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IdeenExpo

Auf Tuchfühlung mit Technik

Tüfteln, basteln, experimentieren – auf der IdeenExpo in Hannover gilt das Motto „Mitmachen“.

Eine beeindruckende Roboterinstallation, möglicherweise ein KUKA-Industrieroboter, der eine Art Fahrgeschäft oder Simulator betreibt. Einige Personen sitzen in einer von dem Roboterarm bewegten Gondel. Im Hintergrund ist das "Ideen Expo 19" Logo auf einer roten Wand zu sehen.

08. Juli 2019

„Mach doch einfach!“ Unter diesem Motto will die IdeenExpo in Hannover Kinder und Jugendliche für Berufe in Naturwissenschaft und Technik begeistern. In diesem Jahr ging die Mitmach-Messe in die siebte Runde: Fast 400.000 größtenteils schulpflichtige Besucher füllten die Ideenhallen, testeten 670 Mitmach-Exponate oder versuchten sich in den 730 Workshops der 270 ausstellenden Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Hochschulen. #explore hat sich auf „Europas größtem Jugend-Event für Naturwissenschaft und Technik“ umgeschaut.

Eine Erste-Hilfe-Übung oder medizinische Demonstration. Ein Ausbilder in orangefarbener Weste zeigt an Übungspuppen verschiedene Rettungstechniken. Mehrere Zuschauer sitzen im Kreis um die Demonstration herum.

Schnaufend, lachend und mit Ehrgeiz in den Augen drücken Mutter, Vater, Sohn und Tochter auf den Gummi-Torso ihrer Reanimationspuppen. Wie gut sich jeder von ihnen bei der Ersten Hilfe anstellt, zeigt ein digitaler Rettungswagen, der auf einem Bildschirm eine Ziellinie ansteuert. „Man soll nicht möglichst schnell, sondern im richtigen Rhythmus und auf dem richtigen Punkt auf den Brustkorb drücken“, sagt ein Rettungssanitäter der Johanniter und hockt sich neben das Grüppchen. Dann erklärt er ihnen, worauf es bei der Herz-Lungen-Wiederbelebung ankommt und warum sie so wichtig ist, bis Profis wie er am Unfallort eintreffen.

Kinder und Jugendliche spielerisch an Berufe aus Technik und Naturwissenschaften heranzuführen, das ist das erklärte Ziel der IdeenExpo, die in diesem Jahr zum siebten Mal ihre Tore in der Messe Hannover öffnet. Und das tut offenbar not: Einer aktuellen Studie zufolge fehlten im April diesen Jahres 311.300 Fach­kräfte im sogenannten MINT-Bereich – ein neuer Negativ­rekord, dem die rund 270 aus­stellenden Unter­nehmen, Hoch­schulen und Institutionen auf der IdeenExpo entgegen­wirken wollen. 670 Mitmach-Exponate und über 730 Workshops in neun Themen­feldern – von „DigitaleWelten“ über die „MobilitätsArena“ oder „Mädchen und MINT“ bis zur „KlimaZone“ – laden zum Tüfteln, Bohren und Experimentieren ein. Zum 50. Jubiläum der Mond­landung haben die Veranstalter außerdem das Mond­mobil der Apollo-Mission aufgebaut.

Eine junge Person in einem weißen Laborkittel führt ein chemisches Experiment durch. Sie trägt eine Brille und arbeitet konzentriert mit Laborausrüstung.
Vitória macht Kautschuk aus Latexsaft. © Oliver Hardt
Eine Nahaufnahme eines wissenschaftlichen Experiments. Eine Person hält ein Reagenzglas oder eine Pipette, während Kinder im Hintergrund interessiert zuschauen.
Heute fasziniert, morgen Forscher: Die IdeenExpo will auch die Kleinsten für Naturwissenschaft begeistern. © Oliver Hardt

