Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen

Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen

Beitrag vom 13.08.2021

Zur Themenwelt Qualitätsmanagement

Besonderheiten des Qualitätsmanagements im Gesundheitswesen

Im Gesundheitswesen ist das Qualitätsmanagement von ganz besonderer Bedeutung, denn das primäre Ziel besteht in der Gewährleistung der Patientensicherheit.

Wie die Arbeit der Qualitätsmanagementbeauftragten im Gesundheitswesen und Sozialwesen aussieht, welche Aufgaben und Funktionen sie erfüllen und mit welchen Gesetzmäßigkeiten sie vertraut sein sollten, haben wir mit Julia Haas besprochen. Ursprünglich in der Pflege tätig, arbeitet sie seit über zehn Jahren als Qualitätsberaterin und Lead-Auditorin sowie als Referentin im Gesundheitswesen und Sozialwesen für die TÜV NORD Akademie. Sie gibt uns Einblicke in die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten der Qualitätsmanagementbeauftragten im Gesundheitswesen.

Das Qualitätsmanagement in Einrichtungen des Gesundheitswesens

Das Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen hat sich seit seiner Etablierung, Ende des 20. Jahrhunderts, stetig gewandelt. Das ursprüngliche Ziel bestand zunächst darin, die Leistung von Ärztinnen und Ärzten sowie die der medizinischen Fachgruppen zu verbessern. Seither entwickeln sich die Anforderungen ständig weiter und wurden zuletzt 2016 in der Neuauflage des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) konkretisiert. Im Zuge dessen müssen sich Einrichtungen nach der ISO 9001 richten und den darin vorgegebenen Mindestanforderungen an Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität entsprechen. Dazu zählen Maßnahmen für die Einhaltung der Qualitätssicherung in Praxen und Krankenhäusern genauso, wie die Berücksichtigung von Datenschutzvorgaben und dem Behandlungsvertrag. Eine Verpflichtung zur Zertifizierung für Einrichtungen gibt es aktuell allerdings nicht.

Ein Qualitätsmanagementsystem bietet unter anderem die Möglichkeit, einrichtungsinterne Ziele zu definieren und umzusetzen. Dabei stellt die Gewährleistung der Patientensicherheit stets das übergeordnete Ziel aller Maßnahmen dar, das beispielsweise durch die Einhaltung von Hygienemaßnahmen, ein Risikomanagement oder ein Beschwerdemanagement, erreicht werden kann.

Laut Julia Haas sollte eine Qualitätsmanagementbeauftragte beziehungsweise ein Qualitätsmanagementbeauftragter im Gesundheitswesen bei der Umsetzung die Vorgaben und Richtlinien des G-BA und der ISO 9001 verinnerlicht haben und sich dafür interessieren, die bestehende Qualität zu halten und bestenfalls nach dem PDCA-Zyklus (Plan-Do-Check-Act) einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess einzuleiten. Sie weiß, wie wichtig es ist, dass alle Fäden im Qualitätsmanagement zusammenlaufen und von dort Prozesse systematisch gesteuert werden können.

Aufgaben von Qualitätsmanagementbeauftragten im Gesundheitswesen

Der oder die Qualitätsmanagementbeauftragte im Gesundheitswesen ist für die gesamte Steuerung des QM zuständig. Er oder sie ist dabei die zentrale Verbindung zwischen Geschäftsführung oder Praxisleitung und den Mitarbeitenden. In Besprechungen leiten Qualitätsmanagementbeauftragte im Gesundheitswesen das Team und informieren dieses über aktuelle Themen. Nur durch den ständigen Austausch mit dem Team kann in diesem kontinuierlichen Verbesserungsprozess auch die Wirksamkeit und Zweckmäßigkeit von Verbesserungsmaßnahmen geprüft werden.

Rollen und Funktionen des Qualitätsmanagements im Gesundheitswesen

Abhängig von der Größe der Einrichtungen, kann die Rolle der Qualitätsmanagementbeauftragten verschiedene Zuständigkeiten vereinen. Verantwortlich für die Etablierung eines Qualitätsmanagements in einer Pflegeeinrichtung, einem Krankenhaus oder einer Praxis ist immer die Geschäftsführung, beziehungsweise Leitung. Diese kann entweder eine zuständige Person benennen oder in größeren Einrichtungen eine QM-Abteilung aufbauen. So kommt es vor, dass QM-Beauftragte in Arztpraxen auch gleichzeitig die Hygienebeauftragten sind.

In Krankenhäusern oder ambulanten Pflegeeinrichtungen sind die Aufgaben hingegen oft auf mehrere Köpfe verteilt. Die oder der Qualitätsmanagementbeauftragte verantwortet dann beispielsweise einen der folgenden Zuständigkeitsbereiche:

Fehlermanagement

Überwachung des CIRS (Critical Incident Reporting System) und der Fehlermeldungen

Beschwerdemanagement

Überwachung und Auswertungen von Beschwerden, die durch Patienten oder von außen geäußert wurden

Dokumentenlenkung

Überblick über Ordnerstrukturen, Archivierung und Protokollierung von Dokumenten

Ergänzend zum Qualitätsmanagement, das der Entwicklung der Organisation dient, kann eine Qualitätssicherung der Abbildung, Sicherung und Verbesserung der Qualität der Patientenversorgung dienen. Sowohl im Qualitätsmanagement als auch in der Qualitätssicherung sollten Abläufe stetig überprüft, hinterfragt und kontinuierlich verbessert werden.

