Gute Frage, nächste Frage
Newton, Cavendish und die Gravitationskonstante.

04. Dezember 2025
Unsere Erde wiegt fast sechs Trilliarden Tonnen. Das ist eine Zahl mit 21 Nullen. Sie ist achtzigmal schwerer als der Mond, aber dreihundertmal leichter als der Jupiter. Doch woher wissen wir überhaupt, wie viel die Erde wiegt?
Die Grundlagen für die Gewichtsbestimmung der Erde legte der große Isaac Newton. 1687 formulierte der englische Universalgelehrte das Gesetz der Gravitation. Dieses fundamentale Naturgesetz erlaubt es, unter anderem aus der Beschleunigung, mit der Dinge auf den Boden fallen – wie etwa ein Apfel vom Baum –, die Masse der Erde zu berechnen. Als Voraussetzung dafür galt es allerdings zunächst, die in Newtons Gleichung enthaltene Gravitationskonstante experimentell zu bestimmen. Dabei handelt es sich um die Anziehungskraft, die zwei Massen von jeweils einem Kilogramm aufeinander ausüben, wenn sie einen Meter voneinander entfernt sind.
110 Jahre später machte sich der ebenfalls englische Naturforscher Henry Cavendish daran, diese extrem kleine Kraft zu messen. Dazu befestigte er zwei kleine Bleikugeln an den Enden eines Holzstabs. Den hängte er dann an einem dünnen Draht horizontal in einem abgeschirmten Raum auf. Anschließend führte Cavendish zwei schwere Bleikugeln ganz nah an die kleinen Kugeln heran und maß, wie deren Gravitation die kleinen Bleikugeln minimal bewegte.
Da schon der kleinste Luftzug die Messung verfälschen konnte, benötigte er ein Jahr, um seine Experimente abzuschließen. Schließlich war sich Cavendish sicher: Die Messergebnisse stimmten. Aus ihnen konnte er nun die Gravitationskonstante ermitteln und erstmals die Masse der Erde berechnen. Er kam auf rund 6,6 Trilliarden Tonnen. Und lag damit nur wenig über dem heute geltenden Wert von 5,97 Trilliarden Tonnen, den Forschende mithilfe von Satelliten und weiteren Methoden mittlerweile präziser bestimmen können.
Heute wissen wir auch: Die Masse der Erde ist nicht völlig konstant. Tatsächlich gewinnt sie jedes Jahr ein wenig hinzu. Und sie verliert noch mehr: Die größte Materiemenge kommt ihr in den oberen Schichten der Atmosphäre abhanden. Hier reicht die Schwerkraft nicht mehr aus, um leichte Elemente wie Wasserstoff und Helium festzuhalten. Jahr für Jahr entweichen daher 95.000 Tonnen Wasserstoff und 1.600 Tonnen Helium ins All.
Radioaktive Zerfallsprozesse unter anderem im Erdinneren zehren zusätzlich am Gewicht unseres Planeten. Materie wird dabei in Energie umgewandelt, die als Strahlung in den Weltraum entweicht. Sieben Tonnen – etwas mehr als ein afrikanischer Elefantenbulle – gehen so jedes Jahr verloren.
Wir tragen außerdem selbst dazu bei, die Erde kontinuierlich zu erleichtern. Indem wir Ressourcen wie Aluminium fördern, verarbeiten und in Form von Raketen und Satelliten über den Orbit hinaus ins All schießen, kommen der Erde jährlich 1.000 Tonnen abhanden.
Ein wenig Masse gewinnt die Erde aber auch dazu. Tag für Tag wird sie von Hunderten Meteoriten bombardiert. Die meisten von ihnen sind glücklicherweise winzig klein und bringen nur wenige Gramm auf die Waage. Doch zusammengenommen summiert sich das Gewicht des herabregnenden kosmischen Staubs und Gesteins auf rund 16.000 Tonnen pro Jahr.
In Summe wird der Boden, der uns trägt, also jährlich um rund 81.000 Tonnen leichter. Das klingt nicht unerheblich, ist aber nicht mehr, als ein mittleres Kreuzfahrtschiff auf die Waage bringt, und gerade mal 0,000.000.000.014 Prozent des Gesamtgewichts der Erde. Sorgen müssen wir uns darüber also nicht. Denn selbst wenn unser Planet diese Diät die nächste Milliarde Jahre durchhalten würde, hätte er dabei nur 14 Tausendstel seiner Gesamtmasse verloren.
Wir selbst und unsere vielfältigen Aktivitäten haben auf das Gewicht der Erde übrigens keinen Effekt. Egal, wie stark wir uns vermehren, egal, wie viele Wolkenkratzer wir in unsere wuchernden Städte stellen: An der Erdmasse ändert das null Komma nichts. Denn die Nahrungsmittel, mit der wir unseren Nachwuchs füttern, die Materialien, aus denen wir unsere Häuser bauen – sie waren vorher schon da. Wir haben sie nur umverteilt. Das ist dasselbe wie in einem Flugzeug: Selbst wenn sich sämtliche Passagierinnen und Passagiere gleichzeitig den Magen vollschlagen, wird der Flieger um kein Gramm leichter. Schließlich ist die Tiefkühlpasta auf unseren Tabletts zusammen mit uns vom Erdboden abgehoben, um sich temporär seiner gewaltigen Gravitation entgegenzustemmen.
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