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Automatisiertes Fahren

Die Stufen des autonomen Fahrens

Was steckt hinter den Stufen des automatisierten Fahrens? Wo wir heute sind und was in Zukunft kommt, erfahren Sie auf #explore.

Collage mehrerer runder Illustrationen mit dem gleichen Mann in verschiedenen Fahrsituationen, angeordnet auf einem technisch gestalteten Hintergrund mit grafischen Elementen.

24. Januar 2019

Das Rennen um das selbstfahrende Auto läuft weltweit auf Hoch­touren. Ob Google, Uber, Tesla oder diverse inter­nationale Auto­bauer und Zulieferer wie Bosch oder ZF: Alle wollen als Erster das Level 5 erreichen, die höchste Stufe des autonomen Fahrens. Was steckt hinter diesen Stufen, wie sie etwa der Verband der Auto­mobil­industrie e. V. (VDA) definiert? Und auf welchem Level stehen die heutigen Serien­fahr­zeuge? Unser Beitrag gibt Aufschluss.

Illustration eines lächelnden Mannes mit Bart, der mit beiden Händen ein Lenkrad hält. Er sitzt am Fahrersitz eines Autos und trägt einen Sicherheitsgurt.

Level 1: Assistiertes Fahren

Fahrer beherrschen ständig ihr Fahrzeug.

- Fahrer müssen den Verkehr kontinuierlich im Blick behalten.

- Fahrer haften für Schäden und Verkehrs­­verstöße.

- Einzelne Assistenz­­systeme unter­­stützen bei bestimmten Fahr­auf­gaben.

 

In vielen Autos ist das assistierte Fahren schon heute Realität: Tempomaten fixieren die gewählte Geschwindig­­keit, auto­matische Abstands­regel­­tempomaten regulieren den Sicher­­heits­abstand zum voraus­fahrenden Wagen, auto­matische Spur­­halte­­assistenten halten das Fahrzeug bei der Autobahn­fahrt auf Kurs.

 Illustration eines lächelnden Mannes mit Brille, der mit einer Hand seine Brille berührt während er Auto fährt. Er trägt einen Sicherheitsgurt und lächelt.

Level 2: Teilautomatisiertes Fahren

Fahrer beherrschen ständig ihr Fahrzeug.

- Fahrer müssen den Verkehr kontinuierlich im Blick behalten.

- Fahrer haften für Schäden und Verkehrs­verstöße.

- Das Fahrzeug hält unter definierten Bedingungen die Spur, bremst und beschleunigt.

Beim teil­­auto­­matisierten Fahren kann der Pkw manche Aufgaben zeit­­weilig selbst aus­führen, ohne dass der Mensch eingreifen muss. Ein Level-2-Fahr­zeug kann etwa auf der Auto­bahn gleich­zeitig die Spur halten und bremsen oder beschleunigen. Dazu werden verschiedene Einzel­systeme miteinander gekoppelt – beispiels­weise der automatische Abstands­­regel­­tempomat mit dem Spur­halte- und dem Not­brems­assistenten. „In dieser Kopplung liegt ein wesentlicher Unter­schied zum assistierten Fahren auf Level 1“, erklärt Katrin Leicht, Expertin für auto­­matisiertes Fahren bei TÜV NORD. Auch ein Über­hol- oder ein Park­­assistent, der das Fahrzeug selbs­t­ständig in die Lücke manövriert, zählen zu Level 2. Während der Wagen im teil­­auto­­matisierten Modus unter­­wegs ist, dürfen Fahrer die Hände kurz vom Lenk­rad nehmen. Sie müssen aber den Verkehr und die Assistenz­systeme stets im Blick behalten und tragen jeder­zeit die volle Verantwortung.

Illustration eines seitlichen Profils eines lächelnden Mannes mit Bart, der ein Auto fährt. Er trägt blaue Kleidung und hat die Hände am Lenkrad.

