Das neue Medizinprodukterecht in Europa und Deutschland
Im Medizinprodukterecht stehen große Änderungen an. Die neue Medical Device Regulation (MDR) wird die bisherigen Richtlinien im Bereich Medizinprodukte ersetzen. Kein anderes Thema bewegt die Branche derzeit mehr. Die gesetzlichen Vorgaben der neuen europäischen Medizinprodukteverordnung sind nach Ablauf der Übergangsfrist umzusetzen. Die Übergangsfrist endet nach aktuellem Stand im Mai 2021.
Somit sind die neuen Regelungen ab dem 26. Mai 2021 verbindlich anzuwenden. Auch die nationale Gesetzgebung in Deutschland wird neu geregelt. Das neue Medizinprodukrecht-Durchführungsgesetz ersetzt das bisherige Medizinproduktegesetz. Fazit: Alles wird anders! Für Hersteller von Medizinprodukten ist es wichtig, sich in den vielen neue Aspekten und Themen zur geänderten Gesetzeslage zu qualifizieren.
Themen auf dieser Seite
Aktuelle Entwicklungen im Überblick
Die neue Medical Device Regulation (MDR) wird die bisherige Medizinprodukterichtlinie 93/42/EWG (MDD) und die entsprechenden nationalen gesetzlichen Regelungen ersetzen. Diese gesetzlichen Vorgaben der neuen europäischen Medizinprodukteverordnung sind nach Ablauf der Übergangsfrist umzusetzen. Jeder Hersteller von Medizinprodukten, Private Label Manufacturer und Handels- oder Servicepartner muss sich daher mit den neuen Anforderungen auseinandersetzen. Auch Komponenten und Auftragshersteller finden sich in den Regelungen der MDR wieder.
Interview mit Roland Katholing
Im Mai 2021 tritt die europäische Medizinprodukteverordnung (MDR) endgültig in Kraft. Das bringt auch für Hersteller in Deutschland gravierende Änderungen mit sich. Welche das sind und was die MDR für das deutsche Medizinproduktegesetz (MPG) bedeutet, darüber gibt Roland Katholing, Produktmanager bei TÜV NORD, Auskunft.




Herr Katholing, im Medizinprodukterecht stehen umfassende Änderungen an. Was sind die Hintergründe dafür und wie ist die aktuelle Situation?
Roland Katholing: „Bisher wurde das Medizinprodukterecht in Europa durch Richtlinien auf europäischer Ebene geregelt. Diese Richtlinien wurden in Deutschland durch das Medizinproduktegesetz (MPG) und seine Verordnungen in nationales Recht umgesetzt. Nun kam es in der Vergangenheit zu einigen Skandalen in Verbindung mit der Patientensicherheit. Vor diesem Hintergrund wurde die Gesetzgebung umfassend reformiert und die europäische Medizinprodukteverordnung geschaffen (Medical Device Regulation – MDR). Als Verordnung muss diese nicht in nationales Recht umgesetzt werden (im Gegensatz zu einer Richtlinie). Das bedeutet, ihre Inhalte sind in allen Mitgliedstaaten verbindlich anzuwenden."
Was kommt auf uns zu?
Roland Katholing: „Wer Medizinprodukte für den europäischen Markt herstellt oder in den Verkehr bringt, muss sich mit den neuen, verschärften Anforderungen vertraut machen. Zum Beispiel wird es Änderungen bei der Klassifizierung von Medizinprodukten geben. Auch die Anforderungen an klinische Bewertungen und klinische Prüfungen wurden detaillierter geregelt.
Wichtig ist außerdem die neue Identifikationsnummer. Jedes Medizinprodukt soll zukünftig klar zu identifizieren sein. Zu diesem Zweck wird das Unique Device Identification System eingeführt, das jedem Medizinprodukt eine eindeutige UID zuordnet.
Auch die Anforderungen an die benannten Stellen wurden verschärft. Damit wird ihre Zahl sinken – ebenfalls ein wichtiger Aspekt für die Hersteller von Medizinprodukten. Dies sind nur einige der vielen Änderungen durch die MDR."
Wie ist die Situation in Deutschland?
Roland Katholing: "In Deutschland haben wir ja immer noch das Medizinproduktegesetz und damit Regelungen, die es so in anderen Staaten nicht gibt. Lange Zeit herrschte Unklarheit, was aus dem deutschen MPG werden und wie es zukünftig mit den deutschen Besonderheiten weitergehen soll. Als ein Beispiel sei hier der Medizinprodukteberater genannt. Seit Ende August 2019 gibt es nun einen ersten Referentenentwurf für ein neues Medizinprodukte-Anpassungsgesetz-EU. Demnach tritt ab Mai 2021 das bisherige Medizinproduktegesetz außer Kraft und wird durch das neue Medizinprodukte-Durchführungsgesetz (MPDG) ersetzt. Aus MPG wird also MPDG. "
Ändern sich nur Buchstaben oder auch Inhalte?
Roland Katholing: „Es gibt viele umfangreiche Änderungen. Diese betreffen zum Beispiel den bisherigen Sicherheitsbeauftragen für Medizinprodukte und die Medizinprodukteberater. Diese Positionen waren deutsche Besonderheiten und im MPG geregelt.
In der neuen MDR wird jeder Hersteller verpflichtet, mindestens eine „für die Einhaltung der Regulierungsvorschriften verantwortliche Person“ zu benennen. Aufgaben, Verantwortungen und Qualifikation sind in Artikel 15 geregelt. Dieser Artikel macht den bisherigen deutschen Sicherheitsbeauftragten für Medizinprodukte nach MPG überflüssig. Der bisherige Sicherheitsbeauftragte für Medizinprodukte nach MPG entfällt also und wird durch die verantwortliche Person nach Artikel 15 MDR ersetzt.
Anders verhält sich die Situation in Bezug auf Medizinprodukteberater, ebenfalls eine deutsche Besonderheit. Auch das neue MPDG kennt die Position des Medizinprodukteberaters und übernimmt hier die bisherigen Anforderungen des MPG. Der Medizinprodukteberater bleibt uns also in Deutschland erhalten – zumindest, soweit man die Lage heute auf Basis des Entwurfs des neuen MPDG einschätzen kann."
Was empfehlen Sie Herstellern von Medizinprodukten?
Roland Katholing: „Der Mai 2021 ist nicht mehr so weit entfernt. Man kann nur jedem Betroffenen empfehlen, sich rechtzeitig über die neuen Anforderungen zu informieren. Viele Punkte stehen ja auch schon fest, zum Beispiel die neue verantwortliche Person nach Artikel 15 MDR. Hier ist es sicher empfehlenswert, Mitarbeiter rechtzeitig für die neuen Aufgaben zu qualifizieren und entsprechende Weiterbildungsangebote zu nutzen."
Sprechen Sie mich gerne an
Roland Katholing

TÜV NORD Akademie GmbH & Co. KG
Produktmanager Medizinprodukte und Elektrotechnik
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