Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes: Was sich jetzt für Unternehmen ändert

Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes: Was sich jetzt für Unternehmen ändert

Beitrag vom 25.02.2021

Zur Themenwelt Umweltschutz

Diese Änderungen sind wichtig

Ende Oktober 2020 trat mit Artikel 1 des „Gesetzes zur Umsetzung der Abfallrahmenrichtlinie der Europäischen Union“ die Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes in Kraft. Sie soll einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, die Abfallflut zu reduzieren und die Entwicklung hin zu einer Circular Economy zu beschleunigen. Eine Besonderheit daran: Um diese Ziele zu erreichen, werden alle staatlichen Ebenen, die Produktverantwortlichen und Erzeuger sowie die öffentlich-rechtliche und private Entsorgungswirtschaft eingebunden.

Was das im Einzelnen bedeutet, was betroffene Unternehmen jetzt tun sollten und warum es auch aus wirtschaftlichen Gründen sinnvoll ist, sich verstärkt mit dem Thema Kreislaufwirtschaft zu beschäftigen, darüber haben wir uns mit dem auf Umwelt- und Abfallrecht spezialisierten Rechtsanwalt Dr. Simon Meyer aus der Rechtsanwaltskanzlei EY Law unterhalten.

Mehr Kreislaufwirtschaft und Ressourcenschonung: Der Kontext und die Ziele der Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes

Die Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes ist Teil des Europäischen Kreislaufwirtschaftspakets – Gegenstand des Legislativpakets sind Novellierungen der wesentlichen abfallrechtlichen Regelungen. Dazu zählen:

  • die Abfallrahmenrichtlinie,
  • die Verpackungsrichtlinie,
  • die Elektroaltgeräterichtlinie,
  • die Batterierichtlinie,
  • die Altfahrzeugrichtlinie und
  • die Deponierichtlinie.

All diese Änderungen verfolgen ein gemeinsames Ziel: den Übergang von einer linearen zu einer kreislauforientierten Wirtschaft voranzubringen.

Entsprechend ist ein zentraler Schwerpunkt des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) die Abfallvermeidung und das Recycling von Abfällen. „Denken Sie zum Beispiel an die Themen Verpackungsabfall (Onlinehandel), Mikroplastik und Lebensmittelabfälle“, meint Simon Meyer. „Im Kreislaufwirtschaftsgesetz geht es darum, Abfälle zu vermeiden und, wo dies nicht möglich ist, diese Stoffe und Gegenstände sinnvoll wieder einer vorherigen Nutzung zuzuführen oder anderweitig wiederzuverwenden.“ In diesem Zusammenhang stünden aktuelle Überlegungen zu Themen wie:

  • Verzicht des Einsatzes von Mikroplastik
  • Verringerung von Verpackungsmaterial, zum Beispiel im Onlinehandel
  • Ressourceneffizienz und -schonung durch Einsatz von Sekundärrohstoffen im Produktionsprozess
  • Weiterverkauf gebrauchter Möbel oder Nutzung des Instruments der Sachspenden
  • Bessere Vorsortierung bei Stoffen und Gegenständen wie Altpapier und Alttextilien, um diese entweder erst gar nicht zu Abfall werden zu lassen oder frühzeitig über das Ende der Abfalleigenschaft aus dem Abfallrechtsregime wieder herauszubekommen
  • Vorsortierung bei Sperrmüll und gesonderte Abfuhr von zum Beispiel Metall und Holz

Eine Besonderheit der Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes sieht Simon Meyer unter anderem darin, „dass man nicht nur bei uns als Abfallerzeugern ansetzt, bei den privaten Haushalten oder anderen Herkunftsbereichen aus Industrie und Gewerbe und der dahinter geschalteten privaten und kommunalen Entsorgungswirtschaft, sondern weiter vorne, direkt beim Produktionsprozess im Rahmen eines Ausbaus der Produktverantwortung.“

Zentral für Hersteller von Produkten – Obhutspflicht und Transparenzbericht

Zwei Bestandteile des neuen KrWG sorgen besonders für Diskussionen: die Obhutspflicht und der damit verbundene Transparenzbericht.

1. Die Obhutspflicht - Verantwortung für Langlebigkeit

Neu in Zusammenhang mit der Ausweitung der Produktverantwortlichkeit ist die sogenannte Obhutspflicht. Diese soll dafür sorgen, dass Hersteller mehr Wert als bisher auf eine hohe Laufzeit von Produkten legen. Damit soll in Zukunft auch verhindert werden, dass zum Beispiel Elektrogeräte direkt nach Ablauf der Gewährleistung und bei fehlender Reparaturfähigkeit zu Abfall werden.

