Brandschutz
Betrieblicher Brandschutz unterliegt zahlreichen komplexen Regelwerken. Mit agilem Brandschutzmanagement erhöhen Sie effizient die Sicherheit in ihrem Unternehmen.
Zum Blog Wissen kompaktDer betriebliche Brandschutz ist unerlässlich, um Mitarbeitende und Kund:innen, aber auch Sach- und Vermögenswerte eines Unternehmens zu schützen. Ein effektives und ganzheitliches Brandschutzmanagement kann hier ansetzen, um den betrieblichen Brandschutz zu optimieren und kontinuierlich zu verbessern.
Wir haben uns mit dem Gutachter und Sachverständigen Dr. Thorsten Kühn, Brandschutzexperte und Gesellschafter-Geschäftsführer der KBMS Consult GmbH, über folgende Themen unterhalten:
Der typische betriebliche Brandschutz ist durch vielfältige Normen und Anforderungen geprägt. Jedes Unternehmen setzt irgendeine Form davon um, um die Schutzziele des Bauordnungsrechts, des Arbeitsschutzrechts und des Versicherungsrechts zu erfüllen. Hierzu gehören beispielsweise:
Aus diesen Regelwerken entstehen in der Praxis häufig die unterschiedlichsten Brandschutzmaßnahmen. Laut Dr. Kühn mangelt es aber an einer Einbettung in ein funktionierendes systematisches, effizientes und effektives Brandschutzmanagementsystem oder es wird ein zusätzliches Brandschutzmanagementsystem basierend auf der High Level Structure der Managementnormen gefordert.
Unternehmer:innen sollten sich aber die Frage stellen, ob ein aufwendig gestaltetes, vollkommen neues Managementsystem wirklich sinnvoll ist. Stattdessen könne ein Betrieb Brandschutzmaßnahmen in ein anderes, bereits bestehendes Managementsystem integrieren, das auf dem ersten Blick wenig mit Brandschutz zu tun hat, aber trotzdem genügend Anknüpfungspunkte für eine derartige Fusion bietet.
Hierfür eignen sich typischerweise:
Dieser Ansatz bringt für jedes Unternehmen enorme Vorteile mit sich. Die Einbettung des Brandschutzes in ein vorhandenes Managementsystem gestaltet sich wesentlich aufwandsärmer als eine Neuentwicklung. Die entsprechenden Maßnahmen lassen sich außerdem direkt auf die spezifischen Prozesse und Abläufe eines Betriebs zuschneiden. „Wenn der Brandschutz in ein bereits bestehendes Managementsystem eingebaut wird, ist es tatsächlich agiler, weil es auf einen Datenbestand und auf vorhandene Strukturen zurückgreift und das Ganze nicht neu entwickelt werden muss“, fügt der Experte hinzu. Bei einem funktionierenden Managementsystem – unabhängig davon, ob es sich um Qualität oder Arbeitsschutz handelt – seien schon Routinen verfügbar, um sich mit Risiken und Chancen auseinanderzusetzen. „Mit einem etablierten System ist das Unternehmen außerdem in der Lage, schnell auf sich ändernde Anforderungen in der Praxis zu reagieren. Es ist damit deutlich agiler unterwegs, als wenn es versucht, Brandschutz nur über irgendwelche Normen einfließen zu lassen oder ein neues System aufzubauen.“
„Hinzu kommt, dass sich ein Brandschutzmanagement durch eine wesentlich höhere Qualität auszeichnet, wenn es in ein Qualitätsmanagement- oder in ein Arbeitsschutzsystem eingeflochten wird, das einer High Level Structure folgt“, ergänzt Dr. Kühn. Messbare Kennzahlen, die jedes Unternehmen selbst festlegen kann, helfen dabei, die Wirksamkeit und den Erfolg der Brandsicherheitsmaßnahmen zu überprüfen. Basierend darauf lassen sich gezielter Verbesserungen in die Wege leiten.
