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So effektiv ist ein systematisches Beschwerdemanagement

Beschwerdemanagement geht weit über die bloße Schadensbegrenzung hinaus. Es dient als strategisches Instrument, das Unternehmen dabei hilft, Kund:innen langfristig zu binden, ihr Angebot kontinuierlich zu optimieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.

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09. Oktober 2025

Kund:innen binden durch ein gutes Beschwerdemanagement

Unzufriedene Kund:innen sind eine Herausforderung. Aber Unternehmen, die geschickt mit dieser Herausforderung umgehen, können sie in eine Chance verwandeln.

Angesichts digitaler Vernetzung, hohen Wettbewerbsdrucks und steigender Kundenerwartungen spielt ein gutes Beschwerdemanagement eine Schlüsselrolle für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Es zeigt Wertschätzung, verhindert Imageschäden und fördert die Kundenbindung. Im Idealfall verwandelt es unzufriedene Kund:innen in treue Fans.

Wir haben uns mit dem Personal- und Organisationsentwickler Roland Klingbeil dazu unterhalten,

  • was Beschwerdemanagement auszeichnet,
  • warum es so wichtig ist und
  • wie es sich trainieren lässt.

Was bedeutet Beschwerdemanagement? – Definition

Beschwerdemanagement bezeichnet alle systematischen Maßnahmen eines Unternehmens, um Kundenbeschwerden entgegenzunehmen, zu bearbeiten und auszuwerten.

Das Wort “systematisch” ist entscheidend, denn eine Person, die Kritik am Telefon entgegennimmt, ist noch kein Beschwerdemanagement. “Beschwerdemanagement ist für mich immer mit einem klar definierten Prozess verbunden”, betont Roland Klingbeil. “Dieser Prozess sollte ein fester Teil der Unternehmenskultur sein.”

Gut zu wissen: Die Begriffe Reklamationsmanagement und Beschwerdemanagement werden oft synonym verwendet. Es gibt aber einen wichtigen Unterschied: Beschwerdemanagement umfasst den Umgang mit allen Arten von Kundenunzufriedenheit, Reklamationsmanagement bezieht sich nur auf die Bearbeitung von Mängeln an Produkten oder Dienstleistungen, die mit einem Rechtsanspruch verbunden sind. 

Direktes vs. indirektes Beschwerdemanagement – die Unterschiede

Man unterscheidet zwei Arten von Beschwerdemanagement

  • Direktes Beschwerdemanagement umfasst den unmittelbaren Kontakt mit dem:r Kund:in, zum Beispiel über Telefon, E-Mail, Chat oder persönliche Gespräche. Es zielt darauf ab, eine konkrete Beschwerde zu klären und eine Lösung anzubieten.
  • Indirektes Beschwerdemanagement bezieht sich auf die interne Auswertung und Nutzung von Beschwerden – etwa zur Qualitätsverbesserung, Produktentwicklung oder Mitarbeiterschulung –, ohne dass der:die Kund:in aktiv einbezogen ist.

Langfristig erzielen Unternehmen die besten Ergebnisse, wenn sie direktes und indirektes Beschwerdemanagement kombinieren. 

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Die Vorteile von Beschwerdemanagement – Aufgaben und Ziele

Mit einem guten Beschwerdemanagement können Unternehmen mehrere Ziele erreichen.

Moderne Konsument:innen legen hohen Wert auf einen schnellen und effektiven Kundendienst. Wenn ihre Erwartungen erfüllt werden, bleiben sie einer Marke eher treu. Manchmal bleibt ein gutes Beschwerdemanagement sogar stärker im Gedächtnis als der Grund für die Beschwerde.

Gut zu wissen: Negative Kundenerfahrungen haben ernste Folgen. Eine Studie von Accenture ergab, dass eine schlechte Serviceerfahrung oft ausreicht, damit Konsument:innen ein Unternehmen künftig meiden.

Beschwerden können wertvolle Hinweise auf Optimierungspotenzial geben. Ein gutes Beschwerdemanagement hilft Unternehmen, diese Hinweise wahrzunehmen und die eigenen Produkte und Services zu verbessern.

Vor allem in sozialen Medien entwickelt sich die Kritik Einzelner schnell zu einem Shitstorm, der das Image von Unternehmen nachhaltig beschädigt – besonders wenn Unternehmen nicht oder unangemessen darauf reagieren. Mit einem effizienten Beschwerdemanagement lässt sich vorbeugen.

Zufriedene Kund:innen, ein positives Image und kontinuierliche Verbesserungen des eigenen Angebots fördern die Wettbewerbsfähigkeit und steigern Umsätze.

Die strategische Bedeutung von Beschwerdemanagement rückt auch in der Unternehmenspraxis zunehmend in den Fokus. Roland Klingbeil beobachtet, dass das Bewusstsein für die Vorteile eines systematischen, professionellen Umgangs mit Beschwerden wächst. “Auch die Nachfrage nach Seminaren zum Thema Beschwerdemanagement nimmt zu.”

Gut zu wissen: Eine alte Faustregel lautet, dass es etwa 5-mal so teuer ist, eine:n Neukund:in zu gewinnen, als eine:n bestehende:n Kund:in zu halten. Es lohnt sich also, in den Erhalt bestehender Kundenbeziehungen zu investieren.

