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Gute Frage, nächste Frage

Wie überwintern Insekten?

02. November 2023

Bären verziehen sich in ihre Höhlen, viele Vögel früh genug in den Süden. Aber wie überleben Insekten den Winter?

 

Weit gereiste Wanderfalter

Schmetterlinge wirken wie Schönwetterflieger für die Kurzstrecke. Doch der Admiral beispielsweise legt im Herbst mehrere Tausend Kilometer nach Südeuropa oder Nordafrika zurück. Dazu steigt er auf in höchste Höhen und lässt sich dort von flotten Winden davontragen, um selbst weniger flattern zu müssen. Den Reiserekord unter den Schmetterlingen hält der Distelfalter, der von Europa aus das Mittelmeer, die Berge Nordafrikas und die Sahara überquert, um nach rund 4.000 Kilometern die Sahelzone zu erreichen, wo es auch über den europäischen Winter hinweg mollig warm ist.

 

Zitronenfalter – Frostschutzmittel in den Adern

Andere Schmetterlingsarten können mit den frostigen Bedingungen umgehen und verbringen auch den Winter zu Hause. Der Zitronenfalter nutzt dazu ein körpereigenes Frostschutzmittel: Das besteht vor allem aus Glycerin. Mit diesem Zuckeralkohol senkt der Falter den Gefrierpunkt seiner Körperflüssigkeiten, der sogenannten Hämolymphe, ab. Sobald es kalt wird, scheidet er außerdem so viel Wasser wie möglich aus und hält nur das Nötigste zurück. Denn je geringer das Wasservolumen im Körper, desto später kristallisiert es zu Eis. So sorgen die Falter dafür, dass ihnen auch bei Temperaturen von minus 20 Grad nicht die Hämolymphe in den Adern gefriert. Diese Winterhärte brauchen sie auch. Denn während Tagpfauenaugen oder Kleine Füchse in Höhlen, Kellern oder Dachstühlen Zuflucht suchen, harren die Zitronenfalter draußen aus: Hier sitzen sie in Baumspalten, Grasbüscheln oder auf der Unterseite von Brombeerblättern und lassen sich auch von einer unfreiwilligen Schneemütze nicht aus der Winterstarre bringen.

 

Honigbienen – alle für eine

Eine Bienenkönigin wird bis zu fünf Jahre alt. Verantwortlich dafür, dass sie die kalte Jahreszeit überlebt, sind die sogenannten Winterbienen. Anders als die Sommerbienen segnen die nicht bereits nach sechs Wochen das Zeitliche, sondern werden bis zu sieben Monate alt. Weil sie so lange leben, muss im Winter keine neue Bienenbrut herangezogen werden. Das spart Energie und Ressourcen. Nicht zuletzt lässt sich der summende Staat so mit einer kleineren Frauschaft am Laufen halten.

Um ihre kostbare Königin vor der Kälte zu schützen, machen die Bienen gemeinsame Sache. Sie bilden eine Traube um ihre Gnaden, die sie durch die Kontraktion ihrer Muskeln anheizen. In der Mitte um die Königin ist es so bis zu 30 Grad warm – allerbeste T-Shirt-Temperatur. Damit es dabei auch den Arbeiterinnen nicht zu kalt wird, verfahren die Bienen nach dem Rotationsprinzip: Sie wechseln regelmäßig ihre Position in der Traube und wandern von außen nach innen.

 

Hummeln – eine alleine

Anders als Honigbienen sind Hummeln auf der Wiese solo unterwegs. Dennoch leben die pelzigen Hautflügler nicht alleine. Allerdings bestehen Hummelstaaten aus maximal 600 statt aus Zehntausenden Tieren. Und anders als die Honigbienen sterben die Hummeln im Herbst. Alle – bis auf eine: Die Jungkönigin sucht sich nach der Paarung im August einen Maulwurfshügel oder einen Komposthaufen oder gräbt sich einfach in die Erde ein. Hier verfällt sie in die Winterstarre und zehrt dabei von den Fettpolstern, die sie sich vorab angefressen hat. Geschützt wird sie vor der Kälte durch ihre pelzige Behaarung und das körpereigene Frostschutzmittel Glycerin. Durch diese Winterausstattung leben Hummeln in kälteren Regionen länger als Honigbienen und sind sogar in der Arktis zu Hause. Möglich macht das nicht zuletzt ihre eingebaute Standheizung: Durch Vibration ihrer Brustmuskulatur schütteln sich Hummeln selber warm und bringen sich so auf Betriebstemperatur. Die aus der Winterstarre erwachte Königin ist daher in der Lage, schon bei Temperaturen von zwei Grad über null Schneeglöckchen oder andere Frühblüher anzusteuern.

 

Ameisen – ab in den Untergrund

In tropischen Regionen sind Ameisen das ganze Jahr über in Aktion. Hierzulande ziehen sie sich ab Anfang Oktober in das Innere ihres Nestes zurück – zwei Meter tief unter der Erdoberfläche. Vorab dichten die emsigen Insekten ihren Ameisenhügel gegen Schnee und Regen ab. Wie die Zitronenfalter produzieren sie Glycerin und scheiden überflüssiges Wasser aus. Dann fahren sie ihre Stoffwechsel herunter und verfallen in die Winterstarre. Im März geht es dann los in die neue Saison. Erst kommen Arbeiterinnen heraus und lassen sich auf der Nestkuppel von der Frühjahrssonne wärmen. Dann kehren sie zurück in den Bau, um als krabbelnde Heizkörper ihre Kolleginnen aufzuwecken.

 

Marienkäfer – Schneewittchen mit Punkten

Einige Marienkäfer machen sich im Herbst auf den Weg in südlichere Gefilde. Andere suchen sich hier ein Winterquartier: Besonders beliebt sind Laubhaufen, aber auch Mauerritzen und Dachböden. Hier bilden sie Gruppen von bis zu 100 Käfern. Vor der Winterstarre entleeren sie ihren Darm, um dem Frost weniger Angriffsfläche zu bieten. Wie Ameise, Hummel und Zitronenfalter produzieren sie außerdem Glycerin und können so auch eisige Temperaturen überstehen. In Städten überwintern Marienkäfer übrigens gerne zwischen den Fenstern oder auf der Fensterbank. Wenn man hier also einen vermeintlich toten Marienkäfer entdeckt: nicht entsorgen oder bestatten! Der kleine Glücksbringer schläft nur und will im Frühjahr wieder auf Blattlausjagd gehen.

 

Entdeckt, erklärt, erzählt: Der Podcast von #explore