Zu einem funktionierenden Managementsystem gehören auch interne und externe Audits – ein weiterer wichtiger Aspekt, der sich mit dem Brandschutz verknüpfen lasse. Auf diese Weise können externe Expert:innen die Brandschutzvorkehrungen objektiv und neutral prüfen und einer gewissen Betriebsblindheit verbeugen, um effektiver Schwächen und Fehler aufzudecken. Nicht zuletzt lassen sich Reibungsverluste verhindern, die bei einer fehlerhaften Umsetzung des organisatorischen Brandschutzes zustande kommen. Währenddessen kann die wirtschaftliche Effizienz des Unternehmens gesteigert werden.
Dr. Kühn plädiert aber zunächst dafür, eine generelle Brandschutzpolitik zu etablieren. Jedes Unternehmen sollte sich bestenfalls über spezifische und individuelle Schutzziele bewusst sein. Hierzu gehören:
Insbesondere bei diesem Prozess sei die SMART-Zielsetzungsmethode hilfreich, um die Ziele und deren Umsetzung besser fokussieren zu können, wie Dr. Kühn erläutert. „Oftmals möchten Verantwortliche dies und jenes erreichen, aber es wird nicht spezifisch definiert, nicht messbar und nicht terminiert. Es wäre deswegen ein Riesenvorteil, sich zunächst hinzusetzen und diese Ziele SMART zu definieren.“
Die Brandschutzorganisation erfolgt schließlich auf der Basis der Ermittlung und Bewertung des Brandschutzrisikos, wobei folgende Aspekte begutachtet werden:
Sobald die Ziele und Maßnahmen für den Brandschutz fixiert und die Geschäftskontinuität sichergestellt wurden, müssen Mitarbeitende darin geschult werden. Die Unterweisung können für den Brandschutz zuständige Führungskräfte, externe oder interne Brandschutzbeauftragte oder Expert:innen sowie die Betriebs- oder Werkfeuerwehr übernehmen. Hierbei kann es sich um Schulungen außerhalb des Arbeitsplatzes oder inhouse handeln.
Unerlässlich ist allerdings ein Kontrollsystem, um festzustellen, ob die Brandschutzmaßnahmen innerhalb des Unternehmens greifen, sorgfältig umgesetzt werden und ob sie wirksam sind. Insbesondere Ziele, die SMART formuliert wurden, zeichnen sich durch ihre Überprüfbarkeit aus, wie Dr. Kühn verdeutlicht. „Wenn wir uns beispielsweise zum Ziel gesetzt haben, eine bestimmte Anzahl von Brandschutzhelfer:innen auszubilden, lässt sich dieses Ziel leicht messen. Wenn wir eine vernünftig funktionierende Evakuierungsstrategie haben möchten, kann ich Brandschutz-Evakuierungsübungen durchführen – es gibt dafür z. B. Checklisten, mit denen sich einfach bewerten lässt, ob diese Fortschrittsübung oder Evakuierungsübung gut funktioniert hat und ob die Ziele erreicht wurden.“
Messdaten, die für den Brandschutz relevant sind, lassen sich aber auch in anderen Bereichen finden, wie der Experte veranschaulicht. „Beispielsweise können Unternehmen bei Brandschutztüren oder Rauchschutztüren die jährlichen Wartungskosten auswerten, weil sie vielleicht von Mitarbeitenden unsachgemäß behandelt oder beschädigt werden. Das kann wiederum darauf hindeuten, dass diese Beschäftigten im Rahmen einer Unterweisung gar nicht deutlich genug auf die ordnungsgemäße Behandlung dieser Türen hingewiesen wurden.“
Ein Problem sieht der Experte aber darin, dass viele Einzelinteressen nur in den Köpfen einzelner Stakeholder:innen bzw. Unternehmensbeteiligter existieren. „Die Schutzziele und wo sich der Brandschutz hin entwickeln soll, muss erst einmal definiert werden“, erklärt Dr. Kühn. Auf diese Weise lassen sich später besser Differenzen von Interessen und Prioritäten verhindern. Eine wichtige Frage sei dabei, wie der Brandschutz innerhalb der bestehenden Strukturen messbar und anschaulich gemacht werden kann.
