Energiesteuer und Stromsteuer - Sichere Antragstellung

Energiesteuer und Stromsteuer - Sichere Antragstellung

Beitrag aktualisiert am 13.06.2022

Zur Themenwelt Energieeffizienz

Energie- und Stromsteuererstattungen: So sparen Unternehmen erfolgreich

3 Millionen Euro pro Jahr: So hoch fallen die Energie- und Stromsteuerentlastungen für alle Unternehmen des produzierenden Gewerbes in Deutschland aus. Viel Geld, gerade angesichts steigender Energiepreise. Allerdings profitieren davon nur Betriebe, die bestimmte Anforderungen erfüllen.

Wir haben uns mit Steuerberater Bertil Kapff darüber unterhalten, welche Unternehmen Strom- und Energiesteuererstattungen beantragen können, welche Fallstricke dabei lauern und wie sich folgenschwere Fehler bei der Beantragung vermeiden lassen.
 

Interview mit Steuerberater Bertil Kapff

Bertil Kapff ist Steuerberater und Senior-Manager bei der WTS Steuerberatungsgesellschaft mbH.

Rechtliche Grundlagen für Energie- und Stromsteuerentlastungen

Ausschlaggebend für Energie- und Stromsteuererstattungen in Deutschland sind die folgenden Gesetze und Verordnungen:

  • Energiesteuergesetz
  • Stromsteuergesetz
  • Energiesteuer- und Stromsteuer-Transparenzverordnung
  • Energiesteuerverordnung
  • Stromsteuerverordnung

Die europäische Energiebesteuerungsrichtlinie gibt einen Rahmen für die Besteuerung von elektrischem Strom, Kraftstoffen und den meisten Heizstoffen vor. Sie wirkt sich vor allem durch die Festsetzung von Mindeststeuersätzen auf nationale Regelungen aus.
 

Wichtig:
Verantwortlich für die Verwaltung von Strom- und Energiesteuer sind die Hauptzollämter. Sie sind auch für Entlastungsanträge zuständig und sie gehen, warnt Bertil Kapff, strikt mit gesetzlichen Vorgaben um. Hoffnungen auf Verhandlungsspielräume, zum Beispiel bei verpassten Fristen, sollten sich Unternehmen nicht machen.

Strom- und Energiesteuer für Unternehmen: Wer kann Erstattungen beantragen?

Vor allem zwei Gruppen von Unternehmen beziehungsweise Einrichtungen können bei der Strom- und Energiesteuer sparen:

  • Kraftwerke haben die Möglichkeit, Entlastungen für den Erdgaseinsatz zu beantragen. Allerdings bedeute das nicht, dass keine Steuern anfallen, betont Bertil Kapff. „Für den erzeugten Strom müssen die Kraftwerke Stromsteuer bezahlen.“ Eine Ausnahme seien Kleinkraftwerke mit bis zu 2 Megawatt elektrischer Leistung. „Wenn Sie ein solches dezentrales Kraftwerk betreiben, können Sie den Strom stromsteuerfrei erzeugen und die Steuer auf das Erdgas zurückerhalten. Auch bei der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern greifen Vergünstigungen. Voraussetzung ist grundsätzlich, dass Sie sich beim Zoll registrieren.“
  • Die zweite, deutlich größere Gruppe stellen Industrieunternehmen dar, die nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes (WZ) dem produzierenden Gewerbe zugeordnet werden.

Schließlich profitieren bei der Strom- und Energiesteuer Unternehmen aus der Land- und Forstwirtschaft von Steuerentlastungen.

Gut zu wissen:
Die Einordnung von Unternehmen ist seit vielen Jahren ein Streitpunkt in Zusammenhang mit Strom- und Energiesteuererstattungen, denn sie basiert immer noch auf der Klassifikation der Wirtschaftszweige aus dem Jahr 2003, obwohl es seit 2008 eine neue Version gibt. Deshalb werden zum Beispiel Abfallentsorgungsunternehmen nicht als Industrieunternehmen eingestuft und können keine Strom- oder Energiesteuerentlastungen beantragen. Verständlicherweise regte sich dagegen in der Vergangenheit Widerstand. Dieser blieb allerdings erfolglos. „Es gab Initiativen für Änderungen, aber bisher hat sich keine durchgesetzt“, stellt Bertil Kapff fest.

Arten von Entlastungen im Überblick

Für Industrieunternehmen kommen unterschiedliche Arten von Entlastungen infrage, je nach Branche und Energieverbrauch:

  • Sehr energieintensive Unternehmen haben die Möglichkeit, nach § 9a Stromsteuergesetz und § 51 Energiesteuergesetz Entlastungen für spezielle Prozesse und Verfahren zu beantragen. Das betrifft aber nur wenige, zum Beispiel in der Metallverarbeitung oder Keramikherstellung.

Der Vorteil: Begünstigte profitieren von 100 Prozent Entlastung für die betreffenden Prozesse.

