Was die SARS-CoV-2-Variante Omikron für Unternehmen bedeutet
Infolge des Auftretens der SARS-CoV-2-Variante Omikron kam eine große Verunsicherung hinsichtlich der Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens und von Versorgungsstrukturen auf. Vor allem der Begriff „Kritische Infrastrukturen“ fiel wiederholt. Betroffen sind jedoch nicht nur die definierten kritischen Infrastrukturen und systemrelevante Sektoren, sondern alle Unternehmen.
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe definiert sie wie folgt:
Organisationen und Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden.
BUNDESAMT FÜR KATASTROPHENHILFE UND BEVÖLKERUNGSSCHUTZ (BBK). BBK-Glossar. 2. Auflage. Bonn, 2019
In unserem Artikel mit Olaf Jastrob erfahren Sie, worauf Unternehmen sich einstellen sollten und welche Maßnahmen zur Vorbereitung auf eine Pandemiesituation sie jetzt treffen sollten.




Unser Experte: Olaf Jastrob
"Jeder Führungskraft muss bewusst sein, dass jederzeit in einer Pandemie infolge von Mutationen gefährlichere Virusvarianten auftreten können und gleichermaßen jederzeit neue Viren zu neuen Pandemien führen können."
Olaf Jastrob ist Krisen- und Risikomanager sowie Vorsitzender im Deutschen Expertenrat für Besuchersicherheit (DEB).
Zwar bestätigt sich mittlerweile hinsichtlich der sich schnell verbreitenden Virusvariante Omikron zunehmend, dass diese anteilig weniger schwere Krankheitsverläufe verursacht, hingegen jedoch infektiöser als die in Deutschland vorherrschende Delta-Variante ist. Mit Blick auf andere Länder warnt die Bundesoberbehörde Robert-Koch-Institut vor einer schlagartigen Erhöhung der Infektionsfälle.
Für alle Unternehmen bedeuten höhere Infektionszahlen eine höhere Wahrscheinlichkeit eines größeren Personalausfalls.
Prognosen zu Auswirkungen auf einzelne Unternehmen
Betrachtet man frühere Experteneinschätzungen, so ging man bereits vor der globalen Corona-Pandemie von höheren Einschnitten in die Versorgungsstruktur aufgrund mangelnder personeller Ressourcen aus. So kam ein Bund-Länder-Fachgremium zu dem Ergebnis, dass eine Influenzapandemie erheblich größere Auswirkungen auf einzelne Unternehmen haben könnte, als die saisonalen Grippewellen.
Der Annahme nach müssten sich Unternehmen bei einer (regionalen) Erkrankungsrate von 30 Prozent - egal ob Verwaltung, produzierender Betrieb oder Dienstleister - darauf einstellen, dass zeitweise deutlich über 30 Prozent (ggf. bis zu 50 Prozent) der Mitarbeitenden nicht zur Arbeit erscheinen würden. Es wurde angenommen, dass neben den tatsächlich Erkrankten weitere Werktätige zur Pflege und Versorgung von Angehörigen, aus Vorsicht oder aufgrund der beeinträchtigten Infrastruktur (Ausfälle im ÖPNV, geschlossene KiTas und Schulen) ihre Arbeitsstelle nicht aufsuchen würden. Erkrankte Beschäftigte fielen in diesem Szenario für mindestens eine bis zwei Wochen aus.




"Die ersten Studienergebnisse zu milderen Krankheitsverläufen infolge von Omikron-Infektionen dürfen nicht über die Gefahr eines zunehmenden Personalausfalls hinwegtäuschen.", warnt Olaf Jastrob.
Abbildung in Anlehnung an: BUNDESAMT FÜR KATASTROPHENHILFE UND BEVÖLKERUNGSSCHUTZ (BBK). Betriebliche Pandemieplanung Kurzinformation der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Influenzapandemieplanung in Unternehmen“. Bonn, 2007
Diese Prognose kann durch die Erfahrungen in der aktuellen Pandemie belegt werden. Allerdings wäre das Ausmaß noch gravierender.
An diesem Punkt befindet sich Deutschland aktuell. Wissenschaftler warnen davor, dass eine stark zunehmende Hospitalisierung aufgrund der insgesamt zunehmenden Fallzahlen das Gesundheitssystem überbelasten würde. Gleichzeitig ist die Politik bemüht, die Quarantäneregelungen an die Infektiosität der Virusvariante anzupassen, um den Personalausfall durch zu großzügige Quarantänereglungen möglichst gering zu halten.
"Die ersten Studienergebnisse zu milderen Krankheitsverläufen infolge von Omikron-Infektionen dürfen nicht über die Gefahr eines zunehmenden Personalausfalls hinwegtäuschen.", warnt Olaf Jastrob.