Level 3: Hochautomatisiertes Fahren

Fahrer dürfen sich vorübergehend von Fahraufgabe und Verkehr abwenden.

- In vordefinierten Anwendungsfällen fährt der Wagen selbstständig.

- Fahrer müssen nach einer Aufforderung durch das System kurzfristig übernehmen.

- Fahrer haften nur dann, wenn sie dieser Aufforderung nicht nachkommen.

Ein Level-3-Wagen kann bestimmte Fahr­auf­gaben selbst­ständig und ohne menschlichen Eingriff bewältigen. Aller­dings nur unter bestimmten Bedingungen, die der Hersteller vorher definiert hat – beispiels­weise im Stau oder während der Fahrt auf der Auto­bahn. Hier werden hoch­auto­matisierte Pkw voraus­sichtlich zuerst unter­wegs sein. Schließlich gibt es auf Auto­bahnen weder Gegen­verkehr noch komplexe Kreuzungs­situationen, in denen auch andere Verkehrs­teil­nehmer wie Fahr­rad­fahrer oder Fuß­gänger eine Rolle spielen. Zudem sind die Fahr­bahn­markierungen in der Regel in Ordnung und die Straßen durch­gängig digital kartografiert.

Auf Level 3 dürfen sich Fahrer nach einer Novelle zum Straßen­verkehrs­gesetz von 2017 „vom Verkehrs­geschehen und der Fahr­zeug­führung abwenden“, müssen dabei aller­dings „derart wahr­nehmungs­bereit bleiben“, dass sie inner­halb eines bestimmten Zeit­fensters das Steuer über­nehmen können, wenn das System sie durch ein Signal dazu auffordert. Eine Blackbox zeichnet den automatisierten Fahr­vorgang auf. So lässt sich rekonstruieren, ob etwa eine Geschwindig­keits­über­tretung oder ein Unfall durch das System oder den Fahrer verursacht wurde. Letzterer haftet nur dann, wenn er selbst gerade steuert oder der Aufforderung des Fahr­zeugs nicht recht­zeitig nachkommt.

Wie groß das Zeitfenster ist, in dem Fahrer wieder das Steuer über­nehmen sollen, muss dabei noch regulativ bestimmt werden. Ebenso ist noch zu regeln, welchen Tätig­keiten sie während der hoch­auto­matisierten Fahrt nach­gehen dürfen – ob sie also Zeitung lesen, auf dem Smart­phone surfen oder nur am Kaffee nippen und sich einmal nach den Kindern umdrehen dürfen, wie Expertin Leicht von TÜV NORD erklärt.

 Illustration eines lächelnden Mannes mit Bart am Steuer eines Autos. Er trägt eine blaue Jacke und der Sicherheitsgurt ist sichtbar.

Level 4: Vollautomatisiertes Fahren

Fahrer können die Fahrzeug­führung über längere Distanzen und in unter­schiedlichen Verkehrs­situationen abgeben.

- Das Fahrzeug bewältigt Fahrten auf bestimmten Strecken (z. B. Autobahn) völlig selbst­ständig.

- Das System kann seine Grenzen recht­zeitig erkennen, sodass es regel­konform einen sicheren Zustand erreichen kann.

- Fahrer müssen dennoch jederzeit fahr­tüchtig sein und im Notfall oder in bestimmten Fahr­situationen das Steuer über­nehmen.

- Fahrer haften während der voll­automatisierten Fahrt nicht für Verkehrs­verstöße oder Schäden.

Auf Level 4 ist ein Pkw in der Lage, unterschiedliche Verkehrs­situationen zu bewältigen und längere Distanzen ohne menschliches Zutun zurückzulegen. „Die System­grenzen sind also weiter aus­gedehnt als auf Level 3“, erläutert Katrin Leicht. Der Wagen könnte demnach etwa auf die Auto­bahn auffahren und die komplette Auto­bahn­fahrt alleine bewältigen. Das Fahrzeug verfügt dabei nicht nur über die nötige Sensor­technik, um sich umfassend auf unter­schiedlichen Straßen und in verschiedenen Verkehrs­situationen zu orientieren; es kommuniziert außerdem mit der Infra­struktur und anderen Fahrzeugen.

