Vergangenheit haben viele Firmen Scrum im Kontext von geografisch verteilten Teams eingesetzt. Diese Situation ist in keiner Weise ideal. Bereits 2004 beschrieb Alistair Cockburn in seinem Buch „Crystal Clear – A Human-Powered Methodology for Small Teams“ einen in diesem Zusammenhang wichtigen Ansatz: „Osmotische Kommunikation“.  Er schrieb: “Osmotic communication means that information flows into the background hearing of members of the team, so that they pick up relevant information as though by osmosis. This is normally accomplished by seating them in the same room. Then, when one person asks a question, others in the room can either tune in or tune out, contributing to the discussion or continuing with their work.”

Im Kontext von Scrum können wir nun zwar durch technische Hilfsmittel wie Videokonferenzen, Webcams etc. viele Mittel zur Unterstützung einer aktiv gesteuerten Kommunikation bieten, gerade die Aspekte des «Dinge mitbekommen und mitdenken», also einer eher passiv orientierten Kommunikation werden wir allerdings kaum auffangen können. Was wir tun können ist, uns in diesem Kontext noch bewusster um Kommunikation und Austausch zu kümmern und dabei neben formellen Events auch offenere Formate für den Erfahrungs- und Erkenntnis-Austausch anzubieten.“

Welche Best-Practice-Beispiele können Sie zu einer erfolgreichen Umsetzung eines Projekts mit Scrum berichten?

Christoph Bisel: "Viele Organisationen versteifen sich auf das Beherrschen der Elemente von Scrum: Rollen, Events, Artefakte und Regeln. Dabei verlieren Sie aus den Augen, dass dies alles lediglich die Werkzeuge sind, welche den eigentlichen Erfolgsfaktor einer Organisation dabei unterstützen sollen, optimale Resultate zu erzielen: das Team.

Wenn wir Scrum einsetzen müssen wir uns bewusst sein, dass der wirkliche Erfolgsfaktor jedes agilen Frameworks darin liegt, das Team dabei zu unterstützen, selbstverantwortlich, selbstorganisiert und motiviert Produkte von maximalem Kundennutzen zu erzeugen. Wo Scrum nicht funktioniert liegt es meist daran, dass entweder das Team oder die vom Team vorgefundenen Rahmenbedingungen dies nicht zulassen oder in ausreichendem Maße verinnerlicht haben.

Best-Practice Beispiele sind immer dort zu finden, wo Organisationen Scrum nicht nur an eine Entwicklermannschaft delegieren, sondern ein agiles Mindset auch im Rest der Organisation leben und ihre Mitarbeiter nicht als auswechselbare Ressourcen sondern als zentralen Erfolgsfaktor wahrnehmen und sich dafür einsetzen, dass sie die benötigten Rahmenbedingungen vorfinden, um ihre Aufgabe wahrzunehmen."

Die Fortbildung zum Scrum Master und Scrum Product Owner wird sowohl in Präsenz als auch als Webinar angeboten. Für wen eignet sich welches Lernformat?

Christoph Bisel: „Grundsätzlich ist im Kontext von agilen Themen ein direkter Austausch immer vorzuziehen. Man kann allerdings bei den Teilnehmern sehr gut unterscheiden zwischen Menschen, welche, beispielsweise, weil sie schon Praxiserfahrung haben und nur noch eine Zertifizierung wünschen, mehr am Wissenserwerb interessiert sind (was bestens auch online funktioniert), und solchen, bei denen das Erfahren von Scrum im Kontext z.B. auch in Simulationen etc. im Vordergrund steht, wo sich ein Präsenztraining zweifellos mehr anbietet.“

Warum sollte man gerade jetzt Zeit und Geld in eine Scrum-Fortbildung investieren?

Christoph Bisel: „Jeder Handwerker, der etwas auf sich hält, weiß, dass er in seine Werkzeuge investieren muss, um diese produktiv zu halten. Gerade in Zeiten, wo nicht ganz so viel zu tun ist, wird er sie überholen und warten. Ihm ist bewusst, dass er, wenn die nächsten Aufträge eingehen, darauf angewiesen ist, dass seine Werkzeuge optimal einsetzbar sind, weil er sonst Geld verliert. Eigenartigerweise scheint dies offensichtlich, wenn es um Hardware (Maschinen, Werkzeug, Fahrzeuge) geht, nicht aber, wenn es um die Werkzeuge von Mitarbeitern geht, welche wissensbasiert arbeiten.

Glücklicherweise verstehen das immer mehr Firmen und investieren gerade in Zeiten, wo nicht ganz so viel zu tun ist, in den Ausbau des Wissens und der Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter um, wenn die Auftragslage wieder ansteigt, bereit zu sein und den Mitbewerbern gegenüber im Vorteil zu sein.“