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Gute Frage, nächste Frage

Warum flimmert die Luft im Sommer?

10. August 2023

Wir stellen uns vor: Wir fahren in einem klimatisierten Auto durch die Gegend. Woran erkennen wir dann, dass draußen Sommer ist? Beispielsweise am goldgelben Weizen auf den Feldern. Oder an der luftigen Bekleidung der anderen. Und ganz sicher: an der flimmernden Luft über dem heißen Asphalt. Aber warum gerät die Luft im Sommer scheinbar in Wallung?

 

Wenn Thelma und Louise im gleichnamigen Kultfilm durch die Wüste Arizonas fliehen, flimmert über dem Highway die Luft. Und wir wissen: Hier ist es gerade richtig heiß. Ein Phänomen, das wir aber ebenso gut auf einer Landstraße in Brandenburg oder Baden-Württemberg beobachten können. Die physikalischen Gründe: Die Sonnenstrahlen erhitzen die dunkle Oberfläche der Straße und die Luft direkt darüber. Die erwärmte Luft dehnt sich aus, wird leichter und steigt auf. An einigen Stellen tut sie das schneller, an anderen langsamer. Teilweise vermischt sich die heiße Luft mit der kühleren darüber. Dadurch wird sie wieder schwerer und sinkt zurück auf die Straßenoberfläche, wo sie erneut erhitzt und erleichtert wird. Durch dieses ständige Auf und Ab und die Vermischung von heißer und kalter Luft entstehen Luftwirbel. Und diese Wirbel lenken das Licht auf dem Weg zu unseren Augen ab.

Die Ursache dafür ist die unterschiedliche Dichte von warmer und von kalter Luft: In einem Liter warmer Luft schwirren weniger Moleküle herum als in einem Liter kalter. Daher kommen die Lichtstrahlen schneller hindurch, während sie in kälterer Luft auf mehr Widerstand stoßen. Die Strahlen sind in unterschiedlich temperierten Luftmassen also in wechselnden Geschwindigkeiten unterwegs. Durch diesen Geschwindigkeitsunterschied werden sie an den Grenzen zwischen warmer und kalter Luft gebrochen, sie verändern ihre Richtung. Durch die Verwirbelungen geschieht das immer wieder. Wir nehmen die Landschaft hinter den turbulenten Luftschichten daher verzerrt und verschwommen wahr: Es flimmert.

Dieses Phänomen können wir auch über dem heißen Grill beobachten, hinter den Triebwerken eines Jumbojets oder über offenen Flammen, ob von einer Kerze, einem Gasherd oder einem Lagerfeuer. Nur wenn es windig wird, verflüchtigt sich das Flimmern. Denn dann werden die heißen Luftschichten über der Straße einfach weggepustet, die Verwirbelung unterschiedlich warmer Luft kann nicht entstehen.

 

Fata Morgana vor Freising

Treffen Lichtstrahlen in einem besonders flachen Winkel auf eine anders temperierte Luftschicht, werden sie nicht nur gebrochen, sondern total reflektiert. Es entsteht eine Luftspiegelung, eine Fata Morgana: Im Wüstensand breitet sich kurz vor dem Horizont scheinbar ein großer See aus, der sich dann beim Näherkommen in nichts auflöst. Denn die verheißungsvolle Wasserstelle ist tatsächlich nur eine Spiegelung des Himmels. Aber auch in unseren Breiten können wir regelmäßig Fata Morganen bestaunen: wenn sich auf der herdplattenheißen Landstraße im Sommer scheinbar Pfützen bilden, in denen sich sogar die Autos spiegeln.

Ist es besonders heiß, treffen die wärmeren und die kälteren Luftschichten erst hoch über dem Erdboden aufeinander. In dem Fall sieht man die Fata Morgana am Himmel über dem Horizont. Die Spiegelung kann dann auch weit entfernte Dinge in vermeintlich erreichbare Nähe rücken: Palmen versprechen Schatten oder Gebäude Zuflucht, sind aber tatsächlich Hunderte von Kilometern entfernt.

 

Von Feen und fliegenden Niederländern

Für eine Fata Morgana braucht es dabei keine Hitze am Boden, sondern unterschiedlich temperierte Luftschichten sowie eine lange, flache Strecke, über die sich das Licht in flachem Winkel ausbreiten kann. Deshalb treten die Luftspiegelungen neben Wüsten und Straßen auch in der Arktis oder über dem Meer auf.

Über der Wasserwüste des Ozeans herrschen dabei umgekehrte Temperaturverhältnisse als in der Sahara: unten kühl und wärmer darüber. Die Luftspiegelung eines Tankers sehen wir daher über der Horizontlinie und oft auf dem Kopf stehend. Durch Mehrfachspiegelungen kann das Schiff wieder aufrecht erscheinen, verzerrt oder vergrößert werden oder gar in der Luft schweben. Die Sage vom Fliegenden Holländer – von dem verfluchten Seemann, der rastlos über die Meere geistert – könnte hier ihren Ursprung haben.

Namenspatin des physikalischen Phänomens ist übrigens die Schwester des ebenfalls sagenhaften König Artus: die Fee Morgaine. Sie soll in der Straße von Messina, einer Meerenge zwischen Italien und Sizilien, eine für Normalsterbliche unerreichbare Zauberinsel bewohnt haben. Wohl daher wurde sie unter ihrem italienischen Namen international bekannt: als Fata Morgana.

 

Entdeckt, erklärt, erzählt: Der Podcast von #explore