Beitrag vom 07.07.2020
Betrieb verpflichtet
„Eigentum verpflichtet“, heißt es. Genau genommen müsste es lauten: „Betrieb verpflichtet“. Denn sobald Unternehmen und Personen Gebäude bzw. Anlagen betreiben, müssen sie eine Reihe von Pflichten beachten. In diesem Zusammenhang spricht man von „Betreiberpflichten“ bzw. „Betreiberverantwortung“.
Werden Betreiberpflichten verletzt, kann dies folgenreiche Unfälle und unangenehme Rechtsfolgen nach sich ziehen. Diese Tatsache wird gern unterschätzt. Dasselbe gilt für die Anforderungen, die mit der rechtssicheren Delegation einzelner Pflichten verbunden sind.
Hier gehen wir darauf ein, was Betreiberpflichten sind, wer sich mit ihnen beschäftigen sollte und was zu beachten ist, wenn Betreiberverantwortung delegiert wird.
Wer ist Betreiber?
Mehr Personen, als es sich oft bewusst sind, könnte man darauf antworten. Denn neben Eigentümern und Besitzern gehören dazu Unternehmen, die ein Gebäude bzw. eine gebäudetechnische Anlage betreiben.
Sogar Mieter können Betreiberverantwortung haben, ebenso wie Arbeitnehmer oder Dienstleister – dann nämlich, wenn ihnen Betreiberpflichten übertragen wurden. Deshalb ist eine Definition von Betreiber alles andere als leicht zu formulieren.
Damit stellt sich die nächste grundlegende Frage.
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Was ist Betreiberverantwortung? Eine Definition
Laut VDI 3810 gilt: „Betreiberverantwortung ist die Rechtspflicht zum sicheren Betrieb einer Anlage, einer Gebäudeeinheit, einer sonstigen Gefahrenquelle oder eines Bereichs mit Nutzungsmöglichkeiten für die Öffentlichkeit (Publikumsverkehr).“
Nach Hartmut Hardt, Rechtsanwalt VDI, Dozent und Berater für Betreiberverantwortung im Facility-Management, handelt es sich um „die Pflicht, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren Schadenseintritte abzuwenden“.
Der Schaden kann Personen betreffen, beispielsweise durch nicht gestreute Wege im Winter oder einen Stromschlag durch eine unsachgemäß gewartete Anlage, aber auch Eigentum. Wenn Treibhausgase entweichen oder austretende Chemikalien Gewässer verunreinigen, ist in erster Linie die Umwelt der Leidtragende.
Wichtige Gesetze, Verordnungen und Richtlinien in diesem Zusammenhang sind unter anderem:
- Arbeitsschutzgesetz (ArbSchutzG)
- Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)
- Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)
- VDI 3810
Pflichtenübertragung – das müssen Sie beachten, wenn Sie Betreiberpflichten delegieren
Um der eigenen Betreiberverantwortung gerecht zu werden, sind laut Hartmut Hardt drei Schritte zentral:
- sich der eigenen Rolle bewusst werden,
- die mit der Rolle verbundenen Aufgaben und Pflichten erkennen und
- diese entweder selber ordnungsgemäß erfüllen oder durch Dritte ordnungsgemäß erfüllen lassen.
Dabei ist eine Delegation an Dritte durchaus üblich. Schließlich fehlen einem Unternehmen, egal ob Anwaltskanzlei, Bank oder Verlag, in aller Regel das Know-how und die Zeit, um Aufzüge zu warten oder sich um die Warmwasserversorgung zu kümmern. Auch um eine vorschriftsmäßige Raumluftqualität sicherzustellen, Gewässerschutz zu gewährleisten oder Wege im Winter sicher passierbar zu machen, beauftragen Betreiber meist Dritte, zum Beispiel Firmen für Facility-Management.
Auch wenn etwas schiefgeht!
Damit sie dabei auf der richtigen Seite sind, auch dann, wenn etwas schiefgeht, müssen sie:
- Inhalt und Umfang aller übertragenen Pflichten sowie ihrer Dokumentation klar definieren und abgrenzen,
- den Delegationsempfänger sorgsam auswählen,
- ihn mit allen notwendigen Kompetenzen und Mitteln ausstatten,
- ihn an-/ein- und unterweisen (inklusive Dokumentation) und
- ihn laufend überwachen.
Das bedeutet auch: Unternehmen, die Betreiberpflichten delegieren, müssen sichergehen, dass sie sie geeigneten Personen übertragen.
Schulungen stellen die Fachkunde sicher
Ob Brandschutzbeauftragte, Aufzugswärter oder Druckanlagenwärter, wer Betreiberpflichten übernimmt, muss sich nicht nur in seinem Fach auskennen. Er muss auch auf dem neuesten Stand sein. Denn der aktuelle Kenntnisstand über das Wissen im eigenen Gewerk ist Teil der Fachkunde, ebenso wie die entsprechende Ausbildung und Erfahrung. Abgebildet wird dieser aktuelle Stand der Technik in den VDI-Richtlinien oder anderen technischen Regelwerken sonstiger anerkannter Regelwerksetzer (DIN, DVGW, VDMA, VDE).
Da sich dieser aktuelle Kenntnisstand in manchen Bereichen ständig ändert, sind regelmäßige Weiterbildungen bzw. Schulungen umso wichtiger. Nur so können Ausführende die Leistungen erbringen, die Auftraggeber benötigen, nur so gehen Auftraggeber bei der Pflichtenübertragung auf Nummer sicher.
Übrigens: Die Pflicht, die Erfüllung von delegierten Betreiberpflichten zu kontrollieren, lässt sich nicht übertragen. Hier sind Betreiber also in jedem Fall in der Pflicht.
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Maike Dittberner

TÜV NORD Akademie GmbH & Co. KG
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