Ein Angebot, das offenbar ankommt: Mitarbeitende der Mitmach-Messe stehen mit Hand­zähl­geräten an den Haupt­eingängen und kommen aus dem Klicken gar nicht mehr heraus. Vor allem Familien erkunden am heutigen Samstag die vier „IdeenHallen“ und das Frei­gelände. Hier auf der großen Show­bühne startet Wissen­schafts­journalist Ranga Yogeshwar gerade gemeinsam mit dem Publikum den Count­down für den Abflug eines Wetter­ballons. In Halle 9 lernt die 12-jährige Vitória derweil, wie aus dem Latex­saft des Kautschuk­baums Gummi gemacht wird. Im weißen Schutz­kittel sitzt sie neben ihrem Vater Richard im Labor des Deutschen Instituts für Kautschuk­technologie und rührt konzentriert mit einem Glas­stab in einem Becher­glas, in dem der noch weiche Natur­kautschuk schwimmt. Vorhin haben Vater und Tochter an einem Quiz teil­genommen, danach gab es einen Slushi zur Erfrischung. „Aber Gummi zu machen hat mir heute am meisten Spaß gemacht“, sagt Vitória mit leuchtenden Augen.

Ein spektakuläres Fahrgeschäft oder Simulator, bei dem Menschen in einer mechanischen Vorrichtung kopfüber gedreht werden. Die Installation befindet sich in der Messehalle mit vielen Zuschauern.

Probefahrt im autonomen Auto

Am anderen Ende des Produktionskosmos treibt der RoboCoaster Puls und Adrenalin­spiegel von zwei Jugendlichen in die Höhe. In der Auto­mobil­industrie gehört der Gelenk­arm­roboter des Herstellers KUKA zum Arbeitsalltag. Der entscheidende Unter­schied: Statt eines Greifers ist am Ende seines Arms eine Fahr­gast­gondel montiert. So können Menschen am eigenen Leib erfahren, wie schnell und flexibel sich der sechs­achsige Fünftonner in unter­schiedlichste Richtungen bewegen kann.

Gegenüber am Stand von Auto­mobil­zu­lieferer ZF bekommt ein Junge gerade einen Vor­geschmack aufs autonome Fahren. Er sitzt in einer Art motorisiertem Kettcar und hält ein Tablet in der Hand. Dreht er es nach links, geht auch das Fahrzeug in die Kurve – das soll die Steuer­impulse eines automatisierten Fahr­zeuges simulieren, an denen ZF bereits seit geraumer Zeit forscht. Wie es ist, in der vernetzten Fabrik der Industrie 4.0 zu arbeiten, wird an der Station neben der Fahr­arena vorgeführt. In einer kleider­schrank­großen Produktions­straße kann man eine Lego-Figur zusammen­bauen. Nimmt man die Bausteine für den nächsten Schritt aus der falschen Kiste, geht eine rote Warn­lampe an. Ein paar Meter weiter schrammt ein Zwölf­jähriger gerade so an der Kollision mit der Mauer vorbei, reißt im letzten Moment das Lenkrad herum und steuert zurück auf die digitale Renn­strecke, die er durch seine Virtual-Reality-Brille fokussiert.

Hautnah an den Folgen des Klimawandels

Überhaupt wird Virtual Reality (VR) auf der IdeenExpo groß­geschrieben. Am Stand der Leibniz Universität Hannover brettert gerade ein Mädchen über eine Achter­bahn im Cyber­space. Auf dem Sitz daneben kann man sogar seinen eigenen RollerCoaster konstruieren und anschließend austesten. Spielerisch wird so vermittelt, was man als Bau­ingenieur zu beachten hat: „Ist die Strecke rot markiert, würde die Fliehkraft den Wagen hinaus­schleudern – und das gilt es natürlich zu vermeiden“, erklärt der Studierende Oliver Bergefeld. Nach dem Test bekommt man auch noch angezeigt, wie oft die eigene Achter­bahn „Zero G“, also Schwere­losig­keit, erreicht hat. „Und das ist es ja, was bei der Achter­bahn besonders viel Spaß macht“, kommentiert der angehende Bauingenieur.

Ein Kind mit VR-Brille steht mit erhobenen Armen in einem Erlebnisbereich. Im Hintergrund ist ein Messehallenboden mit rotem Teppich sowie andere Besucher zu sehen.
VR ganz groß: Überall auf der IdeenExpo konnte man in virtuelle (Arbeits-)Welten eintauchen. © Oliver Hardt
Eine immersive Erfahrungsstation mit einer Weltkarte-Projektion. Menschen mit VR-Brillen sitzen in einem kreisförmigen Raum. In der Mitte ist eine zylindrische Struktur mit roten Lichtern zu sehen. Das Logo des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ist erkennbar.
Virtuelle Bildungsreise: In der Klimakuppel erfährt man mehr über die Folgen des Klimawandels in Madagaskar. © Oliver Hardt

