Funkstandards
Was einen Wikingerkönig und einen Hollywoodstar mit dem Funkstandard verbindet.

20. November 2025
Bluetooth hat uns vom Wirrwarr befreit: Dank des Funkstandards können wir etwa unsere Smartphones kabellos mit Kopfhörern, Lautsprechern oder Autos verbinden. Aber wie funktioniert Bluetooth, und wie ist es zu seinem sonderbaren Namen gekommen?
Die Kabel von Maus und Tastatur haben sich wieder mal ineinander verheddert, das Kopfhörerkabel hat sich in der Hosentasche einen Knoten eingefangen und ist ohnehin zu kurz, um das Handy zu Navi-Zwecken am Fahrradlenker zu befestigen. Von solchen und ähnlichen Verwicklungen hat uns Bluetooth erlöst. Einfach die Kopfhörer in den Gehörgang gepfropft, dann kommt der Signalsound: Verbindung herstellt – und schon haben wir die Musik oder den Podcast von unserem Smartphone auf den Ohren.
Damit unsere Endgeräte diese oder andere Daten drahtlos aneinander übertragen können, hat jedes von ihnen einen Mikrochip verbaut, der gleichzeitig Bluetoothsignale sendet und empfängt. Um sich miteinander zu verbinden, müssen sie sich wie bei der analogen Partnersuche aber zunächst einmal entdecken. Dazu schicken wir das Smartphone auf die Suche nach dem Kopfhörer. Befindet der sich im Pairing-Mode, also im Paarungsmodus, tauschen die Geräte einen Sicherheitscode aus. Nach erfolgreicher Kopplung fließen die Daten, und Smartphone und Kopfhörer können einander künftig automatisch finden und verbinden. Dazu hat jedes Bluetoothgerät eine eigene 48 Bit lange Seriennummer, die so individuell und unverwechselbar ist wie ein Fingerabdruck.
Für die Funkverbindung nutzt Bluetooth einen Frequenzbereich von 2,402 bis 2,480 Gigahertz. In diesem Bereich sind allerdings auch die Signale von WLAN oder Funkfernsteuerungen unterwegs. Um Störungen zu vermeiden, setzt Bluetooth daher auf das sogenannte Frequenz-Hopping: Die Verbindung von Smartphone und Kopfhörer springt ständig von einem der 79 Unterkanäle zum nächsten – und das bis zu 1.600-mal in der Sekunde. Ist ein Kanal blockiert, betrifft das also nur einen winzigen Anteil der übertragenen Informationen, was sich problemlos ausgleichen lässt. Das macht Bluetoothverbindungen stabil und zuverlässig – solange sich Sender und Empfänger nicht zu weit voneinander entfernen.
Die Idee des automatischen Frequenzsprungs geht zurück auf Hedwig Eva Maria Kiesler, besser bekannt unter ihrem Künstlernamen Hedy Lamarr, unter dem die österreichische Schauspielerin ab Ende der 1930er-Jahre in Hollywood Furore machte. Als Tochter jüdischer Eltern wollte sie allerdings nicht nur auf der Leinwand glänzen, sondern auch ihren Teil im Kampf gegen Nazideutschland beisteuern. Gemeinsam mit dem Komponisten George Antheil entwickelte die technikaffine Aktrice eine Funkfernsteuerung für Torpedos, die dank Frequenz-Hopping von Feindinnen und Feinden kaum lokalisiert und gestört werden konnte.
Ihre 1941 patentierte Erfindung blieb aber zunächst unbeachtet und wurde erst Jahrzehnte nach dem Weltkrieg wiederentdeckt, um dann den technologischen Grundstein für Bluetooth, aber auch für WLAN und GPS zu legen.
Ab Ende der 1980er-Jahre versuchten sich Techunternehmen daran, mit dem Kabelgewirr rund um Computer aufzuräumen. Doch die ersten Ansätze scheiterten an hohem Stromverbrauch und Störanfälligkeit. 1994 lotete das schwedische Unternehmen Ericsson dann in einer Machbarkeitsstudie die Möglichkeit einer funkbasierten Kabelalternative aus. Mit vielversprechenden Ergebnissen: 1998 gründeten Ericsson, Nokia, IBM, Toshiba und Intel die Bluetooth Special Interest Group, die 1999 schließlich die erste Bluetoothversion vorlegte.
Seither hat sich die Übertragungsgeschwindigkeit von Bluetoothgeräten fast versiebzigfacht. Und auch ansonsten hat sich viel getan. Je nach Geräteklasse, Sendeleistung und Umgebung erlaubt Bluetooth Reichweiten zwischen einem Meter und bis zu einem Kilometer. Einem US-Start-up ist 2024 dank spezieller Antennen sogar eine Bluetoothverbindung zu Satelliten in 600 Kilometern Höhe gelungen.
Unsere Smartphones senden meist energieschonend mit 2,5 Milliwatt und kommen so draußen auf eine Reichweite von bis zu 50 Metern. In Innenräumen wird die Verbindung ab zehn Metern instabil, Wände stören den Datenfluss noch schneller.
2009 wurde Bluetooth Low Energy (BLE) veröffentlicht. Das hat zwar geringere Reichweiten und Übertragungsraten, ist dafür aber besonders stromsparend und reaktionsschnell. Deshalb wurde es gut zehn Jahre später bei der Corona-Warn-App zum Funkstandard der Wahl.
Seinen Namen verdankt Bluetooth dem Wikingerkönig Harald Blauzahn. Dem gelang es im zehnten Jahrhundert, Dänemark zu vereinen und mit Norwegen zu einem Reich zu verbinden – so wie Bluetooth heute etwa Handy und Kopfhörer koppelt. Ursprünglich nur ein interner Codename für die neue Technologie, mauserte er sich schließlich zum Markennamen, nicht zuletzt, weil mit Ericsson und Nokia zwei skandinavische Unternehmen maßgeblich an seiner Entwicklung beteiligt waren. Auch das Bluetoothsymbol verneigt sich vor dem historischen König. Es kombiniert die Runen „Hagalaz“ (für H) und „Berkano“ (für B) und bildet damit die Initialen HB, die für Harald Blauzahn oder auf Dänisch Harald Blåtand stehen.
Hedy Lamarr starb im Jahr 2000 und hat den globalen Siegeszug von Bluetooth selbst nicht mehr erlebt. Immerhin wurde die Mutter des Frequenz-Hoppings drei Jahre vor ihrem Tod für ihre Leistung mit dem Electronic Frontier Foundation Award ausgezeichnet, posthum in die National Inventors Hall of Fame aufgenommen und in einer Ausstellung des Jüdischen Museums Wien geehrt – als „Lady Bluetooth“.
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