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Gute Frage, nächste Frage

Warum sind wir im Frühjahr oft müde?

13. April 2023

Müde, erschöpft, wackeliger Kreislauf und nachts will sich der Schlaf einfach nicht einstellen: Viele Menschen haben im Frühling mit Müdigkeit zu kämpfen. Aber woher kommt sie überhaupt, die Frühjahrsmüdigkeit?

 

 

Rund ein Viertel aller Menschen in Deutschland hat alljährlich mit Frühjahrsmüdigkeit zu tun, so der Schlafmediziner Werner Cassel von der Universität Marburg. Dafür gibt es gleich mehrere Gründe: In der kalten Jahreszeit wechselt unser Körper in den Wintermodus. Uns gelüstet mehr nach fettreicher Nahrung – und das nicht nur an den Weihnachtsfeiertagen. Obst und Gemüse stehen für den Körper dagegen weniger hoch im Kurs. Daher kann es uns im Laufe des Winters an B-Vitaminen, Eisen, Magnesium, Zink und Vitamin C mangeln. Diese Vitamine und Spurenelemente brauchen wir aber, wenn wir bei frühlingshaftem Wetter wieder aktiver sein wollen.

 

Hormonturbulenzen

Überhaupt braucht der Körper ein wenig Zeit, um sich auf die veränderten Umgebungsbedingungen einzustellen: Bei wärmerem Wetter weiten sich die Blutgefäße, der Blutdruck fällt ab. Das kann zu Müdigkeit oder Kreislaufproblemen führen. Auch der Hormonhaushalt gerät im Frühling erst einmal aus dem Takt: Über die dunkle Jahreszeit steigt die Konzentration des Schlafhormons Melatonin im Blut, gleichzeitig sinkt der Pegel des „Gute-Laune-Hormons“ Serotonin – für Fachleute einer der Gründe für Winterdepressionen. Werden die Tage wieder länger und heller, geht es für den Hormonhaushalt in die Gegenrichtung: Serotonin rauf, Melatonin runter. Das bringt unseren Organismus durcheinander. Bis zu einem Monat kann es dauern, bis er sein Gleichgewicht wiedergefunden hat, so Schlafforscher Cassel.

Zu wenig Haut zeigen

Nicht nur Serotonin erfordert Tageslicht: Das gilt ebenso für Vitamin D. Davon haben viele Menschen in der nördlichen Hemisphäre im Winter zu wenig. Denn unser Körper kann dieses Vitamin nur selbst bilden, wenn Sonnenlicht auf seine Haut fällt – und die zeigen wir im Winter außerhalb der Wohnung üblicherweise nur sehr sparsam. Gut ist: Einem Vitamin-D-Mangel kann man mit entsprechenden Präparaten entgegensteuern! Das macht auch weniger müde, wie eine Studie gezeigt hat. Allerdings braucht es mehrere Wochen, bis die Speicher wieder gefüllt sind.

 

Schluss mit dem Winterschlaf

Nicht zuletzt schlafen wir im Winter länger. Und zwar im Schnitt 20 bis 45 Minuten, so Schlafmediziner Cassel. Das ändert sich mit dem Frühling, wenn die Tage länger und wir alle unternehmungslustiger werden und uns die Morgensonne – je nach Blickdichte der Vorhänge – auch mal vor dem Weckerklingeln aus dem Schlaf holt. Hinzu kommt die Zeitumstellung Ende März. Eine Stunde früher aufstehen zu müssen kann besonders den Schlaf-wach-Rhythmus von Nachteulen oder Schichtarbeitenden durcheinanderbringen. Die meisten Menschen haben das aber nach etwa zwei Wochen überwunden, so Schlafforscher Cassel. Die Frühjahrsmüdigkeit verfliegt üblicherweise ebenfalls nach zwei bis vier Wochen. Halten sich Erschöpfung und vor allem Niedergeschlagenheit hartnäckiger, sollte man einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchen, so TÜV NORD-Psychologe Ralf Buchstaller. Denn dann kann es sich um eine Depression handeln.

 

Richtig essen – und raus ins Helle!

Gegen die Frühjahrsmüdigkeit kann man jedoch auch anessen. Dann sollte man auf Käse, Eier, Fleisch, Fisch, Hülsenfrüchte oder Nüsse setzen, am besten in Kombination mit kohlenhydratreichen Lebensmitteln wie Kartoffeln, Nudeln, Reis und Co. Erstere enthalten viel Tryptophan, eine Vorstufe von Serotonin. Wenn man Letztere isst, wird Insulin gebildet. Das sorgt dafür, dass das Tryptophan die Blut-Hirn-Schranke passieren darf und so im Hirn in körpereigenes Serotonin umgewandelt wird. Übrigens: Ananas, Kiwi, Pflaumen oder Bananen sind gesund, machen aber entgegen landläufiger Meinung nicht glücklicher. Sie enthalten zwar von Natur aus Serotonin, das kommt allerdings nicht an der besagten Blut-Hirn-Schranke vorbei, kann also im Hirn keine Wirkung entfalten. Das beste Mittel gegen Frühjahrsmüdigkeit gibt es gleich vor der eigenen Haustür, und das ganz umsonst: Licht! Das kurbelt die Produktion von Serotonin und Vitamin D an. Und fährt im Gegenzug die Produktion des Schlafhormons Melatonin herunter. Wer täglich an der frischen Luft spaziert oder mit dem Rad zur Arbeit fährt, kommt schneller heraus aus der Frühjahrsmüdigkeit. Auch die Treppe anstatt den Aufzug zu nehmen hilft gegen andauerndes Gähnen. Wechselduschen oder Saunabesuche können den Kreislauf zusätzlich ankurbeln. Letztere sind überhaupt ein gutes Gegenmittel gegen wechselwarmes Aprilwetter.

 

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