Die Systeme sollen dabei ihre Grenzen so verlässlich und recht­zeitig erkennen können, dass sie den Fahrer entweder mit frühzeitigem Vor­lauf zur Über­nahme auffordern oder das Fahr­zeug in einen „sicheren Zustand“ bringen – also etwa einen Nothalt am Straßen­rand einleiten. „Da das allerdings nicht auf allen Straßen oder in allen Verkehrs­situationen möglich sein wird, bilden die Fahrer nach wie vor die Rück­fall­ebene und müssen im Zweifels­fall das Steuer über­nehmen können“, ergänzt Expertin Leicht. Deshalb müssen sie grund­sätzlich fahr­tüchtig bleiben und dürfen sich also nicht nach zwei Gläsern Rotwein hinters Steuer setzen.

Bislang gibt es allerdings keinen rechtlichen Rahmen für voll­automatisierte Fahrz­euge. Rechte und Pflichten der Fahrer in diesem Betriebs­modus sind deshalb nicht verbindlich. Daher ist auch noch nicht geklärt, ob sich Fahrer während der voll­auto­matisierten Fahrt nur zurück­lehnen oder sogar ein Nickerchen machen dürfen, wenn sie wissen, dass sie die nächsten vier Stunden auf der Auto­bahn unter­wegs sind. Eine weitere Heraus­forderung: Je öfter und länger das Fahr­zeug selbst­ständig fährt, desto geringer die Routine der Fahrer. Zugleich müssen sie kurz­fristig von Entspannung auf Konzentration umschalten können, um das Fahrzeug durch Gefahren­situationen zu steuern. „Deshalb kann es sinnvoll sein, Fahrer auf Level 4 speziellen Trainings zu unterziehen, wie sie etwa Piloten absolvieren“, empfiehlt Katrin Leicht.

 Illustration eines lächelnden Mannes und einer Frau in einem Auto, die durch ein Fenster miteinander sprechen. Beide halten Smartphones oder Tablets in den Händen.

Level 5: Autonomes Fahren

Es gibt nur noch Passagiere ohne Fahr­aufgabe.

- Die Technik im Auto bewältigt sämtliche Verkehrssituationen.

- Fahrten ohne Insassen sind möglich.

- Die Passagiere haften während der Fahrt nicht für Verkehrsverstöße oder Schäden.

Auf Level 5 sind Lenkrad und Gas­pedal aus dem Fahr­zeug verschwunden oder besitzen keine Notwendig­keit mehr, aus Auto­fahrern sind endgültig Passagiere geworden. Ein Führer­schein wird also nicht mehr benötigt, und das Fahrzeug darf auch nach der Weihnachts­feier genutzt werden. Bei einem Unfall haften dementsprechend die Hersteller oder die Betreiber eines autonomen Taxis.

„Auf rechtlicher Ebene müsste aller­dings zunächst die Wiener Straßen­verkehrs­konvention angepasst werden, die aktuell fahrerloses Fahren unter­sagt“, erklärt Katrin Leicht von TÜV NORD. Generell gibt es bislang noch keinen rechtlichen Rahmen für autonome Fahr­zeuge. Rechte und Pflichten der Hersteller oder Betreiber von Auto und Fahr­system sowie Versicherungs­aspekte sind deshalb bis dato völlig unklar.

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Dies ist ein Artikel von #explore. #explore ist eine digitale Entdeckungsreise in eine Welt, die sich in rasantem Tempo wandelt. Die zunehmende Vernetzung, innovative Technologien und die alles umfassende Digitalisierung schaffen Neues und stellen Gewohntes auf den Kopf. Doch das birgt auch Gefahren und Risiken: #explore zeigt einen sicheren Weg durch die vernetzte Welt.