Tipps für den betrieblichen Brandschutz bei Lithium-Ionen-Akkus

Tipps für den betrieblichen Brandschutz bei Lithium-Ionen-Akkus

Beitrag vom 31.08.2022

Zur Themenwelt Brandschutz

Vor Lithium-Ionen-Akku-Bränden schützen

Der Bedarf an Lithium-Ionen-Akkus steigt enorm. Das Bundesamt für Statistik stellte bereits 2019 fest, dass 2018 etwa 202 Millionen dieser Batterien nach Deutschland importiert wurden. Diese Importmenge war viermal so groß wie 2012. Dieser Trend wird sich auch in Zukunft fortsetzen. Schließlich nimmt nicht nur die E-Mobilität innerhalb Deutschlands an Fahrt auf, Lithium-Ionen-Akkus versorgen auch zahlreiche elektronische Geräte wie Mobiltelefone, Laptops, Tablets, Werkzeuge und sogar medizinische Geräte mit Strom.

Es lässt sich also ohne Übertreibung feststellen, dass die Akkus einen festen Bestandteil unseres privaten und vor allem betrieblichen Alltags darstellen. Umso wichtiger ist es, dass Unternehmer:innen adäquate Sicherheitsvorkehrungen treffen, denn von den praktischen Energiequellen geht unter bestimmten Umständen eine Brandgefahr aus. Zwar gibt es bisher nur wenige spezifische rechtliche Vorgaben für den Umgang mit den Akkus, das bedeutet aber nicht, dass Betriebe ihre Sorgfaltspflicht vernachlässigen dürfen. Nur wenn sie für einen angemessenen Brandschutz sorgen, können sie die Sicherheit ihrer Kund:innen und Mitarbeitenden garantieren, sich bei Unfällen vor Haftung schützen und Versicherungsansprüche geltend machen.

Wir haben uns mit dem Gutachter und Sachverständigen Dr. Thorsten Kühn, Gesellschafter-Geschäftsführer der KBMS Consult GmbH, darüber unterhalten,

  • welche Risiken von Lithium-Ionen-Akkus ausgehen können,
  • wie Unternehmen Lithium-Ionen-Batterien transportieren und lagern sollten,
  • was bei der Brandbekämpfung zu beachten und zu vermeiden ist,
  • welcher Sorgfaltspflicht Unternehmen nachkommen müssen,
  • wer bei einem durch Lithium-Ionen-Akkus entstandenen Schaden haftbar ist.

Wie sieht das Innere der Lithium-Ionen-Batterie aus? – Aufbau und Funktionsweise

Um potenzielle Gefahren einer Lithium-Ionen-Batterie nachvollziehen zu können, ist zunächst das Verständnis für deren Funktionsweise hilfreich. Die Batterie besteht aus einer Anode (Pluspol) und einer Kathode (Minuspol). Hinzu kommt ein Separator, der unter anderem verhindert, dass Anode und Kathode miteinander in Kontakt kommen. Darüber hinaus finden sich auch ein Elektrolyt sowie ein positiver und negativer Stromabnehmer innerhalb einer solchen Batterie wieder.

Die Bewegungen der Lithium-Ionen erzeugen freie Elektronen in der Anode, wodurch am positiven Stromabnehmer wiederum eine Ladung erzeugt wird. Von dort aus fließt der elektrische Strom durch ein Gerät, z. B. durch einen Computer oder ein Handy, das mit Energie versorgt werden soll, wieder zum negativen Stromabnehmer zurück. Beim Entladen des Akkus bzw. bei der Stromlieferung an das Gerät gibt die Anode Lithiumionen an die Kathode ab, um den Elektronenfluss von der einen zur anderen Seite zu gewährleisten. Beim Laden des Akkus geschieht genau das Gegenteil: Lithium-Ionen werden von der Kathode abgegeben und von der Anode wieder aufgenommen.   

Häufige Gefahrenquellen und Risiken bei Lithium-Ionen-Akkus

Lithium-Ionen-Akkus sind in der Regel mit diversen Sicherheitsmechanismen ausgestattet, die Risiken für Nutzer:innen minimieren. Diese funktionieren aber nur einwandfrei, wenn die Akkus vorsichtig behandelt werden.

