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Unternehmensführung

Betreiberpflichten wahrnehmen und delegieren

Betrieb verpflichtet. Erfahren Sie, welche Pflichten Unternehmen und Personen erfüllen müssen, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.

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Zwei Personen mit Schutzhelmen im Gespräch in einer Industriehalle, einer hält einen Laptop
27. September 2024

Betrieb verpflichtet - so vermeiden Unternehmen Rechtsfolgen

„Eigentum verpflichtet“, heißt es. Genau genommen müsste es lauten: „Betrieb verpflichtet“.  Denn sobald Unternehmen und Personen Gebäude bzw. Anlagen betreiben, müssen sie eine Reihe von Pflichten beachten. In diesem Zusammenhang spricht man von „Betreiberpflichten“ bzw. „Betreiberverantwortung“.

Werden Betreiberpflichten verletzt, kann dies folgenreiche Unfälle und unangenehme Rechtsfolgen nach sich ziehen. Diese Tatsache wird gern unterschätzt. Dasselbe gilt für die Anforderungen, die mit der rechtssicheren Delegation einzelner Pflichten verbunden sind.

Hier gehen wir darauf ein, was Betreiberpflichten sind, wer sich mit ihnen beschäftigen sollte und was zu beachten ist, wenn Betreiberverantwortung delegiert wird.

Wer kann Betreiber sein?

„Als Betreiber zählen natürliche und juristische Personen, die für den sicheren Betrieb einer Anlage oder einer Einrichtung verantwortlich sind. So ist es in der Richtlinie VDI-MT 3810 Blatt 1 formuliert. Eine andere, allgemeine Definition lautet: Betreiber ist, wer die tatsächliche oder rechtliche Möglichkeit hat, die notwendigen Entscheidungen im Hinblick auf die Sicherheit der Anlage zu treffen.“ (VGH Bad. Württ. 1988/VG Gießen 1991)

Unter diese Definitionen fallen also nicht bloß Eigentümer oder Besitzer von Anlagen und Gebäuden. Auch Mieter oder Dienstleister können Betreiber sein, wenn ihnen Betreiberverantwortung übertragen wird.

Der Kreis an Personen und Organisationen, die Betreiber sein können, ist also weit gefasst. Ähnlich vielfältig ist das, was unter Betreiberverantwortung fällt.

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Was ist Betreiberverantwortung? Eine Definition

Laut VDI 3810 gilt: „Betreiberverantwortung ist die Rechtspflicht zum sicheren Betrieb einer Anlage, einer Gebäudeeinheit, einer sonstigen Gefahrenquelle oder eines Bereichs mit Nutzungsmöglichkeiten für die Öffentlichkeit (Publikumsverkehr).“

Dr. Christoph Sinder (Geschäftsfeldleiter Anlagen- & Produktsicherheit · DMT GmbH & Co. KG) fasst zusammen, „dass die Erkennung dieser Gefahrenquellen und die Ergreifung geeigneter Maßnahmen des Unfallschutzes oder der Gefahrenminimierung der Verantwortung des Betreibers obliegen“.

Der Schaden kann Personen betreffen, beispielsweise durch nicht gestreute Wege im Winter oder einen Stromschlag durch eine unsachgemäß gewartete Anlage, aber auch Eigentum. Wenn Treibhausgase entweichen oder austretende Chemikalien Gewässer verunreinigen, ist in erster Linie die Umwelt der Leidtragende.

Wichtige Gesetze und Verordnungen in diesem Zusammenhang sind unter anderem:

  • das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchutzG),
  • die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV),
  • die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV),
  • die Trinkwasserverordnung (TrinkwV),
  • das Gebäudeenergiegesetz (GEG).

Betreiberpflichten delegieren - das müssen Sie beachten

Auch die Delegation von Betreiberpflichten ist in der VDI-MT 3810 Blatt 1 am verständlichsten definiert: „Delegation ist die rechtswirksame Übertragung der Betreiberverantwortung. Sie umfasst die Pflicht zur Auswahl eines fachlich geeigneten Delegationsempfängers, zur umfassenden Darlegung des Aufgabenbereichs des Delegationsempfängers und zur angemessenen Kontrolle der Durchführung der Aufgaben.“

Dr. Sinder veranschaulicht das an Beispielen:

Zur Eignung eines Dienstleisters, zum Beispiel aus dem Bereich Facility Management, gehört auch ausreichend Personal, sofern der Betrieb einer Vielzahl von Immobilien übertragen werden soll. Die Wahl muss daher auf ein Unternehmen fallen, das nicht nur die fachlichen, sondern auch die personellen Ressourcen mitbringt.

Die delegierten Aufgaben sind konkret darzustellen. Das erfordert im Außenverhältnis unbedingt die Vertragsform, während innerbetrieblich Anweisungsdokumente in der Regel ausreichend sind. Das ist besonders bei innerbetrieblicher Delegation relevant. Großen Wert legt der Gesetzgeber auf die Konkretisierung insbesondere hinsichtlich sicherheitsrelevanter Aspekte – bei der Ausgestaltung haben Betreiber aber relativ freie Hand.

