Arbeitssicherheit & -schutz
Spätestens mit der Loveparade-Tragödie ist der Öffentlichkeit bewusstgeworden, welches Risiko Veranstaltungen für die Sicherheit der Besucher:innen darstellen können. Um die Sicherheit der Besucherinnen und Besucher gewährleisten zu können, sollten Sie sich umfassend über Richtlinien und Gesetze informieren, bevor Sie eine Veranstaltung planen. Wir haben mit unserem Experten Olaf Jastrob darüber gesprochen und die wichtigsten Aspekte zum Thema Veranstaltungssicherheit für Sie zusammengestellt. In unserem Artikel erfahren Sie, welche rechtlichen Grundlagen relevant sind und was Sie beachten müssen, um Ihre Veranstaltung sicher zu gestalten.
"Die Sicherheit von Besuchern steht bei Veranstaltungen an erster Stelle. Erfahren Sie hier, wie Sie die häufigsten Fehler vermeiden können!"
Olaf Jastrob ist Sachverständiger für Veranstaltungs- und Besuchersicherheit sowie Vorsitzender im Deutschen Expertenrat für Besuchersicherheit.
Umgangssprachlich werden die Begriffe „Besuchersicherheit“ und „Veranstaltungssicherheit“ oft synonym verwendet. Tatsächlich sind die Themen eng miteinander verbunden, meinen aber streng genommen nicht dasselbe. Wir geben Orientierung, um ein gemeinsames Verständnis aufzubauen und die richtige Verwendung der Begrifflichkeiten zu klären.
Alle Maßnahmen, die in der Besuchersicherheit umgesetzt werden, haben die Gewährleistung der Sicherheit Ihrer Besucher:innen zum Ziel. Als schutzbedürftige Zielgruppe steht ihr Schutz im Fokus der Besuchersicherheit.
Bei der Veranstaltungssicherheit steht nicht nur die Sicherheit der Besucher:innen im Fokus, sondern die gesamte Veranstaltung als Projekt. Neben den Besuchenden wird ebenso die Sicherheit der Angestellten berücksichtigt.
Die Besuchersicherheit ist also ein Teil der Veranstaltungssicherheit. Jastrob betont jedoch, dass es keine normierte Definition, sondern nur Ansätze gibt.
Veranstaltungsformate gibt es wie Sand am Meer. Dementsprechend vielfältig sind auch die jeweils geltenden Verordnungen im Veranstaltungsrecht. Veranstaltungen können grob in drei verschiedene Veranstaltungsarten unterteilt werden:
Die rechtlichen Grundlagen bei Veranstaltungen können generell sehr komplex sein. Eine der wichtigsten Rechtsnormen ist die jeweilige landesrechtliche Versammlungsstättenverordnung. In den meisten Bundesländern orientieren sich Veranstalterinnen und Veranstalter an der Musterversammlungsstättenverordnung (MVStättVO). Diese Verordnung ist vor allem relevant, da sie bei den meisten Veranstaltungen in Gebäuden, aber auch bei Open Air-Veranstaltungen Anwendung findet. Da Veranstaltungen häufig in großen Messe- oder Festzelten stattfinden, weisen wir auch explizit auf die Muster-Richtlinie über den Bau und Betrieb Fliegender Bauten hin, die ebenfalls wie die MVStättVO von der Bauministerkonferenz herausgegeben wird.
So ist die jeweilige Versammlungsstättenverordnung eine Sonderbauvorschrift, welche die jeweilige Landesbauordnung ergänzt.
Ob es sich nun konkret um eine Versammlungsstätte handelt, wird bereits durch die Baugenehmigung festgelegt. Die Personenkapazität und der Zweck bestimmen im Wesentlichen, ob die bauliche Anlage eine Versammlungsstätte ist und somit in den Anwendungsbereich der MVStättVO fällt. Dabei können Versammlungsstätten Gebäude mit Versammlungsräumen oder bauliche Anlagen im Freien sein. Oftmals werden jedoch Gebäude zweckentfremdet. Es kann sein, dass diese baulich nicht als Versammlungsstätte ausgelegt sind, jedoch den Maßgaben der Versammlungsstättenverordnung entsprechen.
Häufige Beispiele sind
Die erwähnten Bauten müssen zumindest für eine temporäre Nutzungsänderung genehmigt werden, wenn sie nicht als Versammlungsstätten ausgelegt sind. Die Veranstaltung, respektive der Betrieb, ist ansonsten nicht nur illegal, sondern es werden aufgrund fehlender Sicherheitseinrichtungen und -maßnahmen, vor allem Menschen einem höheren Risiko ausgesetzt.
