Das Lernen der Zukunft

Das Lernen der Zukunft

Beitrag vom 17.12.2020

Zur Themenwelt Personalentwicklung

Wie Weiterbildung im digitalen Zeitalter erfolgreich ist

Die Art und Weise, wie wir Neues lernen, verändert sich. Nicht nur in Schulen, auch in der beruflichen Weiterbildung gewinnen digitale Formate und neue Formen des Lehrens an Bedeutung. Gleichzeitig wächst die Notwendigkeit für viele Arbeitnehmer, in kurzen Abständen neues Wissen zu erwerben, um am Arbeitsmarkt zu bestehen. 

Wir haben uns mit einer Expertin und einem Experten für Weiterbildung darüber unterhalten, was diese Entwicklung für Unternehmen, Mitarbeiter und Weiterbildungsanbieter bedeutet und wie das Lernen der Zukunft aussieht. Dabei haben wir auch nach praktischen Tipps gefragt, wie sich Lernen 4.0 erfolgreich gestalten lässt.
 

Warum Weiterbildung immer wichtiger wird

Lebenslanges Lernen ist kein neues Konzept. Schon vor rund 2000 Jahren verkündete der Philosoph Lucius Annaeus Seneca: „Du musst lernen, solange du nicht weißt, du musst lernen, solange du lebst.“ Auch Uli Harnacke, Graveur, Ingenieur, Organisationspsychologe, CBPP (Certified Business Process Professional), Agile Coach und Business Coach, ist der Meinung, dass man diesen Begriff in Debatten über die moderne Arbeitswelt nicht überstrapazieren solle. „Wer 1970 ein Haus gebaut hat, hat das anders getan als 1920.“

Neu ist allerdings die Geschwindigkeit, in der sich Märkte, Technologien und die moderne Arbeitswelt verändern. Wer davon nicht überrollt werden will, muss am Ball bleiben. Das bedeutet für viele Arbeitnehmer, sich immer wieder in verhältnismäßig kurzer Zeit neue Fähigkeiten und Kenntnisse anzueignen. Sogar dass Menschen in ihrem Leben drei oder vier unterschiedliche Karrieren einschlagen, ist kein Einzelfall mehr.

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Digitales Lernen eröffnet neue Möglichkeiten

Digitalisierung und moderne Technologien sind auf mehrere Arten mit Weiterbildung verbunden. Zum einen steht für Uli Harnacke fest: „Wir müssen uns beim Lernen darauf einstellen, dass wir es immer mehr mit künstlicher Intelligenz, Robotik, Digitalisierung und Automatisierung zu tun haben. Da wird ein großes Lernfeld liegen.“

Zum anderen verändert digitale Technik das Lernen selbst. Das gilt nicht nur für die Option, Seminare über größere Entfernungen hinweg zu halten. Wissensdatenbanken mit Videos versetzen Arbeitnehmer mehr als früher in die Lage, selbstorganisiert zu lernen. Dabei haben Videos, die die Anwendung von Wissen zeigen, für Katrin Ghanipour, Diplom-Pädagogin, Trainerin und Coach in den Bereichen Management und Soft Skills, einen großen Vorteil: „Dadurch sichert man den Praxistransfer.“ Schließlich sei der Unterschied zwischen Theorievermittlung und praktischem Handlungswissen zentral in der Weiterbildung.

An diesem Unterschied manifestieren sich für Kathrin Ghanipour auch manche Grenzen digitaler Lerntools für das Lernen der Zukunft. „Digitalisierung ist meines Erachtens ein neuer Weg, Wissen zu speichern, zu vermitteln, anders aufzubereiten und zugänglich zu machen. Aber letztendlich bleiben auch andere Vermittlungswege. Die kann man dadurch nicht ersetzen.“

Vergleichen lasse sich das mit dem Erlernen des Fahrradfahrens. Zwar sei es möglich, das theoretisch anzuleiten. Zusätzlich aber müsse man das Fahren in der Praxis trainieren. Dasselbe gelte für Führungskräfte, die die Kunst der Gesprächsführung erlernen wollen. Unternehmen und Weiterbildungsanbieter sollten sich deshalb die Frage stellen: Welches Wissen kann man guten Gewissens mit digitalen Lerntools transportieren und welches nicht?

