Hygienekonzept Veranstaltungen: Denkfehler & Stolpersteine

Hygienekonzept Veranstaltungen: Denkfehler & Stolpersteine

Beitrag vom 15.07.2021

Zur Themenwelt Veranstaltungssicherheit

Neue Herausforderung bei Hygienekonzepten für Veranstaltungen

Infolge der Corona-Pandemie wurden diverse neue arbeitsrechtliche, unfallverhütungstechnische und ordnungsbehördliche Vorgaben erlassen, die Betreiber und Arbeitgeber in die Pflicht nehmen. Beispielsweise werden durch den SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard ein Hygienekonzepte bzw. angepasste Gefährdungsbeurteilungen gefordert.

Verstöße gegen die Aufstellpflicht und die korrekte Umsetzung können sowohl landes- wie auch bundesrechtliche Ordnungswidrigkeiten darstellen. In schweren Fällen können sie mit bis zu 30.000 € geahndet werden.

Unser Experte: Olaf Jastrob

Olaf Jastrob ist Sachverständiger für Veranstaltungs- und Besuchersicherheit
sowie Vorsitzender im Deutschen Expertenrat für Besuchersicherheit (DEB).

 

Hygiene in aller Munde – auch in Ihrem Unternehmen?

Es gibt Unternehmen und Einrichtungen, für die ein Hygienekonzept nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) schon immer rechtlich vorgeschrieben war. Dazu zählen beispielsweise Krankenhäuser, Gemeinschaftseinrichtungen oder lebensmittelverarbeitende Betriebe.

In der Pandemie hat jede Arbeitgeberin und jeder Arbeitgeber laut Arbeitsschutzgesetz die Aufgabe, den Arbeits- und Gesundheitsschutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewährleisten. Denn im Falle eines Corona-Ausbruchs können die Arbeitgebenden haften. Die DGUV hat mittlerweile umfangreiche Vorgaben erarbeitet, um den Gesundheitsschutz zu gewährleisten. Wenn die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber die Vorgaben nicht einhält und es beispielsweise keine Testungen oder keine Abstandsregelungen gibt, handelt dieser mindestens fahrlässig – und wird im Falle des Falles zur Verantwortung gezogen.

Unternehmen und Einrichtungen, die erst seit der Pandemie dazu verpflichtet sind, ein Hygienekonzept-, respektive Infektionsschutzkonzept zu erarbeiten (siehe oben), müssen sich vor allem an den aktuellen Corona-Landesverordnungen orientieren. Diese sind von Bundesland zu Bundesland und beinahe von Tag zu Tag unterschiedlich, da diese immer an die aktuelle Situation angepasst werden.

Laut unserem Experten Olaf Jastrob wird es aber in Zukunft immer Hygienekonzepte oder vergleichbare Dokumente geben – selbst wenn es der Gesetzgebende nicht wortwörtlich sondern indirekt durch allgemeine Bestimmungen fordern sollte. Umso wichtiger, sich bereits heute mit einem Hygienekonzept auseinanderzusetzen.

Worauf sollten Sie bei einem Hygienekonzept achten?

Mittlerweile existieren die unterschiedlichsten Dokumente und Kopien von Hygienekonzepten. Hygienekonzepte sind für viele Einrichtungen und Unternehmen in dieser Form neu. Deswegen sind viele Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber auf der Suche nach Orientierung und Vorgaben.

Doch wie sinnvoll ist es, ein (Muster-)Konzept für Ihr eigenes Unternehmen zu kopieren? Gar nicht! Denn es ist wichtig, dass Sie für Ihr Unternehmen bzw. Ihre Veranstaltung ein ganz individuelles Hygienekonzept nach der aktuellen Landesverordnung erstellen, damit dieses auch rechtskonform ist. Individuell ist hier das Stichwort! Denn jede Veranstaltung, jedes Büro, jeder Verein und jede Firma benötigt ein eigenes Hygienekonzept mit den entsprechenden Hygieneregeln.

