Arbeitsschutz im Homeoffice: Was müssen Unternehmen beachten?

Arbeitsschutz im Homeoffice: Was müssen Unternehmen beachten?

Beitrag vom 16.03.2022

Zur Themenwelt Arbeits- und Gesundheitsschutz

Was bedeutet die Einführung neuer Arbeitsmodelle?

Nach einer Umfrage der Hans-Böckler-Stiftung arbeiteten vor der Corona-Krise vier Prozent aller Beschäftigten in Deutschland im Homeoffice. Dann kam der erste Lockdown, und aus den vier Prozent wurden 27.

Seitdem schwankt die Zahl. Klar ist jedoch: Die Pandemie hat die Entwicklung hin zu neuen Arbeitsmodellen rasant beschleunigt. Vor allem hybride Formen liegen im Trend. Umfragen zufolge planen viele Unternehmen, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Zukunft einen Mix aus Präsenzarbeit und Homeoffice anzubieten.

Dieser Wandel geht mit Vorteilen einher, zum Beispiel möglichen Kostenersparnissen für das Unternehmen, einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder einer geringeren Umweltbelastung durch weniger Autofahrten. Er bringt aber auch Herausforderungen mit. Unter anderem stellt sich die Frage, welche Anforderungen für den Arbeitsschutz im Homeoffice bestehen und wie Unternehmen die Sicherheit und Gesundheit ihrer Beschäftigten fördern können.

Wir haben uns mit Daniel Streich, Leitung Betriebliches Gesundheitsmanagement bei TÜV NORD MEDITÜV, darüber unterhalten,

  • welche gesetzlichen Vorgaben zum Arbeitsschutz Unternehmen beachten müssen,
  • worin der Unterschied zwischen Telearbeitsplatz und mobilem Arbeiten besteht und
  • was Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber tun können, damit hybrides Arbeiten für alle Beteiligten erfolgreich ist.

Arbeitsmodelle im Vergleich: Was steckt hinter den Begriffen Telearbeit und mobiles Arbeiten?

Arbeitsrechtliche Anforderungen hängen entscheidend davon ab, welches Arbeitsmodell angewendet wird:

Telearbeit

In § 2 VII Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) wird der Begriff „Telearbeitsplatz“ definiert. Danach handelt es sich um fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze im Privatbereich. Die Arbeitgeberin beziehungsweise der Arbeitgeber ist für die komplette Einrichtung und Ausstattung dieses Arbeitsplatzes zuständig. Außerdem muss eine Gefährdungsbeurteilung für den Telearbeitsplatz erstellt werden.

Mobiles Arbeiten

Beim mobilen Arbeiten entscheidet die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer selbst, wo sie oder er arbeitet. Das kann zu Hause in der eigenen Wohnung sein, aber auch beispielsweise im Café. Im Gegensatz zur Telearbeit gilt für mobile Arbeit nur das Arbeitsschutzgesetz und nicht die Arbeitsstätten-verordnung. Was das konkret bedeutet, klären wir noch.

Und Homeoffice? Für diesen Begriff gibt es (noch) keine verbindlich festgelegte gesetzliche Definition.

Arbeitsschutz und mobiles Arbeiten – diese Vorgaben müssen Unternehmen beachten

Rahmenbedingungen für hybrides Arbeiten

In der ersten Phase der Coronapandemie war der Wechsel vom Büro ins Homeoffice oft provisorisch geregelt.

Inzwischen treffen viele Unternehmen Betriebsvereinbarungen, um langfristig tragfähige Rahmenbedingungen für hybrides Arbeiten zu schaffen.

Daniel Streich merkt an, dass diese meist als Regelung zu mobilem Arbeiten festgehalten werden. Ein einfacher Grund dafür sei zum Beispiel folgender: „Einen Telearbeitsplatz müssen Unternehmen nicht nur bewerten, sondern auch komplett einrichten. Je nach Größe des Unternehmens ist das ein riesiger Kostenfaktor.“

Die Vorgaben im Arbeitsschutz für mobiles Arbeiten sind niedriger und die Umsetzung kostengünstiger. Zum Beispiel gibt es keine Verpflichtung, dass Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze für das Arbeiten im Homeoffice bereitstellen.