Die Versammlungsstättenverordnungen können ebenfalls (in Teilen) Anwendung bei Veranstaltungen im Freien sowohl in stationären baulichen Anlagen als auch auf öffentlichen Freiflächen finden. Dies trifft zu, wenn Kriterien zum Besucherbereich, Szenenflächen oder baulichen Anlagen erfüllt werden.
Ausführungsbestimmungen zu Materialien und Bauteilen, um eine Brandausbreitung zu verlangsamen und hierdurch eine Evakuierung zu ermöglichen.
Festlegung der notwendigen Breiten und Längen, um eine sichere, zügige Evakuierung durchführen zu können. Der personenbezogene Maßstab wird auch aufgrund der möglichen Verrauchungsverhältnisse festgesetzt. Ein Gebäude verraucht schneller, sodass weniger Zeit für die Evakuierung bleibt.
Um eine Evakuierung im Schadensfall auch bei Ausfall der regulären Beleuchtung zu ermöglichen, macht die MVStättVO Vorgaben hierzu. Sie werden in der DIN VDE V 0108-200 (VDE V 0108-200): 2018-12 konkretisiert.
Für alle Versammlungsstätten wird als Betriebsvorschrift, das Freihalten der Rettungswege bestimmt, um die zu § 7 beschriebene Evakuierung auch durchführen zu können.
Im Rahmen des Brandschutzes werden Zündquellen ausgeschlossen.
Essenzieller Bestandteil der Organisationsstruktur ist der Betreiber bzw. eine von ihm beauftragte Funktion, dem Veranstaltungsleiter. Dessen Aufgaben und Pflichten werden hier festgelegt. Die Veranstaltungsleitung ist bei Unfällen der erste Ansprechpartner für beteiligte Personen und muss bei Fehlverhalten gegebenenfalls auch mit rechtlichen Konsequenzen rechnen.
Um Gefahren durch die Veranstaltungstechnik auszuschließen, werden Qualifikationen (in Abhängigkeit der örtlichen Verhältnisse und der Veranstaltung) und Aufgaben entsprechender Funktionsträger definiert. Auch werden die Bedingungen formuliert, bei denen die Aufgabenerfüllung durch eine Sachkundige Aufsichtsperson (SAP) ausreicht.
Ein Sicherheitskonzept wird zumindest nach MVStättVO nicht zwingend in jeder Versammlungsstätte gefordert. Wenn nach Absatz (2) die Kriterien jedoch erfüllt werden, muss der Betreiber im Einvernehmen mit den Behörden ein Sicherheitskonzept als Teil der Betriebsvorschriften aufzustellen.
Aufgrund der Komplexität des Veranstaltungsrechts können Fehler entstehen. Wir geben Ihnen einen Überblick und erklären, wie Sie die Fehler vermeiden können.
Ebenso wie bei jeder Veranstaltung individuell geprüft werden muss, welche gesetzlichen Verordnungen gelten, muss auch im Einzelfall entschieden werden, welche Rollen und Aufgaben für die jeweilige Veranstaltung relevant sind. Nicht bei jeder Veranstaltung müssen alle Funktionen besetzt werden. Für einen besseren Überblick listen wir Ihnen die wichtigsten Rollen und Aufgaben bei Veranstaltungen auf:
Diese beiden Rollen (Veranstaltungsleitung und SAP) sind Pflichtenträger: Das bedeutet, dass die jeweilige Person im Rahmen eines Unternehmens eine fachkundige und persönlich geeignete, schriftlich delegierte Person sein muss, die die Pflichten des Unternehmens übernimmt. In diesem Fall sind die Pflichten des Unternehmens die Gewährleistung der Sicherheit, Anwesenheit, Aufsicht, Kontrolle und Durchsetzung der Sicherheitsanforderungen.
Darüber hinaus gibt es noch weitere Aufgaben, die der Unternehmer entsprechend des Landesrechts an Fachpersonal delegieren kann:
Die großen Aufwendungen und Planungen rund um eine Veranstaltung ermöglichen Ihren Besucherinnen und Besuchern ein unbeschwertes Erlebnis. Dafür lohnt es sich, das eigene Wissen über Sicherheitsbelange bei Veranstaltungen aufzufrischen oder zu vertiefen.
Die Veranstaltungsleitung, die “Sachkundige Aufsichtsperson” sowie das Betriebspersonal müssen sowohl vor Aufnahme ihrer Tätigkeit als auch danach mindestens einmal pro Jahr entsprechend unterwiesen werden.
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