Dr. Kühn veranschaulichte in seiner Präsentation mit dem Titel „(agiles) Brandschutzmanagement, alles nur eine Frage der Philosophie“, wie sich Brandschutz in ein vorhandenes Managementsystem eingliedern lässt. Insbesondere die ISO-9001-Norm für Qualitätsmanagementsysteme bietet viele Ansatzpunkte und Schritte, wo das Thema Platz findet:
Beschreibung des Brandschutzsystems
Festlegung der Brandschutzziele
Brandschutzorganisation auf Basis der Ermittlung des Brandschutzrisikos
Regeln & Routine für den Brandschutz inkl. Geschäftskontinuitätsplanung
Umsetzung der Schulungs- & Unterweisungspläne samt Dokumentation von Gebäuden und Aktivitäten
Kontrollsystem zur Bewertung der Brandschutzmaßnahmen
Verbesserung des Brandschutzes
Brandschutz lässt sich auch in eine Checkliste für die Einführung von neuen Mitarbeiter:innen integrieren, um die Thematik sofort zu Beginn der Arbeitsbeziehung im Bewusstsein zu verankern. So können entsprechende Hinweise schon bei einem Rundgang durch den Betrieb oder bei der Erklärung der Unfallverhütungsvorschriften gegeben werden.
Umgekehrt kann ein Unternehmen den Mitarbeitenden die Möglichkeit einräumen, Bedenken und Fragen zum betrieblichen Brandschutz zu äußern, ergänzt Dr. Kühn. „Wenn es richtig gemacht wird, gehören zum Qualitätsmanagement auch Befragungen der Angestellten. Dabei fragen Arbeitgeber:innen meistens die Zufriedenheit mit dem Arbeitsplatz und mit der betrieblichen Ausstattung ab. Selten konzentriert sich jemand auf die Evaluation des Brandschutzes und ob die Mitarbeitenden diesbezüglich adäquat abgeholt werden. Das Thema Evakuierung spielt ebenfalls kaum eine Rolle. Wenn dagegen einzelne Brandschutzfragen eingefügt werden, ist immer ein weiteres Bewertungselement vorhanden, damit sich die Beschäftigten sicher und wohl fühlen.“
Wie bei jedem anderen agilen Managementsystem geht es beim betrieblichen Brandschutz um kontinuierliche Verbesserungen, die die Sicherheit der Mitarbeitenden gewährleisten. Dr. Kühn antizipiert, dass Digitalisierung und Zukunftstechnologien wie künstliche Intelligenz auch in diesem Bereich eine wichtige Rolle spielen werden. „Je digitaler wir arbeiten, desto verfügbarer und transparenter werden Daten. Gerade KI oder z. B. ChatGPT greifen auf vorhandenes Wissen zu und helfen uns, mit den Brandschutzanforderungen umgehen zu können und darauf aufmerksam zu machen, wenn sich Regeln geändert haben. Das geschieht heutzutage häufig und wir müssen Glück haben, wenn wir das überhaupt mitbekommen. Digitalisierung und künstliche Intelligenz können viel schneller Handlungsbedarf erkennen, wenn sich Planungsgrundlagen ändern.“
Im Bereich der vorausschauenden Wartung ergibt sich beispielsweise bei Brandschutztüren ebenfalls neues Potenzial, wie der Experte weiter ausführt. „Brandschutztüren sollten etwa nach einer gewissen Anzahl von Intervallen gewartet werden, allerdings stellt sich kein Mensch daneben und zählt diese Intervalle. Das Haus Schüco hat beispielsweise Fenster und Türen mit Sensoren ausgestattet, die messen können, wie oft diese Elemente geöffnet wurden. Daraus lässt sich schließen, wann sie wartungsbedürftig sind.“ Innovationen bei der digitalen Gebäudeplanung können ebenfalls zum Brandschutz beitragen. „Im Bauwesen wird vom Building Integrated Modeling geredet, bei dem Gebäude komplett in 3D modelliert werden. Somit werden Gebäudedaten verfügbar für Bauelemente, die in der Praxis wartungsrelevant sind.“
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