Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) – Tipps

Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) – Tipps

Beitrag vom 18.08.2021

Zur Themenwelt Arbeits- und Gesundheitsschutz

Warum ist betriebliches Gesundheitsmanagement so wichtig?

In Zeiten von steigender Lebenserwartung und Fachkräftemangel wird betriebliches Gesundheitsmanagement immer wichtiger. Allerdings ist ein erfolgreiches BGM viel mehr als drei Buchstaben, ein Obstkorb am Eingang zum Meetingraum oder ein Massageangebot einmal im halben Jahr.

Denn das Gesundheitsmanagement im Unternehmen basiert auf drei Säulen. Dabei sind der Arbeitsschutz und das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) gesetzlich vorgeschrieben. Die betriebliche Gesundheitsförderung ist freiwillig, geht jedoch mit vielen Vorteilen sowohl für Arbeitnehmer, als auch Arbeitgeber einher. 

Wir haben uns mit Daniel Streich, Leitung Betriebliches Gesundheitsmanagement bei TÜV NORD MEDITÜV, darüber unterhalten, was wirklich hinter dem Begriff „betriebliches Gesundheitsmanagement“ steckt, welche Vorteile damit verbunden sind und was Organisationen bei der Umsetzung beachten sollten.

Was bedeutet betriebliches Gesundheitsmanagement? – eine Definition

Für Daniel Streich ist betriebliches Gesundheitsmanagement ein Überbegriff für „alle Tätigkeiten, Prozesse und Strukturen, die mit dem Thema Gesundheit im Unternehmen zu tun haben“. Das zentrale Ziel besteht darin, Wohlbefinden, Gesundheit und Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu fördern.

Darüber, dass dies wichtig ist, herrscht heute weitgehend Einigkeit in der Wirtschaft. Das war nicht immer so. „Früher“, so Daniel Streich, „war der Aufwand für meine Kolleginnen und Kollegen deutlich höher, Unternehmen zu erklären, warum man ein BGM einführen sollte. Heute steht vielmehr das Wie im Fokus.“ Pflicht ist die Einführung eines BGM nicht. Zwar müssen Arbeitgeber laut Arbeitsschutzgesetz Arbeit „menschengerecht gestalten“. Sogar eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung ist seit 2013 Pflicht. Ausschlaggebend dafür, dass immer mehr Unternehmen ein betriebliches Gesundheitsmanagement einführen, sind aber andere Faktoren.

Diese Vorteile hat ein Betriebliches Gesundheitsmanagement im Unternehmen

Ein betriebliches Gesundheitsmanagement lohnt sich für alle Beteiligten, angefangen bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Denn gesundheitsfördernde Maßnahmen beugen körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen, Stress, Schmerzen und einem frühen Arbeitsaus vor. Dazu kommt, dass das Arbeiten mehr Spaß macht, wenn man sich körperlich und psychisch wohlfühlt.

Arbeitgeber kommen mit der Einführung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements im Unternehmen somit nicht nur ihrer sozialen Verantwortung nach, sie profitieren selbst auch durch zahlreiche Vorteile: 

  • Erhalt der Arbeitsfähigkeit: Ein betriebliches Gesundheitsmanagement sorgt dafür, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einem Unternehmen dauerhaft erhalten bleiben.
  • Weniger Fehlzeiten: Die Zahl der Fehlzeiten durch Rückenprobleme, psychische oder andere Erkrankungen sinkt. Das wirkt sich positiv auf Kosten und Produktivität aus.
  • Förderung der Leistungsfähigkeit: Gesunde Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich wohlfühlen, bringen mehr Leistung, sind motivierter und kreativer.
  • Bessere Position im Wettbewerb um Fachkräfte: Schließlich, betont Daniel Streich, verschafft ein betriebliches Gesundheitsmanagement Unternehmen bessere Ausgangsbedingungen in der Konkurrenz um begehrte Fachkräfte. „Als junge Fachkraft orientiere ich mich heute nicht mehr nur an einem sicheren Arbeitsplatz und Gehalt.“ Ein BGM spielt eine wesentliche Rolle beim Thema nachhaltige Mitarbeiterführung.

Daniel Streich ist überzeugt: Ein funktionierendes BGM trägt wesentlich dazu bei, dass Unternehmen nachhaltig erfolgreich sind. Das setzt aber voraus, dass sie keine halben Sachen machen.

Betriebliches Gesundheitsmanagement: Maßnahmen, Beispiele und Tipps

Wir hatten es schon angesprochen: Ein Obstkorb ist nur eine BGM-Maßnahme, kein BGM.. Vielmehr ist es wichtig, dass Verantwortliche in Unternehmen das Thema systematisch angehen und für ihr betriebliches Gesundheitsmanagement ein Konzept haben. Einen Königsweg für alle gibt es nicht, aber Daniel Streich rät dazu, iterativ vorzugehen.

