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Steckbrief

Kerstin Herter: Die Stimme gegen digitalen Stress

04. März 2021

Durchschnittlich verbringt ein Mensch fast vier Stunden pro Tag allein am Handy. Die gesundheitlichen Risiken, die mit der intensiven Mediennutzung einhergehen, werden aber häufig ignoriert. So sind etwa die Augen oft überfordert: Reizungen, Überanstrengung und Stress sind die Folgen. Kerstin Herter möchte auf diese Probleme aufmerksam machen. Ihr Konzept „STRESSFREI.digital“ soll die Menschen dabei unterstützen, einen gesünderen Umgang mit digitalen Medien zu entwickeln.

Name: Kerstin Herter

Alter: 41

Beruf: Augenoptikerin, Diplom-Betriebswirtin, Autorin

Website: www.stressfrei.digital

Was ist STRESSFREI.digital?

STRESSFREI.digital ist ein Konzept zur Reduktion von digitalem Stress im Berufs- und Privatleben. Wir unterstützen Unternehmen und Privatpersonen dabei, digitalen Stress zu reduzieren und die Balance zwischen Digitalisierung und Gesundheit zu meistern.

Wie ist die Idee zu STRESSFREI.digital entstanden?

Der Stein des Anstoßes war eine Kundin, die mich als Optikerin um Rat fragte, weil sie infolge intensiver Mediennutzung gesundheitliche Probleme hatte. In diesem Moment ist mir bewusst geworden, dass unser Körper nicht auf die Bildschirmflut der digitalen Welt vorbereitet ist. Unsere Augen sind für Jäger und Sammler gemacht und nicht für den ständigen Blick auf digitale Bildschirme. Bei dauerhaft intensiver Mediennutzung sind unsere Augen überfordert und reagieren mit Reizungen, Überanstrengung und schlimmstenfalls mit einer Verschlechterung der Sehkraft. Seitdem ist es meine Mission als Optikerin, Menschen zu einem bewussten und gesunden Umgang mit digitalen Medien zu verhelfen.

Dieses Thema hat bisher deshalb so wenig Aufmerksamkeit erfahren, weil …

… den meisten Menschen nicht bewusst ist, dass unsere Augen das Sinnesorgan Nummer eins in der digitalen Welt sind. Sie werden oft unterschätzt, obwohl sie in Zeiten der Digitalisierung wichtiger sind denn je! Denn das Auge surft immer mit. Die Digitalisierung ist heute also nicht mehr nur ein technischer Meilenstein. Sie wird zudem zur gesundheitlichen Herausforderung.

Wer muss mehr Verantwortung übernehmen: wir selbst, unsere Arbeitgeber oder sogar die Politik?

Sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber sind in der Pflicht, digitalen Stress zu reduzieren. Jeder Einzelne sollte das als Gesundheitsprävention sehen, und Arbeitgeber sollten ihre Mitarbeiter proaktiv unterstützen und dabei helfen, den Arbeitsalltag stressfrei zu gestalten. Digitale Stressreduktion startet allerdings nicht erst im Erwachsenenalter – sondern schon bei den Jüngsten. Gerade beim Schutz der Kinder sehe ich die Politik in der Mitverantwortung: Schülerinnen und Schüler sollten einen achtsamen Konsum erlernen, der es erlaubt, digitale Medien zu nutzen, gleichzeitig aber eine gesunde Zukunft sichert.

Was müssen wir bei der vermehrten Nutzung von digitalen Endgeräten unbedingt beachten?

Das Auge ist untrennbar mit der digitalen Welt verbunden. Möchten wir unsere Augen schützen, müssen wir sie fit für den Tag am Bildschirm machen. Schon kleine Veränderungen unserer täglichen Routine können große Erfolge bringen und gesundheitliche Risiken minimieren. Der Start gelingt hier am besten mit einer Mischung aus regelmäßigen Bildschirmpausen, ausreichend viel Sonnenlicht, bewussten Blickwechseln und dem Frischekick durch häufiges Blinzeln.

Was ist der konkrete Inhalt Ihrer neuen gemeinnützigen Initiative „Digitaler Durchblick: Gesund am Bildschirm“?

