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Kurz nachgefragt

Was ist eine eSIM?

09. September 2021

Smartphone auf, SIM-Karte rein: Seit wir Handys haben, hantieren wir mit den kleinen Plastikkarten. Die eSIM soll das ändern. Welche Vorteile sie mit sich bringt und warum sie sich erst langsam durchsetzt, erklärt Marc Le Guin von TÜViT.

#explore: Was ist eine eSIM?

Marc Le Guin: Das „e“ in eSIM steht für „embedded“, also „eingebettet“. Anders als die klassische SIM-Karte ist die eSIM fest auf der Platine des Telefons verbaut. Man muss also keine Karte mehr im Shop kaufen oder online beim Mobilfunkanbieter bestellen. Will ich am Samstagabend einen neuen Vertrag abschließen, kann ich das online erledigen – zehn Minuten später ist der Vertrag auf meinem Smartphone aktiviert. Der große Vorteil für Mobilfunkanbieter: Sie benötigen nur noch einen entsprechenden Webservice. Die gesamte Kartenlogistik und die damit verbundenen Kosten fallen weg. Und wenn mit der physischen SIM-Karte auch der Kartenslot entfällt, können die Handyhersteller ihre Geräte noch kompakter bauen und sie einfacher gegen Staub und Wasser schützen.

„Mit der eSIM kann man seinen Vertrag ganz leicht auf das neue Gerät „umziehen“. Außerdem kann man einfacher mehrere Mobilfunkverträge über dasselbe Handy nutzen.“

Marc Le Guin, stellvertretender Leiter der Abteilung Hardware-Evaluierung bei TÜViT.

Hat die eSIM noch weitere Vorteile?

Sie vereinfacht den Gerätewechsel. Hat man ein Handy mit Micro-SIM und kauft sich ein neues Smartphone, das die kleinere Nano-SIM benötigt, muss man die erst beim Anbieter bestellen. Mit der eSIM kann man seinen Vertrag ganz leicht auf das neue Gerät „umziehen“. Das lästige Jonglieren mit unterschiedlichen SIM-Kartenformaten wird also obsolet. Außerdem kann man einfacher mehrere Mobilfunkverträge über dasselbe Handy nutzen. Bei heutigen Dual-SIM-Handys kann man ja beispielsweise zwischen der beruflichen und der privaten Nummer wechseln. Auf einer eSIM lassen sich technisch auch vier oder fünf Handyverträge bündeln. Die einzige Grenze ist hier der Speicherplatz der kleinen Festplatte, die in der eSIM steckt.

2015 wurde die eSIM erstmals in einer Smartwatch verbaut, 2018 im ersten Handy. Warum hat sich die Technik bislang noch nicht durchgesetzt?

Viele Unternehmen haben sich zunächst gescheut, Vorreiter bei der eSIM zu sein. Denn für die Verbraucherinnen und Verbraucher bedeutet sie zwar im Endeffekt eine Vereinfachung, aber zunächst einmal eine Umstellung – und das ist ja oft mit inneren Widerständen verbunden. In den letzten Jahren hat sich jedoch einiges getan. Die großen Hersteller wie Apple, Google oder Samsung verbauen mittlerweile zumindest in ihren Flaggschiff-Handys neben einem klassischen SIM-Kartenslot auch eine eSIM, um ihren Kundinnen und Kunden so den Übergang zu erleichtern.

Ab September soll man auch den eigenen Personalausweis auf der eSIM speichern können, um sich online bei Behörden auszuweisen. Dürfte sich das Interesse an der eSIM damit noch einmal verstärken?

Wie attraktiv ein solcher Handy-Ausweis ist, hängt natürlich davon ab, was man damit machen kann. Mit dem elektronischen Personalausweis kann ich etwa bereits jetzt mein Auto an- oder ummelden. Das weiß und nutzt aber kaum jemand. Der Handy-Ausweis soll das nun noch bequemer machen. Mittelfristig wäre es natürlich eine tolle Sache, wenn man sämtliche Behördengänge online erledigen kann. Bislang steckt Deutschland bei der Digitalisierung allerdings nach wie vor in den Kinderschuhen. Und die Nutzerinnen und Nutzer sind ebenfalls eher konservativ. Auch wenn viele seit Beginn der Coronapandemie häufiger per Karte zahlen, gehören wir immer noch zu den Ländern, in denen am meisten mit Bargeld bezahlt wird. Das dürfte sich jedoch zunehmend ändern – unsere Kinder wachsen schließlich ganz selbstverständlich mit dem Smartphone auf. Und wenn die Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger gegenüber solchen Angeboten wächst, dürfte das im Gegenzug auch den Ausbau der digitalen Infrastruktur antreiben.

Welche Rolle kann die eSIM in den vernetzten Geräten des Internets der Dinge spielen?

Im Unterschied zum Verbrauchermarkt hat man es hier mit professionellen Anwendern zu tun: Die emotionalen Hürden fallen daher weitestgehend weg. Insofern dürfte sich die eSIM hier deutlich schneller durchsetzen. Andererseits spricht aus meiner Sicht vieles dafür, dass sie nur ein temporärer Zwischenschritt der SIM-Kartenevolution sein wird.

Und was dürfte auf die eSIM folgen?

Für die Smartphone-Hersteller ist die iSIM der nächste logische Schritt. Anders als die eSIM wird diese nicht auf der Platine verbaut, sondern direkt in den Chip des Smartphones integriert. Dadurch verbraucht sie weniger Energie im Betrieb und benötigt noch weniger Platz. Auch die Produktionskosten dürften mit der iSIM sinken. Bis sie auf den Markt kommt, wird es allerdings noch einige Jahre dauern. Die Standardisierungsprozesse sind langwierig, da viele Parteien involviert sind und dabei auch noch zentrale Sicherheitsfragen geklärt werden müssen. Eine eSIM kann analog zu einer klassischen SIM-Karte als einzelnes Modul getestet werden und hat auch ein ähnliches Sicherheitslevel. Wird die SIM-Karte aber in das System des Handys integriert, muss man tendenziell die Sicherheit des ganzen Telefons prüfen. Damit das in der gebotenen Gründlichkeit und zugleich mit einem vertretbaren Aufwand geschehen kann, müssen im Vorfeld die Sicherheitsanforderungen genau definiert und spezifiziert werden. Und das braucht Zeit. Viele Hersteller werden daher einen Mittelweg einschlagen: einerseits verstärkt auf die eSIM setzen, deren Vorteile schon heute verfügbar sind. Und sich andererseits aber auch nicht komplett auf sie konzentrieren, da man hofft, dass in absehbarer Zeit die iSIM folgt.

 

ZUR PERSON

Marc Le Guin ist stellvertretender Leiter der Abteilung Hardware-Evaluierung bei TÜViT.

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