Dabei biete es sich an, mit einem Thema anzufangen, das einen besonders hohen Stellenwert für das betreffende Unternehmen hat. Vielleicht bringt die Arbeit eine hohe Belastung für die Psyche oder den Rücken mit oder es gibt ein anderes Problemfeld. Von dort aus können Betriebe nach und nach weitere Themen erschließen.

Mögliche BGM-Maßnahmen sind zum Beispiel:

  • regelmäßige Seminare und Vorträge zu Gesundheitsthemen,
  • kostenlose Gesundheitschecks, zum Beispiel zur Krebsvorsorge,
  • ergonomische Gestaltung von Arbeitsplätzen,
  • Angebote eines persönlichen Coachings,
  • gesunde Verpflegung in der Kantine,
  • Entspannungs- und Sportangebote, zum Beispiel durch Yogakurse oder Massagen,
  • Schulungen für Führungskräfte, zum Beispiel zur Stressreduktion.

Besonders zu Beginn der Einführung des betrieblichen Gesundheitsmanagements im Unternehmen und der damit einhergehenden Priorisierung der möglichen Maßnahmen sollten die Mitarbeiter:innen bestmöglich miteinbezogen werden. Dies gilt jedoch nicht nur für die erste Phase, sondern auch für alle folgenden Schritte. Eine stetige Kontrolle, ob die BGM-Maßnahmen, den gewünschten Erfolg bringen, sollte fortlaufend stattfinden.

Nicht ganz einfach, aber dennoch wichtig sei es, so Daniel Streich, früh Kennzahlen für das Controlling festzulegen. Der Haken daran: Bei oft aufgeführten Kennzahlen wie niedrigeren Krankenständen dauere es, bis eine Entwicklung sichtbar sei. Außerdem könne diese verschiedene Ursachen haben. Welche Rolle das Gesundheitsmanagement im Unternehmen in diesem Zusammenhang spielt, lasse sich nicht immer so einfach herausfinden.

Daniel Streich empfiehlt deshalb, Befragungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durchzuführen und zum Beispiel die Teilnahme an Aktivitäten zu messen. Das verrate viel darüber, wie BGM-Maßnahmen angenommen werden und letztendlich auch, wie erfolgreich sie sind.

Förderungen durch gesetzliche Krankenkassen

Geeignete Maßnahmen können von den gesetzlichen Krankenkassen gefördert werden. Sie fördern Maßnahmen allerdings nur dann, wenn eine gewisse Anzahl der Beschäftigten eines Unternehmens auch bei der jeweiligen Krankenkasse versichert ist. Fragen Sie nach Fördermaßnahmen deshalb bei der Krankenkasse, die die meisten Mitarbeiter: innen Ihres Unternehmens versichert.

Eine Zertifizierung hilft, konsequent zu bleiben

„Wenn ein BGM nicht funktioniert“, beobachtet Daniel Streich, „liegt das oft daran, dass es angegangen wurde, aber dann eingeschlafen ist.“ Vor allem in der Anfangszeit sei Konsequenz wichtig. Ab einer bestimmten Größe empfiehlt er deshalb eine betriebliche Gesundheitsmanagerin oder einen Gesundheitsmanager, die oder der sich ganz dem betrieblichen Gesundheitsmanagement widmet.

Eine Zertifizierung des BGM hilft ebenfalls dabei, konsequent zu bleiben und das Gesundheitsmanagement im Unternehmen Schritt für Schritt zu optimieren. Zusätzlich setzt sie nach außen ein Zeichen für Kundinnen und Kunden, Geschäftspartnerinnen und Geschäftspartner und potenzielle neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Der größte Fehler besteht darin, nichts zu tun

Ob mit oder ohne Zertifikat, entscheidend ist, dass Unternehmen aktiv werden und sich um ein systematisches Gesundheitsmanagement bemühen. Dabei rückt, neben altbekannten und nach wie vor aktuellen Thematiken wie Rückenschmerzen, zunehmend die psychische Belastung in den Fokus. Der wachsende Druck, ständig erreichbar sein zu müssen, oder Effizienzprogramme, die noch mehr Aufgaben auf noch weniger Personen verteilen, sind nur zwei von vielen Gründen für diese Entwicklung.

Ein gutes BGM trägt dazu bei, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Herausforderungen des modernen Arbeitslebens trotzen und psychisch wie körperlich gesund bleiben. Der größte Fehler, den Unternehmen an dieser Stelle machen können, ist deshalb laut Daniel Streich, nichts zu tun.