10. November 2022
Mal eben zurück in die Vergangenheit reisen, um die Weichen im eigenen Leben neu zu stellen oder gleich die ganze Menschheit zu retten. Ins Jahr 2323 jetten, um zu schauen, ob mittlerweile Roboter die Erde beherrschen: Seit H. G. Wells‘ Roman „Die Zeitmaschine“ von 1895 träumt die Menschheit vom Trip zurück in die Zukunft. Aber sind Zeitreisen überhaupt möglich?
Mit dieser Frage hat sich bereits niemand Geringeres als Albert Einstein beschäftigt. Die Antwort des Vaters der Relativitätstheorie: Zeitreisen sind möglich. Zumindest theoretisch. Und nur in eine Richtung. Eine Methode, die etwa der US-Physiker Brian Greene beschreibt: Wir könnten an den Rand eines Schwarzen Loches reisen. Dort wird die Zeit bis zum Stillstand verlangsamt. Grund dafür ist die gewaltige Gravitation Schwarzer Löcher. Würde man sich dort eine Stunde aufhalten und käme zurück auf die Erde, wären dort Jahre oder Jahrzehnte vergangen. Der Haken dabei: Das nächste bekannte Schwarze Loch ist rund 1.000 Lichtjahre von uns entfernt. Und würde man es erreichen, käme man wegen seiner unerhörten Anziehungskraft nie wieder weg. Ohnehin dürfte man den Besuch nicht überleben. Denn unsere Körper würden in die Länge gezogen – bis zum Zerreißen. Ein so faszinierendes wie unangenehmes Phänomen, das Stephen Hawking als „Spaghettisierung“ bezeichnet hat.
Eine Frage der Geschwindigkeit
Zeitreise-Aspirantinnen und -Aspiranten, die auf diese Erfahrung gerne verzichten möchten, können es alternativ mit sehr hohen Geschwindigkeiten versuchen. Gemäß Einsteins Relativitätstheorie vergeht die Zeit für Objekte in Ruhe schneller als für solche in Bewegung. Für Raumfahrende gehören Zeitreisen daher quasi zum Berufsalltag. Allen voran Gennadi Padalka: Insgesamt 879 Tage ist der Kosmonaut auf der Mir und der ISS um die Erde gerast. Während dieser zweieinhalb Jahre ist er weniger gealtert als wir anderen auf der Erde – und zwar um den 44. Teil einer Sekunde. Anders gesagt: Gennadi Padalka ist für den Bruchteil einer Sekunde in die Zukunft gereist.
Sollten wir jemals in der Lage sein, mit annähender Lichtgeschwindigkeit zu fliegen, wären auch wesentlich längere Zeitreisen machbar. Auf einem Trip zum rund 500 Lichtjahre entfernten Planeten Kepler-186f und wieder zurück würden Raumfahrende nur rund zehn Jahre altern – während auf der Erde ein Jahrtausend vergeht.
Bislang bleiben Reisen mit nahezu Lichtgeschwindigkeit allerdings den ganz kleinen Teilchen vorbehalten. Beispielsweise den Protonen, die etwa im Large Hadron Collider bei Genf mit gewaltigen Elektromagneten auf Tempo gebracht werden. Ein Objekt von der Größe und Masse eines Raumschiffs auf solche Geschwindigkeiten zu beschleunigen würde dagegen völlig neue Baumaterialien, Antriebe und unvorstellbare Energiemengen erfordern.
Kein Weg zurück?
Unterm Strich wären also gewaltige technische Herausforderungen nötig, die allerdings noch lösbarer sein könnten als Zeitreisen in die Vergangenheit. Diese halten die meisten Physikerinnen und Physiker schlicht für unmöglich. Stephen Hawking hat die Probe aufs Exempel gemacht. Er lud 2009 zu einer Party – verschickte die Einladungen aber erst nach der Feier. Doch die erhofften Zeitreisenden aus der Zukunft tauchten nicht auf. Der Physiker blieb auf Häppchen und Champagner sitzen. Ein möglicher Beweis dafür, dass Zeitreisen in die Vergangenheit nicht machbar sind. Aber wer weiß: Vielleicht hatten die eingeladenen Zukunftsgäste ihre Zeitmaschinen falsch kalibriert, hatten Probleme mit dem Fluxkompensator oder waren einfach anderweitig verhindert.
Entdeckt, erklärt, erzählt: Der Podcast von #explore
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