Besser vorbereitet in die Zukunft – so ist betriebliche Pandemieplanung erfolgreich
Als 2020 die SARS-CoV2-Pandemie ausbrach, die die Welt bis heute in Atem hält, waren viele Unternehmen schlecht vorbereitet. Dr. Hans-Walter Borries, stellvertretender Vorsitzender im Bundesverband für den Schutz Kritischer Infrastrukturen e.V. (BSKI) beobachtete, dass besonders kleine und mittelständische Betriebe von Covid-19 überrumpelt wurden – ohne Pandemieplan in der Schublade oder eine Person, die sich mit der Thematik beschäftigt hatte.
Viele sind bisher trotzdem glimpflich durch die Krise gekommen. Das liegt vor allem daran, dass weitaus weniger Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen erkrankten als befürchtet. Doch wie sich eine mögliche weitere Welle oder die nächste Pandemie auswirkt, ist fraglich.
Umso drängender ist die Frage: Wie können Unternehmen ihre Pandemieplanung verbessern, damit sie beim nächsten Mal vorbereitet sind?
Warum Pandemien eine spezielle Art der Krise darstellen
Zunächst ist es wichtig, festzustellen: Eine Pandemie unterscheidet sich genauso wie die lokal begrenzte Epidemie erheblich von anderen Krisenarten. Das hat vor allem folgende Gründe:
- Mit Ausnahme von Personen, die sich an die Hongkong-Grippe Ende der Sechzigerjahre erinnern, haben die meisten Menschen in Deutschland noch nie ein mit der SARS-CoV-2-Pandemie vergleichbares Ereignis erlebt – trotz regelmäßiger Grippewellen.
- Anders als beispielsweise ein Hochwasser ist eine Pandemie zu einem gewissen Grad unsichtbar. Man sieht nur die Auswirkungen.
- Gleichzeitig dauert sie deutlich länger an als ein Hochwasser oder ein Brand.
„Gerade weil es sich um ein schwer vorstell- und greifbares Ereignis handelt, wird die Gefahr oft verdrängt“, so Hans-Walter Borries. Das hat Folgen für das Krisenmanagement. „Als Wissenschaftler muss man sehr vorsichtig an Verantwortliche herantreten, damit man sie nicht verschreckt und gleichzeitig die sie betreffenden Gefahren und möglichen Störungen verständlich aufzeigen kann.“
Wichtige Grundlagen für das Krisenmanagement bei Pandemien
Betriebe, die sich zum ersten Mal mit der Pandemieplanung in Unternehmen beschäftigen, können sich an verschiedenen Dokumenten orientieren: Richtlinien des Bundes und der Länder, Handlungsanweisungen und Muster für Pandemiepläne.
Das gemeinsam vom Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg und dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe herausgegebene „Handbuch Betriebliche Pandemieplanung“ ist ebenfalls eine wertvolle Hilfestellung.
Grundsätzlich aber, so betont Medizinpädagogin Alexandra Geckeler, gäben alle Vorlagen nur einen Rahmen vor, den Unternehmen für sich und ihre Bedürfnisse ausfüllen müssten. Damit das gelinge, sei es schon für kleine und mittelständische Unternehmen sinnvoll, eine Pandemie-Managerin beziehungsweise einen Pandemie-Manager zu ernennen.
Betrieblicher Pandemieplan und Pandemie-Manager – zentrale Elemente in der Pandemieplanung
1. Pandemie-Manager – mehr als eine Nebenfunktion
Sowohl für Hans-Walter Borries als auch für Alexandra Geckeler spielt die Pandemie-Managerin beziehungsweise der Pandemie-Manager eine Schlüsselrolle in der betrieblichen Pandemieplanung. Entsprechend groß sind die Anforderungen an die betreffende Person.
„Ein Pandemie-Manager muss Pläne, Ausbildungsvorhaben und Übungen erarbeiten und immer wieder überprüfen, ob die theoretischen Konzepte in der Praxis stimmig sind.“ Das setze eine gute Ausbildung und Durchsetzungskraft im Unternehmen voraus. Letztendlich sei er oder sie auch während einer Pandemie mitverantwortlich dafür, welche Maßnahmen in einem Unternehmen ergriffen werden.