Auch Betreiber, die Pflichten delegieren, bleiben letztverantwortlich für den Betrieb eines Gebäudes oder einer Anlage. Deshalb obliegt ihnen auch die Kontrolle der Durchführung delegierter Aufgaben.

Auch, wenn etwas schiefgeht!

Damit sie dabei auf der richtigen Seite sind, auch dann, wenn etwas schiefgeht, müssen sie:

  • Inhalt und Umfang aller übertragenen Pflichten sowie ihrer Dokumentation klar definieren und abgrenzen,
  • den Delegationsempfänger sorgsam auswählen,
  • ihn mit allen notwendigen Kompetenzen und Mitteln ausstatten,
  • ihn an-/ein- und unterweisen (inklusive Dokumentation) und
  • ihn laufend überwachen.

Das bedeutet auch: Unternehmen, die Betreiberpflichten delegieren, müssen sichergehen, dass sie sie geeigneten Personen übertragen.

Fachkunde durch Schulungen sicherstellen

Ob Brandschutzbeauftragte, Aufzugswärter:innen oder Druckanlagenwärter:innen, wer Betreiberpflichten übernimmt, muss sich nicht nur in seinem Fach auskennen. Er muss auch auf dem neuesten Stand sein. Denn der aktuelle Kenntnisstand über das Wissen im eigenen Gewerk ist Teil der Fachkunde, ebenso wie die entsprechende Ausbildung und Erfahrung. Abgebildet wird dieser aktuelle Stand der Technik in den VDI-Richtlinien oder anderen technischen Regelwerken sonstiger anerkannter Regelwerksetzer (DIN, DVGW, VDMA, VDE).

Da sich dieser aktuelle Kenntnisstand in manchen Bereichen ständig ändert, sind regelmäßige Weiterbildungen bzw. Schulungen umso wichtiger. Nur so können Ausführende die Leistungen erbringen, die Auftraggeber benötigen, nur so gehen Auftraggeber bei der Pflichtenübertragung auf Nummer sicher.

Übrigens: Die Pflicht, die Erfüllung von delegierten Betreiberpflichten zu kontrollieren, lässt sich nicht übertragen. Hier sind Betreiber also in jedem Fall in der Pflicht.

Ein gut strukturiertes Betreiberpflichtenmanagement bedeutet, alle öffentlich-rechtlichen und vertraglichen Vorschriften einzuhalten und dies im Bedarfsfall jederzeit schriftlich nachweisen zu können. TÜV NORD unterstützt Sie bei der Erstellung von Betreiberdokumenten, Erstellung von Rechtskatastern und Durchführung von Compliance Check Audits.

Betreiberpflichtenmanagement kennenlernen

FAQ Betreiberpflichten

Betreiber ist, wer auf das Gebäude oder die gebäudetechnischen Anlagen durch sein tatsächliches, rechtliches oder wirtschaftliches Handeln bei der Planung, Errichtung oder während des Betriebs maßgeblichen Einfluss auf die Funktionsfähigkeit und die Betriebssicherheit nehmen kann und dieses als Garant für die Betriebssicherheit auch nehmen muss (Garantenstellung des Verantwortungsträgers).

Bei Verstößen gegen die Betreiberpflichten drohen dem Betreiber haftungs- und strafrechtliche Konsequenzen. Im Schadensfall muss der Betreiber beweisen, dass alle notwendigen Maßnahmen ergriffen wurden, um Schadeneintritte zu vermeiden. Hierbei spielen Dokumentationen eine wichtige Rolle. Hält der Betreiber sich nicht an die Bedingungen zur Übertragung der Betreiberpflichten, kann ihm juristisch ein Organisationsverschulden vorgeworfen werden und die Betreiberhaftung liegt bei ihm.

Als Betreiber gelten gemäß VDI 3810 Blatt 1 alle natürlichen oder juristischen Personen, die Verantwortung für Anlagen oder Einrichtungen tragen und die Möglichkeit haben, Entscheidungen im Hinblick auf die Sicherheit dieser Anlagen zu treffen. Dazu zählen:

  • Eigentümer:innen
  • Vermieter:innen
  • Geschäftsführer:innen
  • Inhaber:innen
  • Führungskräfte
  • Mieter:innen
  • Arbeitnehmer:innen
  • Dienstleister:innen

Es ist notwendig, sich systematisch und strukturiert einen Überblick über den Bestand der Immobilien und deren sicherheitstechnisch relevante Anlagen und Einrichtungen zu verschaffen. In einem nächsten Schritt sind für diese, in Abhängigkeit von der Nutzung und Genehmigungslage, die jeweiligen Betreiberpflichten aus den gesetzlichen und technischen Regelwerken zuzuordnen. Das sollte einhergehen mit einer Analyse der mit der Nutzung verbundenen Gefährdungen sowie deren Bewertung. Aus diesen Ergebnissen ergibt sich eine Priorisierung der Maßnahmen, die Instandhaltungsaufwand und regelmäßige Kontrollen bzw. Prüfungen umfassen.