Vor der Klimakuppel stehen derweil kleine und große Menschen Schlange, um ihren Horizont zu erweitern. Von außen erinnert das Aus­stellungs­stück des Bundes­ministeriums für wirtschaftliche Zusammen­arbeit und Entwicklung an einen begeh­baren Globus zum Aufblasen. Im Inneren machen sich Menschen in einer Virtual-Reality-Kurz-Doku ein unmittel­bares Bild davon, wie der Klima­wandel das Leben der Menschen in Madagaskar verändert. Wärme­lampen sorgen dafür, dass man die brütende Hitze auf der Insel vor dem südlichen Afrika unmittelbar zu spüren bekommt.

Alexander Nikonov, der die Klimakuppel betreut, ist seiner­seits ziemlich angetan von der Mitmach-Messe und hat seiner­seits schon einiges ausprobiert. „Man wird hier selbst wieder zum Kind“, sagt Nikonov und lacht. Beim NDR hat er sich angeschaut, wie eine Fernseh­sendung entsteht, und in „DigitalenWelten“, wie ein Computer­spiel programmiert wird. „Man weiß oft gar nicht, was es so an Berufen gibt. Hier sehen Kinder und Jugendliche die ganze Palette. Und das auch noch kosten­los.“

Mit Sensoren Pflegekräfte unterstützen

Mit Sensoren Pflegekräfte unterstützen

Einige Schülerinnen und Schüler haben selber innovative Projekte mit­gebracht, die sie im Rahmen des Wettbewerbs „Ideenfang“ präsentieren. Das Team der Freiherr-vom-Stein-Oberschule aus Nordhorn an der nieder­ländischen Grenze etwa hat einen „Medical-Wet-Scanner“ entwickelt: eine mit Sensoren bestückte Windel für den Einsatz im Krankenhaus. „Pflege­kräfte können so direkt über eine App sehen, wo sie die Windeln wechseln oder das Laken austauschen müssen“, erklärt Schülerin Sina die Idee. Eine Hilfe sowohl für Pflegekräfte als auch für die Patienten, die weniger lange im Nassen liegen müssten. Ein halbes Jahr hat Sina mit ihren rund 30 Mitschülerinnen und Mitschülern aus der Technik­klasse an Entwicklung, Umsetzung und Programmierung der App gearbeitet. „Die sollte nicht zu spartanisch aussehen, aber auch nicht zu kompliziert – und für uns dabei gut machbar sein“, beschreibt sie die Heraus­forderung. Im vergangenen Jahr haben die Tüftler der Technik­klasse bei einem Ideen­wett­bewerb von Airbus den „Sonder­preis für Originalität“ gewonnen – für ein VR-Video, das Menschen ihre Flugangst nehmen soll. Bei der IdeenExpo ist die Schule nun das dritte Mal mit einem Projekt dabei, erzählt Lehrer Ralf Snieders.

Zwei junge Mädchen interagieren mit weißen und roten Robotern an einem Messestand. Die Mädchen schauen begeistert auf die Roboter, die auf einem Tisch präsentiert werden.
Lotta und ihre Freundin Sara-Sophie schauen sich die NAO Roboter genauer an. © Oliver Hardt
Eine große Messehalle mit orangefarbenen Ständen und Bannern. Im Vordergrund sind Besucher zu sehen, die sich an verschiedenen Ausstellungsständen aufhalten. Ein großes Banner mit der Aufschrift "IDEENFANG" ist sichtbar.
Schulranzen-Roboter, Solar-Mülltonne, „Medical-Wet-Scanner“ – 25 Schülerteams haben beim Wettbewerb „Ideenfang“ ihre Projekte präsentiert. © Oliver Hardt

#explore - Das Online-Magazin von TÜV NORD

Dies ist ein Artikel von #explore. #explore ist eine digitale Entdeckungsreise in eine Welt, die sich in rasantem Tempo wandelt. Die zunehmende Vernetzung, innovative Technologien und die alles umfassende Digitalisierung schaffen Neues und stellen Gewohntes auf den Kopf. Doch das birgt auch Gefahren und Risiken: #explore zeigt einen sicheren Weg durch die vernetzte Welt.