Dr. Kühn erläutert, dass es besonders häufig beim Laden bei niedrigen Temperaturen zu Schäden an der Batterie kommen kann. „Das enthaltene Lithium wird bei Temperaturen unter 10 Grad Celsius etwas träge. Ein Ladeprozess kann die Batterie dann quasi überfordern.“

Eine Tiefenentladung eines Akkus stellt ebenfalls eine gängige Gefahrenquelle dar. Hiervon ist die Rede, wenn die Spannungswerte eines Akkus unter eine spezifische Grenze fallen. Kommt es zu dieser Entladeschlussspannung, kann der Akku keine Energie mehr abgeben. Es besteht sogar die Möglichkeit, dass sich sogenannte Kupferbrücken entwickeln. Die Batterie kann sich stark erhitzen oder es entstehen schlimmstenfalls Kurzschlüsse, die zu einer akuten Brandgefahr führen.

Ein weiterer häufig auftretender Fehler beim Umgang mit Lithium-Ionen-Akkus: Die Verwendung von Ladegeräten, die nicht vom Originalhersteller stammen. Eine daraus oder aus anderen Beschädigungen resultierende Akku-Überladung oder -Überhitzung kann schnell zu einem thermischen Durchgehen führen. Hierbei handelt es sich um eine chemische Reaktion, bei der sich Wärme und Druck entwickeln. Ein Phänomen, das sich nicht nur auf eine Batterie beschränkt, sondern von einem Akku auf den nächsten übergreifen, brandgefährlich werden und sogar Explosionen verursachen kann.

Warnzeichen einer defekten Batterie

Es lässt sich nicht unbedingt direkt von außen erkennen, ob Lithium-Ionen-Akkus defekt sind. Zuständige Mitarbeiter:innen und Unternehmer:innen sollten am besten auf folgende Anzeichen achten:

  • Eine Delle in der Batterie nach einem Sturz
  • Sich besonders schnell entladende Akkus
  • Risse, Aufblähungen und Verformungen
  • Ein schmieriger Film oder Ablagerungen an den Polen

In allen diesen Fällen dürfen Nutzer:innen die jeweiligen Akkus nicht mehr laden oder weiterverwenden. Stattdessen sollten sie mithilfe einer örtlichen Sammelstelle, des Herstellers, des entsprechenden Fachpersonals oder in einem Elektronikfachgeschäft entsorgt werden.

Angemessene Transport- und Lagerbedingungen für Lithium-Ionen-Akkus

„Sowohl die VdS Schadenverhütung GmbH als auch diverse Berufsgenossenschaften geben verschiedene nützliche Hinweise für den sicheren Transport und die Lagerung von Lithium-Ionen-Akkus“, erläutert Dr. Kühn. Zunächst sollten die Akkus ausreichend und umfangreich gekennzeichnet sein, damit sie als Lithium-Ionen-Akkus erkennbar sind und entsprechend sorgsam behandelt werden. Geht es um den Transport oder die Entsorgung loser Akkus, ist das Abkleben der Pole ratsam. Kommen sie nämlich mit Metallflächen in Kontakt, besteht eine Kurzschlussgefahr.

Wenn es um die Lagerung geht, geben VdS und Berufsgenossenschaften ebenfalls hilfreiche Tipps. „Die Batterien, ihre Leistung und ihr Gewicht werden in kleine, mittlere und große Batterien klassifiziert“, erläutert Dr. Kühn. „Hieraus ergeben sich beispielsweise Hinweise zur Blocklagerung und dass man bei solchen Batterien entsprechende Abstände zu brennbaren Materialien sowie brandgefährdeten Arbeitsstätten einhalten sollte. Darüber hinaus ist es wichtig, zu überlegen, wo solche Batterien gelagert werden.“ Hier empfiehlt der Sachverständige einen separat zugewiesenen Lagerbereich, in dem sich nur die Batterien befinden. Versicherungen raten ebenfalls zu einer Isolierung der Lagerräume und einer entsprechenden brandschutztechnischen Ausstattung.

Verhaltensregeln bei der Brandbekämpfung

Grundsätzlich sollten Personen Verhaltensregeln befolgen und bestimmte Aktivitäten unterlassen, wenn es um einen durch Lithium-Ionen-Akkus verursachten Brand geht.

