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Zwei Personen nehmen an einer Mitarbeiterbefragung teil
Jede Meinung zählt

Mitarbeiterbefragung: Wichtiges Stimmungsbarometer

1. August 2017

Noch laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren, doch Ende des Jahres beginnt die heiße Phase: Die mehr als 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von TÜV NORD sollen ihre ehrliche Einschätzung zu Unternehmen, Strategie, Vorgesetzten und Arbeitsbedingungen geben. Das ist für #explore Anlass, um mit Jens Ballendowitsch vom Marktforschungsunternehmen GfK über Mitarbeiterbefragungen, ungewisse Zeiten und das unterschiedliche Mitteilungsbedürfnis der Generationen zu sprechen.

#explore: Warum braucht ein Unternehmen eine Mitarbeiterbefragung?
Jens Ballendowitsch: Die Frage nach dem Warum fasziniert mich noch immer, obwohl ich meinen Beruf schon relativ lange ausübe. Niemand würde danach fragen, warum Unternehmen Kundenbefragungen machen. Kein Betrieb kann existieren, ohne dass es die Meinungen und Bedürfnisse seiner Kunden kennt. Und umgekehrt verhält es sich genauso: Wie kann ein Unternehmen erfolgreich sein, wenn es blind und taub ist für die Ansichten der Menschen, die dort arbeiten? Schließlich sind die Mitarbeiter diejenigen, die die Werte, Güter und Dienstleistungen des Unternehmens produzieren.

#explore: Müssen Sie denn Unternehmen davon überzeugen, wie wichtig Mitarbeiterbefragungen sind?
Jens Ballendowitsch: Eher nein. Mitarbeiterbefragungen sind heutzutage in den meisten Unternehmen die Regel. Die eigentliche Überzeugungsarbeit wurde bereits in den 1980er und 1990er Jahren geleistet. Aus meiner Sicht steht für mittelständische oder große Unternehmen gar nicht mehr zur Diskussion, ob es eine Mitarbeiterbefragung geben soll oder nicht. Im Gegenteil, sie ist selbstverständlich geworden und wird meiner Meinung nach sogar immer wichtiger werden.

„Wie kann ein Unternehmen erfolgreich sein, wenn es blind und taub ist für die Ansichten der Menschen, die dort arbeiten?“

Jens Ballendowitsch

#explore: Woran liegt das?
Jens Ballendowitsch: Wir leben und arbeiten in einer Zeit, die im Zuge der Digitalisierung von Unsicherheit, Wandel, Ungewissheit und Unstrukturiertheit geprägt ist. Alles geht immer schneller, Unternehmen verschwinden, neue tauchen auf. Wir sind nicht mehr in einer so stabilen Phase wie vielleicht noch vor 20, 30 Jahren, wo alles relativ absehbar war.

#explore: Was bedeutet das konkret?
Jens Ballendowitsch: Unternehmen müssen sich diesen neuen Herausforderungen stellen und anpassen. Denn auch die Kunden der Unternehmen verändern sich. Nicht zuletzt wegen der vielen Möglichkeiten, die zum Beispiel das Internet bietet. Damit ein Unternehmen flexibel reagieren kann, müssen die Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden, dass sich jeder einzelne Mitarbeiter auf die Veränderungen einstellen kann. Eine umfassende Mitarbeiterbefragung kann Aufschluss darüber geben, ob zum Beispiel das Team die möglicherweise geänderte Unternehmensstrategie versteht und mitträgt.

#explore: Haben diese Befragungen eine hohe Akzeptanz bei den Beschäftigten?
Jens Ballendowitsch: Ganz generell liegt die Beteiligungsquote von Mitarbeiterbefragungen in Deutschland zwischen 60 und 70 Prozent. Viele Arbeitnehmer erwarten auch einfach eine Befragung, denn das ist die Möglichkeit, um strukturiertes Feedback zu geben. Besonders bei der internetaffinen, jungen Generation genügt ein Blick in die sozialen Medien: Bei Facebook, Xing, LinkedIn oder Kununu sieht man, was die Leute über ihren Arbeitgeber denken. Dahinter steht eine große Bereitschaft, Feedback zu geben.

#explore: Wie geht ein Unternehmen idealerweise mit den Rückmeldungen um?
Jens Ballendowitsch: Das wichtigste ist, die Ergebnisse transparent zu machen. Alles andere macht keinen Sinn. So kann zum Beispiel während der Ergebnispräsentation ein Mitarbeiter sehen, der die Strategie nicht verstanden und mit niemanden darüber gesprochen hat, dass es vielleicht vielen anderen Kollegen genauso geht. Diese Information hilft dem Unternehmen in dem es dann Maßnahmen entwickeln kann, um die Strategie verständlicher zu vermitteln.

#explore: Wie viel Zeit vergeht von der Entwicklung des Fragenkatalogs bis zur Auswertung?
Jens Ballendowitsch: Das kommt immer auf die Größe des Unternehmens an. Bei TÜV NORD haben wir Ende 2016 mit der Planung begonnen, die Ergebnisse werden Anfang 2018 vorliegen. Doch ein Ende der Mitarbeiterbefragung ist dann noch nicht in Sicht. Von einem Abschluss kann man eigentlich erst sprechen, wenn die nächste Befragung beginnt. Denn der Change-Prozess ist kontinuierlich und fließend.

#explore: Warum machen regelmäßige Mitarbeiterbefragungen Sinn?
Jens Ballendowitsch: Ganz klar – um die Ergebnisse vergleichen zu können. Nur so sehen Unternehmen, ob ihre Maßnahmen fruchten, ob die Mitarbeiter langfristig zufrieden sind. Denn bei einer Befragung geht es nicht nur darum, Schwachstellen aufzudecken, im Gegenteil. So kommen auch die positiven Seiten ans Licht und das schafft Stolz, Einigkeit und eine gute Basis für die Zukunft.

ZUR PERSON

Jens Ballendowitsch ist bei dem Marktforschungsunternehmen GfK als Senior Consultant im Bereich Employee & Organisational Research tätig. Im Klartext: Er erforscht, wie Mitarbeiter denken und fühlen.