Der Inhalt eines Hygienekonzepts

Dabei sollte Ihr Hygienekonzept, egal ob für eine Veranstaltung oder den normalen Betrieb in Ihrem Unternehmen, im Wesentlichen folgende Punkte beinhalten:

Klare Zuordnung von Verantwortungen
Klare Definition von Risiken und Gefahren
Risikobeurteilung
Individuelle Beschreibung des Objekts
Individuelle Beschreibung der Maßnahmen
Einsatz von “mindestens befähigten Personen”

Häufige Fehler bei der Erstellung eines Hygienekonzepts

Bei der Erstellung und Umsetzung eines Hygienekonzepts treten in der Praxis drei Fehler besonders häufig auf, die Sie verhindern können:

  1. Die schutzbedürftige Zielgruppe wird falsch definiert
    Wer ist Ihre schutzbedürftige Zielgruppe? Sind es Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Besucherinnen und Besucher, die Öffentlichkeit im Allgemeinen oder alle?
     
  2. Konzepte werden kopiert
    Dadurch, dass Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, Veranstalterinnen und Veranstalter oder Betreiberinnen und Betreiber die Konzepte kopieren und nicht individuell auf das eigene Unternehmen anwenden, passieren Fehler und es wird rechtswidrig gehandelt – auch wenn dies mangels besseren Wissens geschah.
    Beispiel: Wo stellen Sie den Desinfektionsspender auf? Am besten an einem Ort, an dem alle jeden Tag vorbeilaufen. Wie wäre es also im Eingangsbereich, so wie es Geschäfte, Bäcker und Co. häufig machen? An sich keine schlechte Idee – wenn dort kein Flucht- und Rettungsweg verläuft! Denn nur weil ein Geschäft oder ein Bäcker Desinfektionsmittel, zudem eine brennbare Flüssigkeit, im Eingangsbereich stehen hat, bedeutet dies nicht, dass Sie das in Ihrem Unternehmen, Verein oder Event auch so handhaben dürfen. Prüfen Sie ganz individuell für Ihre Situation und Ihre Räumlichkeiten, wo die Flucht- und Rettungswege verlaufen und stellen Sie sicher, dass sich in diesem Bereich kein Desinfektionsmittel befindet.
     
  3. Fehlen des Dokuments zur ergänzenden Gefährdungsbeurteilung
    Ein weiterer Fehler, der häufig passiert, ist das Fehlen des Dokuments zur ergänzenden Gefährdungsbeurteilung zu Arbeiten unter COVID-19-Bedingungen. Und dabei benötigt jede Einrichtung und jede Firma mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern laut Arbeitsschutzgesetz eine ergänzende COVID-19-Gefahrenbeurteilung. Ganz egal, ob es sich hierbei um eine Schule, ein Rathaus, ein Büro, eine Veranstaltung oder Restaurant handelt.

Der beste Weg, um Fehler zu vermeiden

Wenn Sie auf Nummer sicher gehen und Fehler vermeiden möchten, stehen Ihnen zwei Optionen offen:

  • Sie holen sich Unterstützung von einer (internen oder externen) Fachkraft. Wichtig ist dabei, dass Sie bei der Auswahl auf die Befähigung - also Weiterbildungen in diesem Bereich - und die Erfahrung achten.
  • Sie können aber auch ein Gremium bilden und sich die Kompetenzen aus den unterschiedlichen Bereichen zusammenstellen. Ein Gremium könnte dabei beispielsweise bestehen aus: Geschäftsführerin oder Geschäftsführer, Fachkräfte für Hygiene, Abteilungsleiterin oder Abteilungsleiter der Technik oder des Gebäudemanagements und einer Betriebsärztin oder einen Betriebsarzt.

Hygienekonzepte in der Zukunft?

Laut unserem Experten Olaf Jastrob wird es in Zukunft auch unabhängig von einer Pandemie keinen Weg mehr vorbei an einem Hygienekonzept oder vergleichbarem Dokument geben. Es lohnt sich also, sich intensiv mit diesem Thema zu beschäftigen und in die Zukunft zu investieren – sei es durch Weiterbildungen oder durch das passende Fachpersonal.