Der Ablauf: 4 Phasen im Überblick

Ein professionelles direktes Beschwerdemanagement lässt sich in 4 Phasen gliedern:

Damit ein Beschwerdemanagement überhaupt möglich ist, brauchen Kund:innen Möglichkeiten zur schnellen und unkomplizierten Kontaktaufnahme. Neben dem Telefon und dem persönlichen Kontakt spielen digitale Kanäle heute eine zentrale Rolle, angefangen bei Feedback-Formularen auf der Unternehmens-Website bis hin zu Social-Media-Accounts für den Kundenservice.

Beschwerden müssen erfasst und dokumentiert werden. Klare Prozesse spielen dafür eine wichtige Rolle, genauso wie eine freundliche, wertschätzende Kommunikation.

In der nächsten Phase wird die Beschwerde analysiert und nach einer Lösung gesucht. Das kann beinhalten, sie an eine:n zuständige:n Expert:in weiterzuleiten. Die Lösung wird dem:r Kund:in kommuniziert, am besten transparent und persönlich. Wenn es länger dauert, ist es wichtig, das Gegenüber über den aktuellen Stand zu informieren.

Eine zentrale Rolle spielt die abschließende Auswertung. Was lief bei dem abgeschlossenen Vorgang gut, was könnte verbessert werden? Kann der Prozess unseres Beschwerdemanagements weiter optimiert werden?

So integrieren Unternehmen ein professionelles Beschwerdemanagement

Die oben beschriebenen vier Phasen finden sich in jedem Beschwerdemanagement wieder. “Aber”, betont Roland Klingbeil, “wie sie ausgestaltet werden, unterscheidet sich je nach Unternehmen, Produkten beziehungsweise Dienstleistungen und Zielgruppen.” 

Für die individuelle Einführung und Gestaltung eines Beschwerdemanagements empfiehlt der Experte ein mehrstufiges Vorgehen:

  1. Am Anfang steht ein klares Commitment der Unternehmensleitung. Am besten verankert diese das Thema zum Beispiel im Leitbild oder in den Qualitätszielen und kommuniziert es in die Belegschaft.
  2. Anschließend empfiehlt Roland Klingbeil die Einrichtung einer Arbeitsgruppe mit allen am Beschwerdeprozess Beteiligten im Unternehmen.
  3. Die Arbeitsgruppe definiert dann die einzelnen Prozessschritte des Beschwerdemanagements im Detail. Wer nimmt Beschwerden wie entgegen, was passiert im nächsten Schritt, was wird wo dokumentiert, wie wird der Umgang mit Beschwerden ausgewertet etc.?
  4. Schließlich geht es an die Umsetzung – und die kontinuierliche Optimierung. Denn damit ein Beschwerdemanagement langfristig erfolgreich ist, muss es regelmäßig angepasst und verbessert werden. Das Erheben und Auswerten von Kennzahlen spielt dabei eine Schlüsselrolle.

Umgang mit Beschwerden üben – praktisches Training mit moderner Technik

Chatbots und KI-Agenten sind ein wertvolles Werkzeug im Beschwerdemanagement. Aber letztendlich, ist Roland Klingbeil überzeugt, kommt es immer noch auf die Menschen an, die Beschwerden entgegennehmen, bearbeiten und auswerten.

Diese brauchen regelmäßige Trainings, um auch schwierige Situationen zu meistern. „Eine Herausforderung ist zum Beispiel der Umgang mit Aggressionen. Die Hemmschwelle bei manchen Kund:innen ist in den letzten Jahren noch einmal gesunken. Deshalb sollten Mitarbeitende wissen, wie sie damit umgehen“.

Praktische Übungen zum Beispiel in Form von Rollenspielen helfen, eine positive Sprache sowie lösungsorientierte Gesprächsführung zu erlernen und auch in emotional aufgeladenen Situationen gelassen zu bleiben. Ganz neue Möglichkeiten eröffnen KI-gestützte VR-Brillen: Sie versetzen Lernende in die Lage, herausfordernde Situationen in einer virtuellen Umgebung zu trainieren, praxisnah und immer wieder. “Es ist überraschend, wie flexibel, realitätsnah und letztendlich auch unberechenbar sich ein KI-Training gestalten lässt”, so Roland Klingbeil.

Beschwerdemanagement ist viel mehr als eine optionale Zutat

Ein effektives Beschwerdemanagement ist ein strategisches Werkzeug zur Kundenbindung und Qualitätssteigerung. Unternehmen, die Beschwerden ernst nehmen, systematisch bearbeiten und auswerten, zeigen nicht nur Wertschätzung gegenüber ihren Kund:innen – sie sichern sich auch einen echten Wettbewerbsvorteil. Denn oft entscheidet nicht der Anlass für die Beschwerde über die Kundenzufriedenheit, sondern der Umgang mit dieser.  

Wichtig ist, dass Beschwerdemanagement als Teil der eigenen Unternehmenskultur wahrgenommen und systematisch aufgebaut sowie kontinuierlich weiter optimiert wird. Erst regelmäßige Schulungen und praktische Trainings versetzen Mitarbeitende in die Lage, aus Beschwerden Chancen zu machen.

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Natalie Pätzel

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