Wie Lernen 4.0 erfolgreich ist – Tipps für Unternehmen und Weiterbildungsanbieter

Der Einsatz moderner Tools in der Weiterbildung ist kein Garant für den Lernerfolg. Für Uli Harnacke und Katrin Ghanipour sind mehrere Faktoren entscheidend dafür, dass Weiterbildung mit dem Wandel der Arbeitswelt Schritt hält:

  • Grow Guides einsetzen beziehungsweise ausbilden
    Uli Harnacke spricht Grow Guides in der modernen Weiterbildung eine wichtige Rolle für das Lernen der Zukunft zu. Dabei handelt es sich um Lernbegleiter, die Menschen im Unternehmen helfen, selbstorganisiertes Lernen richtig anzugehen. Alternativ zu externen Personen können Unternehmen eigene Führungskräfte zu Grow Guides ausbilden.
  • Neurobiologische Erkenntnisse nutzen
    Die Neurobiologie hat in der jüngeren Vergangenheit faszinierende Erkenntnisse dazu gesammelt, wie erfolgreiches Lernen funktioniert. Dazu gehört die zentrale Bedeutung von Emotionen beim Lernen. Diese Erkenntnisse lassen sich auch auf digitalem Weg nutzen. Wichtig dafür sei, so Uli Harnacke, sich vorher genau zu überlegen: „Mit welcher Interaktion erreiche ich Teilnehmer, was möchte ich neurobiologisch erreichen, was sind meine Medien und wie kann ich schnellen Wechsel interessant gestalten?“
  • Zielgruppenorientiert arbeiten
    Für Katrin Ghanipour ist es bei jeder Form der Weiterbildung entscheidend, zielgruppenorientiert zu arbeiten, egal ob digital oder analog. Wenn man individuell auf die Bedürfnisse und Zielsetzungen der Teilnehmer eingehe, erreiche man eine „ganz andere Nachhaltigkeit“.
  • Trainings kreativ und spannend gestalten
    Was auf den ersten Blick nach Selbstverständlichkeit klingt, haben viele Arbeitgeber und Anbieter von Weiterbildung lange zu wenig berücksichtigt. Hier beobachtet Katrin Ghanipour, die seit 2010 Train-the-Trainer-Aus- und -Fortbildungen konzipiert und durchführt, eine positive Entwicklung, gerade auch durch digitale Weiterbildungsformate. Das sei umso wichtiger, weil sich die Ansprüche von Teilnehmern verändert hätten: „Teilnehmer haben eine andere Erwartungshaltung. Sie wollen etwas Kurzweiliges erleben, das ihnen zeitgemäß und praxisnah vermittelt wird. Der Bezug zur jeweiligen Praxis und die Erarbeitung individueller Lösungsansätze spielen dabei eine zentrale Rolle.“

Uli Harnacke und Katrin Ghanipour sind sich einig: Das Lernen der Zukunft wird nicht rein digital sein. Dafür sorgen schon unterschiedliche Lerntypen. „Es gibt Menschen, die lernen sehr gern eigenverantwortlich, auch in ihrem Tempo“, so Katrin Ghanipour. „Andere tun sich damit schwerer. Die brauchen den Austausch, das Miteinander. Da findet Lernen viel mehr über Emotionen und Gruppendynamik statt.“ Hinzu kommt der bereits erwähnte Aspekt, dass praktisches Handlungswissen vor allem durch Anwendung in der Praxis entsteht.

Digitale Technologie begünstigt auch ein erfolgreiches Wissensmanagement

So wie ständiges Lernen gewinnt Wissensmanagement an Bedeutung. Auch dabei spielen moderne, digitale Technologien eine zentrale Rolle. Sie ermöglichen es, Wissen kostengünstig zu sammeln, zu speichern und über Abteilungen hinweg zugänglich zu machen.

Für Katrin Ghanipour ist Wissensmanagement ein wertvolles Tool in Zusammenhang mit neuen Trends wie New Work, Design Thinking oder agiles Führen, bei denen Teams viel eigenständiger arbeiten und Führungskräfte in den Hintergrund treten.

Auch internationale Unternehmen mit mehreren Standorten sparen Zeit, Wege und Kosten über ein gutes Wissensmanagement.

Entscheidend sei, dass Unternehmen ihr Wissensmanagement gründlich pflegen. Das bedeute auch, auszusortieren, was man nicht mehr benötigt. Auch das ist nicht neu. Schließlich wusste schon der chinesische Philosoph Laotse: „Das Aussortieren des Unwesentlichen ist der Kern aller Lebensweisheit.“