Frühere, präpandemische Erhebungen zeigten bereits auf, dass ein Großteil - unter Umständen bis zu zwei Drittel - deutscher Unternehmen keine Vorsorge für Pandemien getroffen hat. Vor allem in Unternehmen, die sich bisher mit Hilfe der Improvisation durch die Pandemie hangelten, könnte die fatale Ansicht bestehen, dass man vorbereitet sei. Prognosen gravierender Ausmaße wie aktuell werden oft nicht ernst genommen; genauso wie vor der Corona-Pandemie.
Olaf Jastrob gibt zu bedenken: "Dabei muss jeder Führungskraft bewusst sein, dass jederzeit in einer Pandemie infolge von Mutationen gefährlichere Virusvarianten auftreten können und gleichermaßen jederzeit neue Viren zu neuen Pandemien führen können."
Die wichtigsten betriebliche Maßnahmen zur Vorbereitung auf eine Pandemiesituation
Unabhängig von der Unternehmensgröße wird empfohlen, die Verantwortungsbereiche Pandemiemanagement und Hygienemanagement namentlich Mitarbeitenden zu übertragen. Je nach Unternehmensgröße, Komplexität und Tätigkeitsfeld können beide Bereiche von einem Mitarbeitenden abgedeckt werden, auf zwei Funktionsträger aufgeteilt werden oder sollten von einem Team betreut werden.
Diese Empfehlung bringt folgende Vorteile für Verantwortungstragenden mit sich:
- Klare Pflichtendelegation
- Organisatorische Zuständigkeit
- Ausbildung / gebündelte Expertise
- Ansprechpartner oder Ansprechpartnerin für Mitarbeitende, Vorgesetzte, Fachkraft für Arbeitssicherheit (SiFa), Betriebsarzt oder Betriebsärztin und Behörden
Ein Pandemiemanager oder eine Pandemiemanagerin unterstützt die Unternehmensführung hierbei bei der organisatorischen Vorbereitung (Pandemieplan, Kommunikationsskizzen, Personal- und Materialplanung, Produktionsprozesse unter eingeschränkten Bedingungen usw.) und berät sie (strategische Ausrichtung und Vorbereitung, Überblick gesetzlicher Vorgaben, Monitoring interner und allgemeiner Lage, Interpretation von Epidemie-/Pandemiegeschehen usw.).
Aufgrund der Überschneidungen ist die Bestellung eines Pandemiemanagers oder einer Pandemiemanagerin in Personalunion mit dem Krisenmanager oder der Krisenmanagerin durchaus sinnvoll, sofern es die Begebenheiten vor Ort erlauben.
Hygienebeauftragte sind interne oder externe Dienstleister, die die Betreibende und Arbeitgebende in Maßnahmen des Infektionsschutzes unterstützen. Sie haben keine Weisungsbefugnis, sondern besetzen Stabsstellen und arbeiten als Berater und Multiplikatoren. Ihre Ausbildung ist in branchenspezifischen Leitlinien geregelt. Die Erforderlichkeit eines oder mehrerer Hygienebeauftragten ergibt sich dabei immer aus der Gefährdungsbeurteilung durch Betreibende oder Arbeitgebende: So müssen z. B. Krankenhäuser und Gemeinschaftseinrichtungen Hygienepläne erstellen, in der Lebensmittelbranche müssen HACCP-Konzepte vorhanden sein. Aus diesen verpflichtend und nach bekannten Standards zu erstellenden Konzepten ergeben sich dann die Anzahl und die notwendige Ausbildung der benötigten Hygienebeauftragten. Ihre Stellung und die Art der Tätigkeit ist mit der der Brandschutzbeauftragten vergleichbar.
Mit Beginn der Corona-Pandemie wurden in den von den zuständigen Stellen erlassenen Verordnungen Arbeitgebenden, Betreibenden von Einrichtungen und Veranstaltern von Versammlungen und Veranstaltungen Pflichten zugewiesen; insbesondere die Verpflichtung, die verpflichtenden Schutzmaßnahmen umzusetzen, Hygienekonzepte zu erstellen und die Einhaltung der Maßnahmen zu kontrollieren und zu dokumentieren. Im Rahmen ihrer allgemeinen Sorgfaltspflichten müssen die Verantwortlichen dabei gewährleisten, dass alle diese Maßnahmen sachkundig geschehen.
Verfügt ein Unternehmen nicht über Hygienebeauftragte, so würden zusätzliche Aufgaben auf den Pandemiemanager oder die Pandemiemanagerin zukommen.
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