Anwendung des Qualitätsmanagements im Gesundheitswesen im Alltag

„Die große Herausforderung für ein gutes Qualitätsmanagementsystem im Gesundheitswesen liegt wohl im Aufbrechen alter Strukturen und dem Umsetzen der Maßnahmen aus der Theorie in die Praxis.“, so Julia Haas.

Unternehmen im Gesundheitswesen können nur von einem Qualitätsmanagement profitieren. Das klare Aufzeigen von Potenzialen in Einrichtungen, die Darstellung des Ist-Zustands sowie neue Anstöße tragen maßgeblich zur Verbesserung der Qualität bei.

Das Ziel, Fehler in einer medizinischen Einrichtung komplett zu verhindern, wäre zu hoch gegriffen, sie sollten jedoch weitestgehend minimiert werden. Das Arbeiten mit und an Menschen stellt alle Beteiligten vor ständige Herausforderungen. Es kann beispielsweise zu Medikamentenverwechselungen oder Rezeptverwechselungen kommen. Aus diesen Fehlern zu lernen und sie zu minimieren, stellt wiederum eine große Chance des Qualitätsmanagements im Gesundheitswesen dar.

Die Bedeutung des Risikomanagements im QM

Dabei ist es die Aufgabe des Risikomanagements, Risiken überhaupt zu erkennen, diese zu benennen und folglich zu eruieren, welche Maßnahmen bei der Verminderung des Risikos greifen können. Lösungsansätze können für diese Herausforderungen beispielsweise in der Vereinheitlichung von Prozessen liegen, die abteilungsübergreifend durchgeführt werden. Ein Risiko, das auf Station A aufgetreten ist, sollte nicht auch auf Station B oder C entstehen. In Krankenhäusern kann dabei unterstützend das CIRS (Critical Incident Reporting System) genutzt werden. Hierbei sollten alle „Beinahe-Fehler“ gemeldet werden, sodass durch die daraus entwickelten Korrektur- und Vorbeugemaßnahmen weitere Fehlervermeidungen und die Patientensicherheit gewährleistet werden können.

Die Aufgaben des Beschwerdemanagements

Gleiches gilt für das Beschwerdemanagement. Qualitätsmanagementbeauftragte sind dabei für das Sammeln, Bewerten und Lösen von Beschwerden, die von außen kommen, zuständig. Oftmals werden diese von Patientinnen und Patienten oder weiteren interessierten Parteien, wie Angehörigen, weiter behandelnden Personen oder ärztlichen Kolleginnen und Kollegen eingereicht. Auch diese Beschwerden können ein Risiko darstellen. Von den Beschwerden mit eher niedrigem Risikofaktor, wie einem nicht funktionierenden Fernseher, bis hin zu schwerwiegenden Hygieneverstößen des medizinischen Personals, müssen alle Beschwerden aufgenommen werden. Durch das Beschwerdemanagement werden Beanstandungen gefiltert, kritische Ereignisse weiterverfolgt und bestenfalls Lösungen gefunden. Auch hierfür müssen Vorfälle dokumentiert, zentral gesteuert und Optimierungsmaßnahmen einer Wirksamkeitsprüfung unterzogen werden.

In internen Audits werden neben den Auditkriterien auch die Korrektur von Risiken und Beschwerden, sowie vorbeugende Maßnahmen eingehend geprüft.

QMB-Ausbildung im Gesundheitswesen

Der Erfolg von Qualitätsmanagementbeauftragten im Gesundheitswesen ist neben dem fachlichen Know-how vor allem  auch von der Fähigkeit, Prozesse zu delegieren, abhängig. Um die nötigen fachlichen Kenntnisse zu erlangen, ist es ratsam, sich dementsprechend weiterzubilden und auf dem aktuellen Stand der Anforderungen zu bleiben. Bei der Ausbildung zur bzw. zum Qualitätsmanagementbeauftragten im Gesundheitswesen wird vor allem auf die ISO 9001 sowie Normen und Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) eingegangen – gesetzlich verpflichtend ist diese Ausbildung jedoch nicht. Als Schnittstelle zwischen Geschäftsführung und Mitarbeitenden, ist es außerdem von Vorteil, zu beiden Parteien einen guten Draht zu haben, sich durchsetzen zu können und klar zu kommunizieren.

Um auf dem aktuellen Stand der Leitlinien zu bleiben, empfiehlt Julia Haas, sich regelmäßig auf der Webseite des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) oder des Robert Koch Instituts (RKI) zu informieren.

Wie sich die Ausbildung zur beziehungsweise zum Qualitätsmanagementbeauftragten im Gesundheitswesen und Sozialwesen gestaltet, welche Inhalte vermittelt werden und welche Fertigkeiten angehende Qualitätsmanagementbeauftragte mitbringen müssen, erfahren Sie im Text „Neue Wege in der QMB-Ausbildung in der Gesundheitsversorgung“.