Die Obhutspflicht verpflichtet Verantwortliche darauf zu achten, dass

  • Produkte langlebig sowie
  • reparaturfähig sind und
  • ihre Bestandteile, wenn sie schließlich zu Abfall werden, möglichst recyclefähig sind.

2. Der Transparenzbericht – zum Nachweis der Obhutspflicht

In Zukunft müssen Produktverantwortliche in bestimmten Bereichen darlegen, dass und mit welchen Maßnahmen sie der Obhutspflicht nachkommen. Dafür sieht die Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes den Transparenzbericht vor. Dieser soll sich nicht nur mit der Herstellung, sondern zum Beispiel auch mit der Entsorgung und den Bestandteilen des jeweiligen Produktes befassen.

Spezielle Gesetze zur Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes folgen noch

Noch sind Obhutspflicht und Transparenzbericht, wie Simon Meyer es ausdrückt, ein „stumpfes Schwert“. Denn in der Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes sind die beiden Vorgaben lediglich als latente Grundpflicht ausgestaltet, aber mit der Möglichkeit, sie über Rechtsverordnungen und spezielle Gesetze zu konkretisieren. „Daraus erwachsen“, so der Rechtsanwalt, „noch keine materiell-rechtlichen Verpflichtungen gegenüber den Produktverantwortlichen.“ Anders ausgedrückt haben Unternehmen, die der Obhutspflicht nicht nachkommen, derzeit nichts zu befürchten.

Doch sollte sich niemand darauf verlassen, dass das noch lange so bleibt. Simon Meyer geht davon aus, dass schon in naher Zukunft konkrete Rechtsverordnungen und spezielle Gesetze folgen und mit ihnen die entsprechenden Konsequenzen. Denn die Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes sieht unter anderem vor, dass die oben erwähnten Vorgaben über Rechtsverordnungen und spezielle Gesetze zu durchsetzbaren materiell-rechtlichen Pflichten ausgestaltet werden können. Dann sei sogar ein Verbot von Produkten denkbar, wenn Bestimmungen des KrWG nicht ausreichend beachtet würden. Zudem mehren sich derzeit die Forderungen nach einer verpflichtenden Recyclateinsatzquote.

Was Unternehmen jetzt tun sollten

Welche Maßnahmen sollten Verantwortliche in Unternehmen jetzt ergreifen, um negative Konsequenzen zu vermeiden? Simon Meyer rät zu Folgendem:

  • Zunächst einmal sollten sich Verantwortliche eingehend mit der Novelle und flankierenden anderen Verordnungen und Gesetzen befassen. Das gilt auch für öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger.
  • Dabei sollten sie sich die Frage stellen, ob es bereits praktische Umsetzungserfordernisse gibt. Besonders im Bereich Entsorgungsmanagement drohen schon heute Konsequenzen für die Nichteinhaltung von Vorgaben.
  • Schließlich gilt es, sich rechtzeitig auf die Konkretisierungen der Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes vorzubereiten. Das heißt zum Beispiel, die eigene Produktion nach Möglichkeiten der Abfallvermeidung sowie einer kreislauforientierten Wirtschaft (Circular Economy) unter die Lupe zu nehmen.

Dabei gibt es Vorbilder, an denen sich Unternehmen orientieren können. Viele Big Player, so Simon Meyer, seien schon recht weit in im aktuellen Transformationsprozess des Abfallrechts hin zu einer Circular Economy – und das nicht nur aus Angst vor rechtlichen Konsequenzen.

Abfallvermeidung zahlt sich auch wirtschaftlich aus

Ob ressourcenschonende Herstellung von Produkten oder recyclingfähiges Verpackungsmaterial im Onlinehandel: viele in ihren Bereichen tonangebende Unternehmen warten nicht auf Gesetze. Das mag in Teilen damit zu tun haben, dass in den Chefetagen das Bewusstsein für nachhaltiges Wirtschaften wächst.

Vielleicht noch wichtiger aber ist, dass Konsumenten Kaufentscheidungen verstärkt danach ausrichten, wie umweltfreundlich Unternehmen und Produkte sind. In dieser Situation ist es ein Wettbewerbsvorteil, langlebige, recyclingfähige und nachhaltige Produkte zu schaffen.