„Digitaler Durchblick: Gesund am Bildschirm“ ist eine Schulinitiative für Lehrer, Eltern und Schüler mit dem Ziel, den Umgang mit digitaler Mediennutzung zu verbessern. Besonders für Kinder stellen digitaler Konsum und die damit verbundene Bildschirmzeit ein hohes Gesundheitsrisiko dar. Wir sensibilisieren für die Thematik, klären auf und unterstützen Verantwortliche dabei, digitalen Stress zu reduzieren und die Gesundheit von Schülerinnen und Schülern nachhaltig zu sichern. Im Rahmen der Initiative stellen wir kostenlos einen Ratgeber mit wertvollen Infos und Tipps zur Verfügung. Dieser ist online erhältlich unter www.digitaler-durchblick.de.

Warum ist dieses Thema gerade jetzt so aktuell wie nie?

Unsere vernetzte Welt entwickelt sich rasend schnell und verlangt von der jungen Generation eine immer intensivere Mediennutzung. Heranwachsende sind dem Strudel des digitalen Konsums oftmals schutzlos ausgesetzt. In vielen Fällen haben sie keine andere Chance, als täglich auf Displays zu starren. Stunde um Stunde kleben ihre Augen auf den Bildschirmen – und das hinterlässt mitunter massive Spuren. Trotz bester Absichten fehlt vielen Lehrern, Eltern und Bezugspersonen jedoch selbst das Wissen, das für eine digitale Balance nötig ist. Daher ist es unser Ziel und unsere Herzensangelegenheit, dies mit der Initiative „Digitaler Durchblick“ zu ändern.

Die Digitalisierung schreitet voran: Nachfolgende Generationen werden vermutlich von noch mehr Screens und Geräten umgeben und in noch mehr Netzwerken aktiv sein. Werden sie überhaupt die Chance haben, selbst über ihre Bildschirmzeit zu bestimmen?

Der Puls unserer Zeit schlägt digital. Bereits heute hat der digitale Konsum zahlreiche Nebenwirkungen, und die Zukunftsaussichten für unsere Gesundheit sind beunruhigend. Der Grad der Digitalisierung wird steigen, und durch Daten-Brillen wird das Display der Zukunft bald direkt vor unsere Augen rücken und das Stresslevel dadurch deutlich erhöhen. Wir können uns dem Digitalen nicht entziehen, und daher müssen wir schon heute eine gesunde digitale Zukunftsstrategie entwickeln. Denn wie bereits erwähnt: Das Auge ist untrennbar mit der digitalen Welt verbunden. Neue Entwicklungen sind deshalb nur dann großartig, wenn unsere Augen genauso leistungsfähig sind wie die Technik.

Was sind Ihre Pläne für die Zukunft von STRESSFREI.digital?

Unsere Mission ist es, den Umgang mit digitalen Medien neu zu definieren und Menschen in ihrem Berufs- und Privatleben genau dabei zu begleiten. Denn vielen Menschen fehlt in der heutigen Zeit das Wissen, den schmalen Grat zwischen moderner Arbeitswelt und Achtsamkeit im Umgang mit digitalen Medien zu meistern. Unser Zukunftsziel ist es, das digitale Leben zu revolutionieren, indem wir alle Generationen mit unserem Wissen erreichen – und jedem Menschen damit ein stressfreies digitales Leben ermöglichen!

Die größte Herausforderung ist …

… digitales Leben und Gesundheit zu vereinbaren.

Welches digitale Produkt muss erst noch erfunden werden?

Die komplett automatisierte Haushaltshilfe – so wie Rosie aus der 80er-Jahre-Serie „Die Jetsons“.

Auf welches könnten Sie verzichten?

E-Book-Reader. Ich liebe es nach wie vor, in Büchern zu schmökern.

Welche technische Anwendung wird Ihnen immer ein Rätsel bleiben?

Der Roboter, der den Rubik-Zauberwürfel in 0,38 Sekunden löst. Dafür habe ich meine halbe Jugend gebraucht.

Wann waren Sie das letzte Mal 24 Stunden offline?

Das war im Bergurlaub 2009. Damals hatte ich das Ladekabel meines Handys vergessen und war mangels Alternativen auf der Hütte zur Zwangspause verdonnert.

Urlaub ohne WLAN: Traum oder Albtraum?

Die ersten drei Tage ein Albtraum. Danach ein Traum.

Im #explore-Format „Steckbrief“ kommen regelmäßig spannende und inspirierende Menschen aus der digitalen Szene zu Wort: Forscher*innen, Blogger*innen, Start-up-Gründer*innen, Unternehmer*innen, Hacker*innen, Visionäre und Visionärinnen.

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