Deshalb warnt Hans-Walter Borries davor, eine Person zu ernennen, die schon fünf oder sechs andere Funktionen ausübe. Denn der Stundenaufwand für die Pandemieplanung sei erheblich. Freilich hänge er auch von der Größe des Unternehmens und seinen Kapazitäten ab. In großen Betrieben sei ein Leiter oder eine Leiterin für das Pandemie-Management mit einem Führungsstab vorstellbar, in kleinen könne eine Person die Tätigkeit für das Krisenmanagement phasenweise ausüben.
2. Der Pandemieplan – ein Rahmen für den Ernstfall
Ein weiteres zentrales Element einer betrieblichen Pandemieplanung ist ein Pandemieplan, der eine Strategie für den Ernstfall festschreibt. Hier gilt: Jeder Pandemieplan in Unternehmen sieht anders aus, abhängig vom Unternehmen und den jeweiligen Rahmenbedingungen.
Wichtige Maßnahmen sind die folgenden:
- Prozesse analysieren: Der erste und einer der wichtigsten Schritte besteht darin, sämtliche Prozesse im Unternehmen aufzuschlüsseln und zu analysieren: Was bedeutet der Ausfall einzelner Personen in der Produktionskette, vom Pförtner bis zum Software-Spezialisten? Welche Auswirkungen hat der Ausfall bestimmter Prozesse? Welche sollten auf jeden Fall weiterlaufen? Welche Tätigkeiten lassen sich außer Haus, zum Beispiel im Homeoffice ausüben?
- Vertretungen festlegen: Gibt es Vertretungen für besonders wichtige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wenn diese ausfallen?
- Notfallkommunikationsplan: Über welche Kanäle erfolgt die Kommunikation? Für reibungslose Prozesse im Pandemiefall ist es zentral, Entscheiderinnen und Entscheider sowie Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner festzulegen – inklusive Vertretungen.
- Hilfsmittel bereitstellen: Welche Hilfsmittel, zum Beispiel Masken oder Desinfektionsmittel, sind notwendig? Wie viel davon sollte der Betrieb im Vorhinein anschaffen?
- Zugang zum Gesundheitssystem überprüfen: Wie steht es um den Zugang von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen zum Gesundheitssystem? Lässt sich dieser verbessern? Gibt es Personen mit besonderen Bedürfnissen im Betrieb?
- Maßnahmen zum Gesundheitsschutz festlegen: Durch welche Richtlinien und Maßnahmen lässt sich die Übertragung von Erregern eindämmern beziehungsweise verhindern?
Ein weiterer wesentlicher Bestandteil der betrieblichen Pandemieplanung sind regelmäßige Schulungen. Nur so funktionieren Notfallabläufe und Kommunikationsprozesse in der Praxis. Dabei ist es gerade für Unternehmen, die zum ersten Mal eine Pandemieplanung in Angriff nehmen, sinnvoll, Unterstützung zu suchen. „Viele kleine und mittelständische Unternehmen“, so Hans-Walter Borries, „brauchen Fachgutachter von außen, die ihnen helfen, Arbeitsschritte zu definieren und in der Umsetzung zu prüfen.“ Diese Hilfe in Anspruch zu nehmen, lohnt sich langfristig.
Ein gutes Krisenmanagement bei Pandemien kann das wirtschaftliche Überleben sichern
Auch wenn es aktuell niemand gerne hört: Nach der Pandemie ist vor der Pandemie. Faktoren wie die Globalisierung und der Klimawandel erhöhen die Gefahr, dass Ereignisse wie Covid-19 in Zukunft gehäuft auftreten. Unter Umständen erkranken dann 20, 30 oder sogar 50 Prozent der Beschäftigten in Betrieben. Spätestens in einer solchen Situation hängt die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit von Unternehmen auch davon ab, ob sie einen Pandemie-Manager oder eine Pandemie-Managerin eingesetzt und sich rechtzeitig um einen betrieblichen Pandemieplan gekümmert haben.
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