Allerdings halten die meisten Expertinnen und Experten auch eine Gefährdungsbeurteilung im Homeoffice für notwendig. Daniel Streich empfiehlt, insbesondere die Gefährdungsbeurteilung für psychische Belastungen zu aktualisieren. Denn dies sei erforderlich, wenn sich die Belastungsfaktoren in der Arbeit erheblich veränderten.

Außerdem trifft Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber auch bei mobilem Arbeiten eine Unterweisungspflicht nach § 12 ArbSchG. Das heißt, sie müssen Beschäftigte regelmäßig dazu unterweisen, wie ein Arbeitsplatz so gestaltet wird, dass er den Anforderungen des Arbeitsschutzes entspricht.

Wie Unternehmen ihre Beschäftigten noch unterstützen können

Davon abgesehen ist es sinnvoll, sich nicht auf das zu beschränken, was der Gesetzgeber vorschreibt, sondern zusätzlich freiwillige Maßnahmen für den Arbeitsschutz im Homeoffice zu ergreifen:

  • Unterstützung bei der Arbeitsplatzeinrichtung: Im Gegensatz zu einem Schreibtischstuhl oder einem neuen PC sind ein Laptop-Ständer, eine externe Maus und eine Tastatur kostengünstig erhältlich. Trotzdem können sie zum ergonomischen Arbeiten zu Hause beitragen und die Gesundheit fördern. Außerdem erhalten kleine Geschenke bekanntlich die Freundschaft beziehungsweise in diesem Fall die Motivation.
  • Mitarbeitende für Risiken sensibilisieren: Daniel Streich empfiehlt Führungskräften, ihre Beschäftigten gezielt für die gesundheitlichen Gefährdungen bei der Arbeit im Homeoffice zu sensibilisieren und ihnen Tipps zur Verfügung zu stellen, wie sie Abhilfe schaffen, ob durch die Einrichtung des Arbeitsplatzes oder Bewegungspausen.

Tipps: Einfach umsetzbare Empfehlungen für gesundes Arbeiten bieten zum Beispiel MEDITÜV, die Züricher Hochschule für Angewandte Wissenschaften und die Digital Academy von TÜV NORD.

Eine besondere Herausforderung ist die Umstellung der Unternehmenskultur

Erste Studien zeigen: Hybride Arbeitsmodelle können sich positiv auf die Zufriedenheit und die Leistung von Beschäftigten auswirken. Der Schuss kann aber auch nach hinten losgehen.

Entscheidend in diesem Zusammenhang ist laut Daniel Streich, wie gut die Umstellung der Unternehmenskultur klappt. „Das ist noch wichtiger als die Ausstattung von Arbeitsplätzen zu Hause.“

Dazu gehöre auch, durch die Möglichkeit individueller Absprachen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu berücksichtigen, die keine Lust verspüren, zu Hause zu arbeiten. Außerdem sei es entscheidend, kommunikative Spielregeln festzusetzen und zum Beispiel zu klären, wie Abwesenheiten im Homeoffice kommuniziert werden. Der geschickte Einsatz von Collaboration Tools könne dabei eine große Hilfe sein. Manchmal komme es allerdings auch vor, dass eine offene Unternehmenskultur durch die lange Zeit im Homeoffice gelitten habe und gezielt wiederbelebt werden müsse.

Wer solche Tipps beachte und sich auf die Suche nach einer passenden Lösung für die eigene Organisation mache, müsse sich um die Leistungsbereitschaft von Beschäftigten im Homeoffice wenig Sorgen machen, so Daniel Streich. „Unternehmen mit einer gesunden Unternehmenskultur profitieren oft vom Homeoffice.“