Do's

  • Brandbekämpfer:innen mit ausreichendem Gesichts- und Körperschutz ausstatten
  • Große Batterie mit großen Wassermengen runterkühlen, um thermisches Durchgehen zu verhindern
  • Kleine Akkus in einem nicht brennbaren, mit Wasser gefüllten Behältnis versenken
  • Gefährdeten Bereiche räumen und Beteiligte in Sicherheit bringen
  • Schnellstmöglich die Feuerwehr alarmieren, diese gut in die jeweilige Situation einweisen und ihr die Brandbekämpfung überlassen

Don’ts

  • Löschung ohne Brandschutzbekleidung und umluftunabhängigen Atemschutz vornehmen
  • Nicht ausreichend ausgebildete Brandschutzhelfer:innen innerhalb eines Unternehmens die Löschung durchführen lassen

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Unternehmens sollten also bestenfalls nur zur sicheren Evakuierung der gefährdeten Unternehmensbereiche beitragen. Für das Löschen von Lithium-Ionen-Akkus müssten sie sich zunächst weiterqualifizieren und Brandschutzbekleidung ähnlich der Feuerwehr tragen. Arbeitgeber:innen und Unternehmer:innen müssen sich fragen, ob sie in der Lage sind, ihr Personal diesbezüglich überhaupt angemessen zu unterweisen und das passende Equipment zur Verfügung zu stellen. Dr. Kühn bestätigt: „Wenn man ehrlich ist, müsste eine Betriebs- oder Werksfeuerwehr mit richtig ausgebildeten Kräften die Brandbekämpfung übernehmen.“

Unternehmerische Sorgfaltspflicht und Haftbarkeit bei Unfällen

Dr. Kühn rät auch hier zu einem gründlichen Blick in die entsprechenden Papiere der VdS und Berufsgenossenschaften. „Wenn es um kleine und mittlere Batterien geht, gibt es verschiedene betriebliche und organisatorische Maßnahmen. Eine leichte bauliche Trennung, mit der sie sich sicher lagern lassen, reicht bereits aus. Sobald aber größere Batterien im Spiel sind mit einem Gewicht über 9 Kilogramm und dergleichen, ist ein spezielles Sicherheitskonzept in Abstimmung mit der Versicherung bezüglich Lagerung, Umgang und betrieblicher Maßnahmen notwendig.“

An dieser Stelle ist ein hohes Maß an Aufmerksamkeit seitens der jeweiligen Betriebe gefragt, warnt Dr. Kühn. „In der Regel heißt es bei den Sachversicherern immer, dass der Versicherungsnehmer alle behördlich, gesetzlich und über den Versicherungsvertrag vereinbarten Auflagen zu erfüllen hat. Und wenn der Versicherer Sorgfaltspflichten an die Hand gibt und vielleicht selbst spezielle Publikationen entwickelt hat, die der Versicherte nicht beachtet, kann es schnell zu Konflikten kommen.“

Passiert tatsächlich ein Unfall, muss ermittelt werden, wer haftbar ist. Hat der Unternehmer bzw. die Unternehmerin betrieblich keinerlei Sicherheits- und Vorsorgemaßnahmen getroffen, verletzt dieser bzw. diese seine bzw. ihre Sorgfaltspflicht. Kund:innen und Beschäftigte können sich durch fahrlässiges Handeln strafbar machen, wenn sie sorgfältig organisierte Brandschutz- und Unfallvorkehrungen einfach ignorieren, über die sie ausreichend unterrichtet wurden.

Sicherheit von Lithium-Ionen-Akkus liegt auch zukünftig in der Hand des Betriebs

Wenn es um die Sicherheit von Lithium-Ionen-Akkus geht, kommen noch spannende Innovationen und Entwicklungen auf die Industrie zu. Smarte Batterien könnten es Nutzer:innen bald ermöglichen, den internen Zustand des Akkus zu überwachen und erste Probleme lange vor einem Kurzschluss oder anderen Gefahren zu erkennen. Überdruckventile, die bei Erhitzung entstehende Gase auf kontrollierte und sichere Weise aus dem Inneren der Batterie entlassen, und spezielle, explosionssichere Gehäuse erweisen sich ebenfalls als vorteilhaft. Trotz aller technologischen Fortschritte ist auch weiterhin der Mensch gefragt. Die Einhaltung von Sicherheitsstandards, gut informierte Mitarbeitende sowie eine schnelle und angemessene Reaktion bleiben auch in Zukunft die besten und zuverlässigsten Mittel gegen Unfälle.