Druckgerätesicherheit
Mit welchen Herausforderungen sind Verschraubungsmonteur:innen konfrontiert und wie erlangen sie das notwendige Fachwissen?
Zum Blog Wissen kompaktWas hat die Arbeit in einer Fischfangflotte mit dem Verschrauben von Flanschverbindungen zu tun? Nichts.
Umso erstaunter war Jens Teichmann, dass der Mann, den ihm ein Personaldienstleister als Verschraubungsmonteur vermittelt hatte, die letzten zehn Jahre mit der Verarbeitung von frisch gefangenen Fischen verbracht hatte. Mit Flanschverbindungen hatte er noch nie zu tun gehabt.
Früher erlebte der Qualitätsmanager und Referent öfter solche Fälle. Heute wären sie undenkbar. Denn wer heute in einer Raffinerie Dichtverbindungen montiert, braucht zwingend ein sogenanntes Flanschenzertifikat. Der Weg dahin führt über eine Weiterbildung zum/zur Verschraubungsmonteur:in nach DIN EN 1591-4.
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Verschraubungsmonteur:innen montieren Schraubverbindungen in druckbeaufschlagten Systemen. Bei Arbeiten in Raffinerien, Kraftwerken oder chemischen Anlagen spielen sie eine Schlüsselrolle, denn in diesem Umfeld sind keine Kompromisse bei der Dichtigkeit von Verbindungen erlaubt. Entsprechend hoch sind die Anforderungen an die Kenntnisse von Verschraubungsmonteur:innen.
Studien zufolge lassen sich etwa 70 % aller Leckagen auf unzureichend aufgebrachte Schraubenkraft zurückführen. Die Folgen reichen von teuren Stillständen bis hin zu Explosionen und folgenschweren Unfällen. „Wenn Benzine oder Gase austreten und auf ungünstige äußere Einflüsse treffen, fliegt Ihnen eine Anlage schnell um die Ohren“, konstatiert Jens Teichmann.
Um solche Szenarien zu verhindern, ist umfassendes Wissen notwendig. Schließlich gibt es in Raffinerien oder chemischen Anlagen eine immens hohe Zahl verschiedener Schraubverbindungen und Dichtungen. Verschraubungsmonteur:innen müssen genau wissen, wie sie jede einzelne Flanschverbindung überprüfen, demontieren, montieren und anziehen. Sie müssen in der Lage sein, die richtige Schraubenkraft zu berechnen und eine übermäßige Spannung zu vermeiden.
Um auf Nummer sicher zu gehen, dass das notwendige Fachwissen in Dichtungstechnik vorhanden ist, verlangen immer mehr Anlagenbetreiber von Dienstleistern ein sogenanntes Onboarding. Das heißt, sie lassen alle oder ausgewählte Mitarbeitende von Dienstleistern Prüfungen absolvieren. Das Herstellen von Flanschverbindungen ist ein zentraler Teil solcher Prüfungen.
Davon abgesehen, betont Jens Teichmann, komme ein:e Schlosser:in ohne Flanschenzertifikat heute gar nicht mehr auf das Gelände einer Raffinerie.
Der Weg zum begehrten Flanschenzertifikat führt über eine Weiterbildung nach DIN EN 1591-4. Im Folgenden gehen wir näher auf ihre Inhalte und Struktur ein.
Die Weiterbildung zum/zur Verschraubungsmonteur:in eignet sich vor allem für Techniker:innen in der Industrie, Monteur:innen und verantwortliche Ingenieur:innen, die an Flanschverbindungen in druckführenden Systemen arbeiten, also in erster Linie in Raffinerien oder chemischen Anlagen.
Weil sich Verschraubungsmonteur:innen in ihrer Arbeit keine Unsicherheit erlauben können, sind die Inhalte einer Weiterbildung nach DIN EN 1591-4 breit gefächert.
Gleich zu Beginn lernen Teilnehmer:innen, wann und wie sie an Elementen in einer Raffinerie arbeiten dürfen. Schließlich brauchen sie für jede Tätigkeit eine Arbeitsfreigabe.
Anschließend kommen die vielen verschiedenen Druckarten in einer Raffinerie, Flanschen und Normen, Materialien, Arbeitsvorgänge und weitere relevante Themen zur Sprache. „Alles, was bei der Arbeit als Verschraubungsmonteur:in vorkommen kann, wird in der Weiterbildung geschult“, fasst Jens Teichmann zusammen.
Am Ende der Flanschenschulung steht eine Prüfung beziehungsweise, wie es die DIN EN 1591-4 nennt, eine Bewertung der Befähigung. Diese besteht aus zwei Teilen:
Für den praktischen Teil kommt ein sogenannter Flanschenbaum mit unterschiedlichen Dichtverbindungen zum Einsatz. Teilnehmer:innen müssen an diesem Flanschenbaum verschiedene Aufgaben abarbeiten.
Haben sie diese Aufgaben alle bestanden und ihr Fachwissen in Dichtungstechnik nachgewiesen, erhalten sie das begehrte Flanschenzertifikat. Dieses gilt 5 Jahre, dann ist eine Auffrischung notwendig.
Tipp: Für Techniker:innen in Raffinerien und chemischen Anlagen besteht die Möglichkeit, das Seminar inhouse an eigenen Anlagen durchzuführen.
Die Zeit für einen Stillstand in einer Raffinerie oder chemischen Anlage ist knapp bemessen. Wird sie überschritten, weil Dienstleister Wartungen, Reparaturen oder Umbauten nicht rechtzeitig fertiggestellt haben, drohen hohe Vertragsstrafen.
Einen solchen Fall zu verhindern, ist in erster Linie die Aufgabe von Verschraubungsmonteur:innen. Sie erledigen das Kerngeschäft während eines Stillstands. Voraussetzung dafür ist eine Weiterbildung nach DIN EN 1591-4. Nur damit haben Techniker:innen und Monteur:innen das notwendige Rüstzeug, um diese anspruchsvolle Aufgabe zu erledigen und dafür zu sorgen, dass Anlagen fristgerecht wieder in Betrieb gehen. Die Arbeit in einer Fischfangflotte ist dagegen nicht geeignet als Vorbereitung.
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