Trotzdem empfiehlt Bertil Kapff, vorab auszurechnen, ob sich ein Antrag auf Steuerentlastung lohnt. Denn schließlich müssen Unternehmen dafür eine eigene Betriebserklärung erstellen und Zähler einsetzen.

  • Wenn Industrieunternehmen des produzierenden Gewerbes erfolgreich Entlastungen nach § 9b StromStG bzw. § 54 En­er­gieStG beantragen, erhalten sie eine Erstattung in Höhe von 25 Prozent der gezahlten Steuern auf den Gesamtstromverbrauch. Entscheidend ist, dass sie Stromabgaben an Dritte herausrechnen. Darauf kommen wir noch zurück.
  • Schließlich gibt es den sogenannten Spitzenausgleich für energieintensive Unternehmen mit einem Energiemanagementsystem oder einem Umweltmanagementsystem (§ 10 Stromsteuergesetz und § 55 Energiesteuergesetz). KMU können ersatzweise ein sogenanntes „alternatives System“ zur Verbesserung der Energieeffizienz betreiben.

Der Name Spitzenausgleich führt in die Irre, denn auf diesem Weg lassen sich bis zu 90 Prozent der gezahlten Steuern zurückholen. Allerdings kann er nur in voller Höhe ausgezahlt werden, wenn sich die Energieintensität der Bundesrepublik Deutschland insgesamt um einen festgelegten Wert reduziert hat. Als Vergleich dient der Wert von vor zwei Jahren, wobei die geforderten Einsparziele bisher jeweils deutlich übertroffen wurden. Hinzu kommt ein weiterer Aspekt, der es erschwert, die Entlastungsbeträge zu ermitteln: Entsprechend der Berechnungssystematik für den Spitzenausgleich sind die fiktiven Einsparungen des Unternehmens aufgrund gesunkener Arbeitgeberbeiträge zur Rentenversicherung für die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu berücksichtigen.

Häufige Stolpersteine und Tipps für erfolgreiche Erstattungsanträge der Strom- oder Energiesteuer für Unternehmen

Bertil Kapff beobachtet oft, dass Unternehmen Fehler bei der Beantragung von Strom- oder Energiesteuerentlastungen machen. Die Folgen können unangenehm sein: „Wenn Unternehmen zu wenig beantragt haben, verlieren sie Geld. Haben sie zu viel beantragt, droht ein Ordnungswidrigkeitsverfahren oder gar ein Steuerstrafverfahren.“

Der Experte rät deshalb unter anderem zu Folgendem:
 

Genauigkeit bei der Antragstellung

Bei der Beantragung einer Energie- oder Stromsteuererstattung kommt es auf viele Details und sorgfältige Berechnungen an. Deshalb sollten sich Verantwortliche vorab ausgiebig über rechtliche Vorgaben und Formalitäten informieren. Schulungen können dabei eine wertvolle Hilfe sein.

Effiziente Kommunikation im Unternehmen

In Unternehmen mit mehreren Standorten müssen Verantwortliche dafür sorgen, dass sie den Überblick über den Gesamtverbrauch behalten. Das klappt nur durch eine reibungslose interne Kommunikation.

Vorsicht bei Stromabgaben an Dritte

Für Entlastungen nach § 9b StromStG bzw. § 54 En­er­gieStG müssen Betriebe Stromabgaben an Dritte herausrechnen. Dazu gehört der Strom, den der Getränkeautomat oder das Reinigungsunternehmen vor Ort verbraucht. Zwar gibt es Vereinfachungsregelungen, doch diese greifen nur unter bestimmten Voraussetzungen.

Ausblick in die Zukunft – Energiesparen wird immer wichtiger

Alle genannten Regelungen für Strom- und Energiesteuerentlastungen sind auf 10 Jahre befristet und laufen 2022 aus. Was danach kommt, steht noch nicht fest. Als sicher gilt aber, dass es nicht so bleibt, wie es ist.

Maßgeblich für künftige Änderungen dürften, so prognostiziert Bertil Kapff, vor allem zwei Aspekte sein:

  • Im Rahmen des Klimawandels und der angestrebten Klimaneutralität wird es immer wichtiger, Energie einzusparen, vor allem, wenn sie aus fossilen Quellen stammt. Damit stellt sich die Frage, inwiefern der Staat zukünftig sehr energieintensive Unternehmen fördern will.
  • Gleichzeitig möchte der Gesetzgeber vermeiden, dass Unternehmen ihre Standorte wegen zu hoher Kosten in Länder mit weniger strikten Vorgaben verlagern. So sei, betont Bertil Kapff, auch der Umwelt wenig geholfen.

Für die Betroffenen, besonders für energieintensive Betriebe, ist es ratsam, aktuelle Debatten über Strom- und Energiesteuerentlastungen aufmerksam zu verfolgen. Außerdem sollten Unternehmen Wert auf ein präzises Monitoring von Energieströmen legen. Denn eines ist sicher: Energiesparen spielt in den nächsten Jahrzehnten eine Schlüsselrolle.