Die Frage lässt sich nicht eindeutig bejahen, aber auch nicht verneinen.  
Da sich Betreiberverantwortung aus unterschiedlichen Regelwerken ableitet, orientieren sich auch Checklisten daran. Das heißt, Versuche, Checklisten zu erstellen, nehmen sich nicht allgemeine Betreiberverantwortung zum Maßstab. Die Erfassung und Bewertung der Betreiberpflichten ist ein Prozess, der strukturiert abgebildet werden sollte. Für Teilschritte ist es sinnvoll, Checklisten zu erarbeiten, die aufgrund sich regelmäßig ändernder gesetzlicher Anforderungen allerdings angepasst werden müssen. Checklisten empfehlen sich für die Bestandserfassung oder die Analyse von Prozessen der Umsetzung der Betreiberverantwortung. Für die Wahrnehmung von Kontrollpflichten, z. B. im Rahmen der Delegation, gibt es eine sehr aktuelle Checkliste aus der VDI-MT 3810 Blatt 1. 

Es gibt zahlreiche spezielle Pflichten für technische Anlagen und Einrichtungen in Gebäuden, die sich im Rahmen der Betreiberverantwortung primär aus den gesetzlichen Anforderungen ableiten. Dazu gehören z. B. Pflichten für lüftungstechnische Anlagen, die aus der Arbeitsstättenverordnung und technischen Regelwerken stammen.

Überwachungsbedürftige Anlagen müssen regelmäßig überprüft werden. Der Betreiber selbst muss nach einer Gefährdungsbeurteilung beurteilen, wie groß die Zeitabstände zwischen den Prüfungen sein müssen und dann die Prüfungen organisieren. Die Prüfungen selbst können durch Dienstleister – z.B. durch TÜV NORD – erfolgen.

In der Praxis wird die Betreiberverantwortung häufig delegiert. Hierfür sind folgende Schritte notwendig:

  1. Sorgfältige Auswahl und Feststellung der Eignung der beauftragten Person oder des beauftragten Unternehmens (Fachkunde)
  2. Definition der übertragenen Betreiberpflichten sowie der Dokumentation ihrer Erledigung (Eindeutigkeit der Anweisungen/ Definition der Schutzziele)
  3. Dokumentation der Pflichtenübertragung (Schriftform/ Gegenzeichnung)
  4. Der beauftragten Person oder dem beauftragten Unternehmen alle Kompetenzen und Mittel zur Erfüllung der Betreiberpflichten zur Verfügung stellen
  5. Unterweisung der beauftragten Person oder des beauftragten Unternehmens inklusive Übergabe entsprechender Dokumentation
  6. Laufende Überwachung und Kontrolle der Pflichtenerfüllung

Die Überwachung und Kontrolle kann nicht delegiert werden. Aus der ursprünglichen Ausführungspflicht wird eine Aufsichtspflicht.

Auch die Verkehrssicherungspflicht zählt zur Betreiberverantwortung. Der Betreiber ist dazu verpflichtet, Wege, Baustellen und Orte mit Absturzgefahr abzusichern und Gefährdungen durch Glätte im Winter oder matschiges Laub im Herbst zu beseitigen. Gerichte orientieren sich an den verkehrsüblichen Schutzmaßnahmen, wie beispielsweise das Schneeräumen im Winter.

Die Betreiberverantwortung leitet sich aus den Betreiberpflichten direkt ab. Betreiberpflicht und Betreiberverantwortung lassen sich daher nicht getrennt betrachten. Die Pflichten und damit die Betreiberverantwortung können organisatorisch innerhalb eines Unternehmens oder auf Dritte (wie z. B. Unternehmen des Facility Managements) delegiert werden. 

Digitalisierung bietet eine Reihe von Chancen, seine Betreiberpflichten effizienter und sicherer zu organisieren. Angefangen bei einem bereits in der Planungs- und Errichtungsphase genutzten BIM und der damit vorliegenden vollständigen Gebäude- und Anlagendokumentation, lässt sich über die Betriebsdatenerfassung eine wirtschaftlichere und sicherere Instandhaltung gewährleisten. Das diese Vorteile aber auch in einem ersten Schritt Geld kosten, sollte hier nicht verschwiegen werden. Cybersecurity wird spätestens dann beim Immobilienbetrieb zu einem Thema werden, wenn die Vernetzung noch deutlich zunimmt. Das wird in vielen Bestandsimmobilien und Anlagen aber vermutlich in den nächsten Jahren erst sukzessive passieren.

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